Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

dens der Eremiten des hl. Augustinus zu Falkenstein in der Diözese Passau. Die Orte aller Heiligen sind von den Christgläubigen mit frommer und bereit willigerAndachtinEhrenzu halten,damit -indem wir die Freunde Gottes ehrendiese uns für Gott liebenswert machen und-indem sie unsgewissermaßen ihren Schutz anbieten-wir durch ihre Fürbit ten von ihm zu erhalten verdienen, was unsere Verdienste nicht erlangen. Ihr wünscht,daß Eure Kirche mit gebühren der Verehrung eifrig besucht wird.So ge ben wir im Vertrauen aufdie Barmherzig keit Gottes und in der uns vom Herrn Papst verliehenen Vollmacht alljährlich 40 Tage Nachlaß (Ablaß) von der ihnen auferlegten(Kirchen-)Buße allen,die ihre Sünden wahhaft bereuen und beichten und diese Kirche an den vier Festen der heiligen Jungfrau Maria,am Fest des hl. Augustinus und am Jahrestag der Weihe eben dieser Kirche mit Andacht und Ehr erbietung aufsuchen. Gegeben zu Wien am 23. Maiim 3. Jahr des Pontifikats des Herrn Papstes Kle mens IV.(= 1267). Die vier genannten Marienfeste sind die von Papst Sergius (687-701) genannten: Mariä Geburt, M. Verkündigung, M. Lichtmeß und Aufnahme Märiens.^® St. Augustin ist der Ordenspatron. Leider nennt das Dokument nicht den Titelheili gen der Klosterkirche.Dadurch ließe sich das Kloster leichter lokalisieren.DerText „Loca sanctorum omnium"legt ein Heiligenpatrozinium nahe. St. Elisabeth?? Es gibt keine Gründe,die Echtheit die ser Urkunde zu bezweifeln: 1. Welchen Anlaß hätte Schier^® ge habt, diese Urkunde zu erfinden? Sie konnte seinem Orden im 18.Jh.in keiner Weise nützen. 2. Datum und Ausstellungsort der Ur kunde passen bestens in dasIntinerarium Guidos.Wollte er vielleichtaufseiner wei teren Reise nach Brünn Falkenstein oder Nikolsburg besuchen? Guido warvom 11. April bis 28. Mai 1267 in Wien und konnte von dortam 23.Maiden Ablaßbriefgeben. Und nach seiner Rückkehr an die Kurie konnte er den päpstlichen Schutzbrief vom 25. April 1268 erwirken. 3. Die Diktion des Falkensteiner Ab laßbriefes hat starke Ähnlichkeiten mit dem für Heiligenkreuz: .. Nos autem de misericordia Dei et auctoritate nobis a domino papa concessa confisi omnibus vere poenitentibus et confessis...XX dies de iniunctis ipsis poenitentiis misericordiler in domino relaxamus.. Ein Fälscherdes18. Jh.s hätte wahrscheinlich anders formuliert. b)Der SchutzbriefKlemens'IV.(1268) Er warPapstvom 5.Februar 1265 bis29. November 1268.'® Der Text der Urkun denabschrift Schiers'®: Clemens Episcopus, Servus Servorum Dei,Dilectis filiis-Priori et conventuifratrum heremitarum domusde Valkenstaen ordinis sancti Augustini Pataviensis Diocesis Salutem et apostolicam benedictionem. Sacrosancta Romana Ecclesia devotoset humiles filios ex assveto pietatis officio propensius diligere consvevit, et ne pravorum hominum molestiis agitentur, eos tanquam pia mater sue protectionis munimine confovere. Quapropter dilecti in Domino filii vestris justis postulationibus grato concurrentes assensu personas vestras etlocum, in quosub communivita degitis,sub beati Petri Apostoli protectione suscipimus. Specialiter autem vestras possessiones aut alia loca vestra,sicutea omniajuste ac pacifice possidetis,vobis et per vosdomui vestre auctoritate apostolica confirmamus et presentis scripti patrocinio communimus. NuUi ergo omnio hominum liceat, hanc paginam nostre protectionis et confirmationisinfringere vel eiausu temerario contraire.Sie quis autem hoc attemptare presumpserit, indignationem omnipotentis Dei et beatorum Petri et Pauli Apostolorum ejus se noverit incursurum. Datum Viterbii VII KlMajiPontificatus nostri Anno quarto.(Notiz Schiers: 1268, 25. Aprilis. Arch. Prov. B 1; buUa plumbea). In deutscher Übersetzung: Clemens(IV.), Bischof(von Rom),Die ner der Diener Gottes,den geliebten Söh nen,dem Prior und Konvent der Einsied lerbrüder des Hauses des Ordens des hl. Augustinus zu Falkenstein in der Diözese Passau Gruß und Apostolischen Segen. Die hochheiligeKirchevon Rom pflegte in gewohnter Pflicht ihres Dienstamtes fromme und demütige Söhne in Zunei gungzu lieben und als gute Mutter sie mit all ihrem Schutz zu fördern, damit sie nicht durch Beschwernisse von bösen Menschen beunruhigt werden. Darum,im Herrn geliebte Söhne,stim men Wir gnädig Euren gerechten Bitten zu und nehmen Eure Personen und den Ort, an dem Ihr ein gemeinsames Leben führt, in den Schutz des hl. Apostels Pe trus.In besonderer Weise aber bestätigen wir Euch und durch Euch Eurem Kloster mit Apostolischer Vollmacht Eure Besit zungen oder alle Eure anderen Orte, wie Ihr sie rechtmäßig und unangefochten in nehabt, und schützen sie durch diesen Schirmbrief. Es soll also überhaupt kei nem Menschen erlaubt sein, diesen Unsern Schutz- und Schirmbriefzu brechen oder ihm in verwegenem Unterfangen zuwiderzuhandeln. Wenn abereiner dasanzustreben wagte, soll er wissen, daß er dem Unwillen des allmächtigen Gottes und seiner hl. Apo stel Petrus und Paulus verfallen wird. Gegeben zu Viterbo am 25. April im 4. Jahr Unseres Pontifikats(= 1268). Diese Urkunde ist im Vatikanischen Archiv nicht erhalten.'® Aber auch zahl reiche andere päpstliche Bullen des 13.Jahrhunderts kennen wir nur durch Abschriften.'® An der Echtheit dieser päpstlichen Bulle ist nicht zu zweifeln. Welche Gründe könnte man auch gegen sie vorbringen? „Galt die Ablaßverleihung des Kardi nallegaten der Förderung und Entfaltung des sicher ärmlichen Klosters,so läßt die Bulle des Papstes deutlich die geschicht lichen Hintergründe der Zeit erkennen. Es waren unruhige Zeiten.. Weitere Urkunden oderanderweitige Nachrichten über dieses Kloster konnten noch nicht gefunden werden. Die zwei erhaltenen Texte sagen aus: Bereits 1267 bestand in Falkenstein ein Kloster mit einem Prior und mit „Brüdern". Auch die Klosterkir che scheintschon gebautgewesen zu sein oder stand knapp vor der Fertigstellung; jedenfalls warsie schon geweiht.DasKlo ster war bestiftet. Aus der In-SchutzNahme muß aber keine besondere Ge fährdung geschlossen werden. Ähnliche Schutzbriefe von Päpsten und Landes herren ergingen im Mittelalter zu Tausen den. Wer aber war der Stifter des Klosters, und wie waren seine weiteren Schicksale? 2. Der Stifter des Klosters Rennhofer vermutet über die Entste hung:„Bald nach 1256 dürften vermutlich auch hier altansässige und vereinzelt le bende Eremiten unter der Leitung des neuen Ordens(der Augustiner-Eremiten) zu einer Klostergemeinschaftzusammen geschlossen worden sein,ohne daß damit eine formelle und urkundlich festgelegte Klosterstiftung verbunden gewesen wäre."^' Das ist durchaus denkbar; aber die Mithilfe anderer z.B.für die Beistel lung des Grundstückes, für die Errich tung des Klosters und seiner Kirche und für die Bestiftung scheint trotzdem not wendig gewesen zu sein. Von wem kam diese große Hilfe? Es ist naheliegend, an den Landesfür sten oder an einen reichen Adeligen zu denken. Denn bei den meisten anderen Augustiner-Eremiten-Klöstern in Nieder österreich war es auch so^^; Der Gründer des Wiener Klosters(1256!),(heute Wien I., Augustinerstraße), ist unbekannt; 1327 aber wurde es von Herzog Friedrich dem Schönen (t 1330) zum Hofkloster erho ben"; in Marchegg (1275/78) kennen wir den Stifter nicht; in Baden war esLeutold von Kreusbach (1285)", in Klosterneu burg (1304) die Herzöge Albrecht II (f 1358) und Otto der Fröhliche(t 1339), in Korneuburg (1338) Otto der Fröhliche; anders war es nur in Bruck a. d. Leitha^®. In Falkenstein gab es um 1260 zwei mächtige Grundherren: Den Landesfür sten(landesfürstliche Burg mitBurgherr schaft)und die Herren von Liechtenstein. Der Landesfürst Przemysl Ottokar II. (tl278),der sich schon im November 1251 Herzog von Österreich nannte, wenn er auch erst 1261 vom deutschen Schatten könig Richard von Cornvallis mit den ehemaligen babenbergischen Ländern belehnt wurde, hatte um 1260 Burg und Herrschaft Falkenstein als Lehen-nicht zu eigen!- an Heinrich I. von Liechten stein ausgegeben." Er kommt also als Stifter kaum in Frage. Der Liechtenstei ner aber besaß neben dem landesfürstli chen Lehen auch den zweiten -und grö ßeren!- Besitzblock in und um Falken stein, nämlich das Rabensteingut, und zwar zu eigen. Dieses wird im Testament Heinrichs I. vom 31. Mai 1265 urkundlich erstmals genannt", ist aber weit älter. Durch die Mitsiegelung Ottokars und des Passauer Bischofs Otto von Honsdorf (1254 bis 1265)erhieltdieses Testament,in welchem über beträchtlichen Besitz ver fügt wurde, eine offizielle staatliche und kirchliche Bestätigung. „Es gibt zahlrei22

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