Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Korresjwndenz und Dissertation und Nachrufe in den katholischen Blättern haben die ausfuhrliche und verdiente Würdigung festgehalten. Damit sei we nigstens durch seine bedeutenden Zeit werke an ihn kurz erinnert. Rollerliegt wienichtanderszuerwarten als großer Wohltäter des Norbertinums auf dem Institutsfriedhof in TuUnerbach an der Westbahn in dem von Idealisten wieder freigelegten Grab. Anm.:Personalstand der Wiener Erzdi özese.-Johann Grippel, Geschichte des f. e. Knabenseminarszu Oberhollabrunn, 1906, S. 101.- Korrespondenz des Prie ster-Gebetsvereines „Associatio Perseverantiae Sacerdotalis", 1914, Nr. 4, S. 62 f. - Dr. Franz Loidl. Die NorbertusWerke,eine grandiose Sozialleistung der Katholiken, in: Wiener Kirchenzeitung, 1965, Nr.45,S.6.- Hubert Mayr.Der Nobertuskult und seine Werkeim 19. und 20. Jahrhundert in der Erzdiözese Wien. Der katholische Waisenhilfsverein und die „St Norbertus"-Druckerei-Gemeinschaftswerke von Priestern und Laien.- Das Mediatrixhaus. Ungedruckte Disser tation, Wien 1970,S. 192-213. Stimmungsbilder1874zu einem Vergleich mit heute Stadtluft. J. K. Findet man am Lande mehr das Urwüchsige,natürlich Harmlose und Ein fältige, so ist in den Städten schon mehr das Feine, diplomatisch Gekünstelte und der Zeitrichtung passende anzutreffen. Von der Wiegean durch's ganze Leben,ja selbst im Tode noch ist ein auffallender Unterschied gegen das Land,es weht da Stadtluft.Sie ist manchmalnichtrechtzu träglich, darum findet man zuweilen schon bei Kindern eine kränkliche Ge sichtsfarbe, die Jünglinge sind oft schon frühe Greise, die Jungfrauen schön ge schminkt und selten erlebt Einer ein sehr hohes Alter.IneinerStadtzuleben,bringt unstreitig viel Belebung für den Geist, obwohl es auch viele Philisterstädte gibt und das Philisterthum spielt im alten Bunde eine große Rolle, warja selbstGo liath ein Philister und gar mancher Städ terdünktsich gegenjeden Landbewohner ein Goliath der Bildung und dem Fort schritte nach. Bildung und Fortschritt wird auch ge nug daselbst gepredigt; wer in der Jetzt zeit sich nicht aufetwas Politik versteht, gehört nicht zu den Gebildeten. Deswe gen politisiert der Hausmeister nach der „Vorstadtzeitung", der Demokrat nach dem „Tagblatt" und so fort biszum Kanz leischreiber und seinem Chef, denen die „Presse" übergenug Bildungskost ver schafft. Das bringt die Stadtluft mit sich. Der Fortschritt zeigt sich in Städten vom Kleinsten bis zum Größten, der Kellner bub muß mit dem Zahlmarqueur, der Omnibuskutscher mit dem herrschaftli chen Jokey, der einfache Leiermann mit dem Kammervirtuosen, der Salami-Salamucci-Mann mit dem Hotelier fort schreiten, die Stadtluft verträgt's nicht anders. Freilich sollte auch der Priester der Casinote,der Ministrant,der Katholik fortschreiten, aber „sie mögen nicht" Am ausgebildetsten in den Städten dürfte die Freiheit sein, Freiheit vom Ge setze,Freiheit vom Glauben und-das un schätzbarste Gut des riesigen 19. Jahrhundertes-Freiheit von der Pfaffenherr schaft. Wer denn das behaupten und be weisen könnte, ob je eine Pfaffenherr schaft bestanden habe und wie groß die selbe war? Oder muß doch vielleicht so sein, weil die Blätter genug darüber schreiben,- aber das Papier ist zu gedul dig;-weil vonden Kathedem herabschon viel darüber parlirt wurde-aberjurare in verbo magistri ist zuweilen sehr odios. Werkann für die Stadtluft? Die Theater und öffentlichen Belustigungsorte sind in Städten in erklecklicher Anzahl vorhan den, sie müssen oft Uebermenschliches, in neuerer Zeit mit Rücksicht auf Zote darf man sagen Untermenschliches lei sten, denn die Städter sind sehr fein, ihr Gaumen ist arg verwöhnt.Schnelles Auf fassen, schnelles Bewerkstelligen ist ge wiß sehrschön,dasfindet manin Städten, die Häuser,Paläste wachsen wie Pilzeaus der Erde hervor,der leidige Börsenkrach hat da fürchterlich gewirthschaftet,auch die Monumente mehren sich und das hat sein Gutes,denn wenn dasTalent nichtin Städten unterstützt und beschäftigt wird, wo dann anders? Die Stadtluft ist nicht ganz zu verschmähen, man findet wohl große Laster,aber auch die schönsten Tu genden,die Armuth wird großartig unter stützt, der wahrhaft Gebildete geschätzt alssolcher,die Frömmigkeitund Religion ist, wenn sie überhaupt Platz greift, eine feste und unerschütterliche, obwohl die Gleichgiltigkeit dagegen manchmal in's Unglaubliche sich versteigt Der Städter meint(es gibt viele und schöne Ausnah men), Religion und Bethätigung dersel ben seiein schon längst über Bord gewor fener Ballast,er kümmert sich wenig dar um, muß er aber doch, durch Umstände gezwungen, manchmal Farbe bekennen, so ist ihm Gott wie ein guter Bekannter, den er nach langer Zeit wieder sieht,ihn kurz grüßt und dann wieder forteilt, im Ganzen istihm aber Alles„Wurst."Dasist Stadtluft. Landiuft. J.K.Die Frühlingsmonate locken lang sam die Stadtbewohner hinaus auf das Land, Dampfschiffe und Eisenbahnen führen die Sommer-Fahrordnungen und Localfahrten ein, Sommerwohnungen werden gemiethet,in den Villen wird's le bendig, wenn sie nicht dem „großen Krach"aber den „kleinen Krachein"zum Opfer fielen; aufdem Lande ist es schön, die Luft weht kühlend und labend. Diese Landluft wird freilich oft vielfach verdor ben durch Fabriken und Gewerkschaften, die mit ihren rauchenden Schlotten eine nebelige Dunstatmosphäre in ihrer Um gebung verbreiten. Dessenungeachtet ist frisches fröhliches Leben am Lande,rot backige Knaben und Mädchen, robuste Männer und Weiber, ungebeugte Greise und fromme Mütterchen siehst Du auf Feldern und Wiesen luftig ihre Arbeiten verrichten. Die Kinder grüßen trotz Auf klärung des neunzehnten Jahrhunderts mit dem Spruche:„Gelobt sei Jesus Chri stus", lernen ihren Katechismus wie vor und eh,klettern aufBäume und Planken auch ohne Turnunterricht, das bringt die Landluft mit sich. Die Männer und Jüng linge mit ihren schneeweißen „Jankerln",die Weiberund Jungfrauen mitih ren gesteiften Röcken stehen am Kir chenplatz, erstere besprechen die Wo chenereignisse, letztere Putz und Wirthschaft.DasZusammenläuten und derEin tritt des Geistlichen führt auch sie in die Kirche, nach vollendetem Gottesdienste besucht das männliche Geschlecht das Gemeindewirthshaus, das weibliche eilt zur Küche und in den Stall. So ist es am Lande,es ist zuweilen ein wahres idyllisches Leben, das seine be geisterten Sänger zu allen Zeiten gefun den hat. Der moderne Unglaube und der stolze Nihilismus, der an sonst Nichts glaubt,als an ein gutes Glas Wein und ein saftigesStück Fleisch,suchtsich mitaller Kraft auch am Lande einzubürgern, je doch großentheils noch vergebliche Mühe,der Landluft behagtso etwas noch nicht. Da ist noch Kraft und Kern, das Neuheidenthum kann mit all' seinen Glückseligkeitsphrasen und Fuchsiaden und Anderm odergegenJesuiten,Priester und Klöster, mit einem Worte gegen alles Katholische nicht viel ausrichten, denn derBauer hängtam Althergebrachten,die Religion ist zu tief bei ihm eingewurzelt. Das ist's, woran sich die Liberalen schon lange die Zähne wetzen, doch wer wird denn über die Liberalen spötteln? „Wir Alle sind liberal",sagteeinmalein Casino te, ein Geistlicher, ein eingefleischter Feind - aller Liberalen?- nein, aller Ka tholikenfeinde. Um wieder auf die Landluft zu kom men,siehtesderschlichteLandbewohner schon gut ein, daß alle Zomesausbrüche gegen die Machtder Bischöfe,gegen Austreibung der Jesuiten, Aufhebung der Klöster u.s. w.leeres Geflunker sind und daß das Katholische in Gefahr ist. Mit wahrer Lust kann man die Ansichten der Bauern über die Jetztzeit anhören. „Das versteh' ich nicht, sagte Einer, wie man Leute, die man am meisten braucht und die uns am wenigsten schaden, so be schimpfen kann, die Geistlichen brau chen wir von der Geburt bis zum Grabe und doch werden sie so gelästert, als müßte man sie alle miteinander auf den ersten besten Baum hängen." „Hört mir auf mit den Stadtleuten,sagte ein Anderer, die meinen, uns Landleuten ist allen dasHirn verbrannt"„Ja,sagteein Dritter, ihnen ist das Hirn schon viel verbrannt, darum wollen sie nach dem Tode das Uebrige von ihrem Körper auch noch ver brennen lassen." Was doch ein Bauer für Ansichten hat! Muß rein die Landluft Schuld sein! Das kann man erfahren,daß aus den Hetzblättern ein für die katholi sche Sache guter Wind geht, die Spreu sondert er genau vom Weizen ab, und wenn manche Laue nun viel fester an ih18

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