Das Augustiner-EremitenKloster in Falkenstein Ein Versuch Franz Stubenvoll Die Augustiner-Eremiten waren einer der vier im 13. Jh.entstandenen Bettelor den:Augustiner,Dominikaner,Franziska ner und Karmeliten. Die Augustiner wur den nach der sog. „kleinen Union" im Jahre 1244 endgültig durch Papst Alex ander IV.(1254-1261)in der sog.„Großen Union" im Jahre 1256 aus schon beste henden Eremitengruppen zu einem ka nonisch organisierten Bettelorden zu sammengeführt. In Erinnerung an ihren füheren Zustand behielten sie den Namen Eremiten,obwohlsie nach 1256zum größ ten Teil ihre Eremitagen verließen, um wie die anderen Bettelorden in der Seel sorge in den Städten, in den Missionen und auf Universitätskanzeln zu arbeiten. Wie die übrigen Bettelorden entwickel ten sich die Augustiner in kurzer Zeit zu einer internationalen Gemeinschaft unter einem Generalpriorin Rom.DerneueBet telorden breitete sich unerhörtschnellaus und hatte bis zur Mitte des 19. Jh.s in der österr.-ungarischen Monarchie viele Niederlassungen, die zunächst zur bayri schen Ordensprovinz gehörten. 1604 wur den die Klöster in Nieder- und Oberöster reich,in derSteiermark und in Kärntenzu einer eigenen Provinz zusammengefaßt. Eine Blütezeit erlebte der Orden in der Zeit vom 14.bis 18.Jh.Durch die Kloster aufhebungen Kaiser Josephs II. und durch die Säkularisierung im 19. Jh. wur den sämtliche Niederlassungen in Öster reich geschlossen. Seit 1951 betreuen wieder (holländi sche)Augustiner-Eremiten dasehemalige Augustinerkloster in Wien I. Dieses Wie ner Hofkloster(1330-1349 erbaut) war ei ner der bedeutendsten Konvente,dessen Mönche zahlreiche Lehrstühle an der Wiener Universität inne hatten. Die Hauptaufgabe des Ordens war aber die Predigtund die Seelsorgefür die einfache Bevölkerung in Städten und Märkten. Zu den bekanntesten Ordensmitgliedem zählen: P. Abraham a Sancta Clara (mit dem bürgerlichen Namen Johann Ulrich Megerle aus Kreenheinstetten in Schwaben, 1 1709 in Wien, bedeutendster Prediger der Barockzeit und fruchtbarer Schrift steller) und Abt Johann Gregor Mendel (t 1884 in Brünn,der Entdecker der Ver erbungsgesetze, einer der großen Natur wissenschaftlerder Neuzeit).Auch Martin Luther(1483-1546)in Wittenberg war ein Augustinermönch. Die niederösterreichische Landesaus stellung im Jahre 1979 in Wr. Neustadt „Die Zeit der frühen Habsburger, Dome und Klöster 1279-1379" zeigte eine Karte derBettelordensklöster in den Territorien derHabsburger bis 1386,die auchim Aus stellungskatalog enthalten ist.' In diese Karte wurde auch das Augustiner-Eremi ten-Kloster Falkenstein in Niederöster reich aufgenommen und als Zeit seines Bestehens „vor 1276-1278?" angegeben. So drang das Wissen um dieses Kloster in weitere Kreise, nicht aber die Tatsache, daß es auch große Rätsel aufgibt. Damit sind die ungeklärten Fragen um diesen geschichtsträchtigen Ort(z. B.das Raben steingut und sein Sitz, die Marien- oder Kreuzkirche) durch dieses Kloster um eine weitere vermehrt Denn über diesen Markt und seine alte Burg sind verhält nismäßig wenig Urkunden erhalten; in den zwei letzten Dritteln des 13. Jh. z.B. sind wir fast ohne urkundliche Nachrich ten über Falkenstein. In der historischen Literatur wurde das dortige Kloster erstmals durch Dr.Rennhofer 1956 behandelt und dadurch be kannt Er schreibt:„Von der Existenz ei nes Augustinerklosters in Falkenstein war seitlangem nichts mehr bekannt Al lein bei Xystus Schier,dem bedeutenden österreichischen Augustiner-Historiker des 18. Jh.s findet sich unter seinen nachgelassenen handschriftlichen Noti zen... die Bemerkung, daß in Falken stein bei Poysdorf...ein (sc. Augusti ner-Eremiten-)Kloster entstanden sei. Diese Annahme ist, wenn sie auch heute nicht mehr bewiesen werden kann, durchaus möglich."^ Noch skeptischer äußert sich Gavigan, der die österreichi schen Augustinerklöster des 13. Jh.s auf zählt und deren Reihe mit den Worten „und vielleicht auch in Falkenstein" schließt.^ Tatsächlich ist dessen urkundliche Be zeugungsehrgering.In den Regestenausgaben aus dem Vatikanischen Archiv fin det sich kein Hinweis auf diese Grün dung."* Auch die Literatur über Falken stein kennt das Kloster nicht.^ Darum möchte dieser Beitrag darzule gen versuchen,daß dieses Klostertatsäch lich existierte,daß es wahrscheinlich eine Stiftung der Liechtensteiner war,daß ei niges dafür spricht, daß das dortige spä tere „Spital" ursprünglich das Bauwerk desKlosters war,und daß dasKlosterspä testens bei der Niederkämpfung des Auf stands der österreichischen Landherren 1295/96 unterging. 1. Zwei Urkunden X.Schier hat uns zwei lateinische Ur kunden des ehemaligen-nun nicht mehr existierenden -.Provinzarchivs der Augu stiner-Eremiten in Abschrift erhalten®, welche die einzigen Nachrichten über das Falkensteiner Kloster darstellen. a)Ein Ablaßbrief des Kard.Guido(1267) Guido war vor seiner Erhebung zum Kardinalpriester Zisterzienserabt in Citeaux, dem Zisterzienser-Mutterkloster in der ostfranzösischen Gemeinde Saint-Nicolas-lös C. im Departement Cöte d'Or. Als Kardinal hatte er als Titelkirche St. Laurentius in Lucina in Rom inne. Als Aussteller von Urkunden wird er 1263-1268 genannt; sein Todestag ist der 20.Mai 1272,'Am 8.Juni1265ernannteihn KlemensIV.zum päpstlichen Legaten für die Kirchenprovinzen Bremen, Magde burg, Gnesen und Salzburg und für die Königreiche Dänemark und Schweden.® Nach seiner Reise in den Norden traf er am 8. März 1267 in Prag ein, erteilte hier Ablaßbriefe für Klöster und Stifte im Pra ger Bistum und berief von hier ausam 24. März1267fürden 20.Maid.J.eineProvinzialsynode der Kirchenprovinz Salzburg (Diöz. Salzburg, Seckau, Gurk, Passau, Regensburg)ein.® Nach dem 28. März rei ste er nach Wien ab,das er spätestens am 11. April 1267 erreichte. Wo hatte er auf dem WegStation gemacht?In Nikolsburg oder gar in Falkenstein? In Wien gab er derZisterze Hohenfurteinen Ablaß von60 Tagen (30. April), der Zisterze Heiligen kreuz am 1. Mai 20 Tage,am 14. Mai der Osterhofener Kirche im Krems 20 Tage. Die Wiener Synode tagte vom 10. bis zum 12. Mai 1267.'"° Noch während der Kirchenversammlung hatte Guido seinen Kapellan, den Propst Heinrich von St Pölten,die NutznießungderPfarrechtean der Patronatskirche zu Bruck an der Leitha durch das Augustinerstift zuge standen." Nach dem 28.Mai1267brach er zu einer nochmaligen Reisein den Norden auf(Wien-Mähren-Krakau-GraudenzLübeck), trat nach dem 10. September 1267 die Rückreise über Thüringen,Prag, Brünn, Raigern, Kloslerbruck, Seckau und Friesach an und warspätestensam 11. Jänner 1268 wiederam päpstlichen Hofin Viterbo im nördlichen Latium.'^ Bisher waren von ihm 28 Ablaßverleihungen be kannt(schwankend zwischen 20 bis 100 Tage)*®; die folgende für das Kloster in Falkenstein war nicht darunter.*" Sielau tet; Frater Guido miseratione divina tti sancti Laurentii in Lucina presbyter Car dinalis, apostolice sedis Legatus. Dilectis filiis n.Priori et fratribus de Valestein ordinis fratrum heremitarum Sancti Augustini,Pataviensis Diocesis salutem in Domino. Locasanctorum omnium pia et prompta devotione sunt a Christi fidelibus veneranda,utdum Dei honoramusamicos,ipsi nos amabiles Deo reddant,et illorum nobis vendicantes quodam modo patrocinium, apud ipsum, quod merita nostra non obtinent,eorum mereamur intercessionibus obtinere. Cupientes igitur, ut ecclesia vestra congruis honoribus frequentetur, Omnibus vere penitentibus et confessis, qui ecclesiam ipsam in quatuor festivitatibus beate MarieVirginisetin festo beati Augustini ac in die dedicationis ejusdem ecclesie cum devotione et reverentia visitaverint, confisi de misericordia Dei et auctoritate nobis a Domino Papa concessa,quadraginta dies deinjuncta ipsis paenitentia singulis annis misericorditer in Domino relaxamus. Datum Vienne X Kl Junii Pontificatus Domini ClementisPape Illliianno tercio. (Notiz Schiers: Die 23. Mai 1267. Archivum Prov. B 1). In deutscher Uberset zung: Bruder Guido, durch göttliche Barmher zigkeit Kardinalpriester der Titelkirche St. Laurentius in Lucina, Legat des Apostolischen Stuhles. Gruß im Herrn unsern geliebten Söh nen,dem Prior und den Brüdern des Or21
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