Die Chronik des Dechants von der Pürglen Dr.Hans Huebner „Als nachmahls im Jahre 1683 der Türkh die Statt Wien belagert und da verheißter(oberwähnter,d. i. derTürke)alles im Viertel Unter Wiener Waldt in Aschen gelegt, ist auch zu Traißkirchen nit allein der Pfarrhoff in Grundt abgebrunnen, sondernanbeidiePfarrkirchenS.Margare tha dergestaltzusamb gefallen,daß nichts alß die bloßen Mauern und Thurm stehen verblieben; von den Bürgern und Pfarrkindtern ist wenig salviert worden; auß mangldeß Viehs und der Körner hat man die Feldter und Weingärten nit können bauen und weillen kein Hauß mit Tach, Fenster,Thürn etc. versehn war, hat sich Herr Bürgler,Weltpriester,alß Seelsorger daselbst zu Traißkirchen weder können aufhalten wederdie nothwendigen Unterhaltungsmitl yberkhommen. Entzwischen sind mirvonCousistorioPassavensi Unterschiedliche Dekrete zuckhommen, Kraft deren Ich die damals zu Baaden, Oberwalterstorff,Gainfahrn,Loiberstorff, Moßbrunn etc. gleicherweiß vazirrenten Filialpfarreh mit Weltlichen Priestern solle ersetzen..." Also berichtetdie Chronik,welchePfar rer und DechantJohann von der Pürglen, der sich in seiner Schrift schlicht Herr Bürgler nennt,im Jahre 1694 verfaßte.Er läßt uns hier einen Blick in die entsetz liche Not tun, welche die Janitscharenhorden über Niederösterreichs flaches Land gebracht; nicht nur die Orte waren niedergelegt, die Häuser, wie der Chro nist sagt, ohne Dach,Fenster und Türen, es mangelte an Saatkorn und Vieh,so daß der Anbau der Felder und ebenso die Bepflanzung der Weinbergein Frage gestellt war;Kirche und Pfarrhauswaren zerstört, der Traiskirchner Pfarrer ohne Unter stand, die Filialen hatten keine Priester. Und doch ging der Aufbau erstaunlich schnell vor sich. Bereits 1684, im Jahre nach der Türkennot, ist die St.-Nikolaus-Kapelle soweit wiederhergestellt, daß sie als Pfarrkirche dienen kann,1689 ist die St.-Margareta-Pfarrkirche neu auf gebaut. Die beiden gottesdienstlichen Gebäude dürften schneller wieder in Stand gesetzt worden sein als die Höfe und Häuser und dies war sicher mit ein Grund, daß das Elend des Krieges so überraschend bald auch wirtschaftlich überwunden war. Auch in anderer Weise wurde schnell aufgebaut. Hierüber geben uns die Matri kenbücher Aufschluß,welche Dechant v. d. Pürglen begann; die älteren Kirchen büchersind beider ZerstörungderKirche damals verbrannt. Ein ehrwürdiger Fo liant nennt sich „Verzaichnuß der Khindtstaufen, Copulationen, undt Begräbnussen, völche nach dem Türkhen Krieg undter den Hochwürdigen Herrn Johann von der Pürglen Dechant und Pfarrer zu Traißkirchen sind aufgemerkhrt worden". Die erste Eintragung stammt vom 11. November 1683; an die sem Tage ist die Tochter Elisabeth der EheleuteSimon und MariaPöschlzu Wol lersdorf getauft worden. Genanntes Ehe paar erscheint bereits am 21. September 1684 mitder Taufe einesSohnes Matthäus neuerlich verzeichnet.In den beiden letz ten Monaten 1683 liest man acht Taufen; deren Zahl steigt in den nächsten Jahren von 20im Jahre 1684 auf37im Jahre 1688 und 1690 gar auf 44; besonders auffällig sind die zahlreichen Zwillingsgeburten. Vergleichsweise beträgtin dengenannten Jahren dieZahlder Eheschließungen und der Leichenbegängnisse durchschnittlich je 16, so daß aufjeden Todesfall und auf jede Eheschließung zweieinhalb Kinder kommen. Geschichtsforscher kommen der Generationen dürften aus den Pfarrmatriken nach dem Kriege 1914 bis 1918 wesentlich andere Eindrücke gewinnen. Die Chronik des Dechanten von der Pürglen läßt uns aber noch weiter zu rückblicken als in die Zeit der Türkennot, indem sie vor allem aus den Archiven des Stiftes Melk,zudessen PatronatdiePfarre Traiskirchen bis heute gehört, manches ausnochfrühererZeitzusammenträgt.So finden wirin einer Urkunde von 1120,daß der eine von den drei Altären der Kirche der heiligen Märtyrin Margareta geweiht ist; zur selben Zeit, heißt es, daß vor 40 und noch mehr Jahren (also um 1070 bis 1080) Bischof Egilbert von Passau hier zum erstenmal konsekriert habe.DerUm fang der Pfarre war unglaublich groß; nach der besagten Urkunde von 1120 ging ihre Grenze von Steinintische (Steina brückl)längs der Piesnikke(Piesting),die auch Chaltengange(KalterGang)genannt wird, über Hadwartististorff (Hadewartesdorf), Eberichistorff (Ebreichsdorf), Rohinistorff (Rouzinesdorf), Seranawart (Schrannewand), Brunnen (Moosbrunn), Neusidelen(Grammatneusiedel),Welwen (Velm) bis vor die Tore Mödlings; heute sind auf diesem Gebiet beiläufig ein Dut zend Pfarren. Ein Pfarrer Harand (Herrandus)wird um 1160 in einem Stiftungs briefHerzog Heinrichs n.Jasomirgottge lesen. Nachfolger des besagten von der Pürglen haben, nach Jahrgängen geord net,in sauberen Wappen alle Erlässe Kai ser Josef II. aufbewahrt. Bis ins kleinste Einzelgebieterstreckte sich das staatliche HereinregiereninkirchlicheBelange.Eine „Condukts- und Stohlordnung" aus dem Jahr 1781 legt die Einsegnungsgebühren für das ganze Reich fest; bei einem Be gräbnis mitwirkende Orden haben nicht mehr und nicht weniger als drei Gulden, einzelne assistierende Weltpriester 30 Kreuzer, Kreuz- und Weihbrunnkessel trägerje drei Kreuzerzu erhalten.Eine er ste Klasse oderganzer Konduktkostete31 Gulden40Kreuzer;darin sind alle Gebüh ren für Pfarrer, Mesner, Kirchendiener, Musizi, Totengräber, Grabstelle auf dem Freudhofe(sie!),Windlichler,für „Miserere"und„grimmigen Tod"usw.enthalten. Diezweite Klasse kostet nur mehr 13 Gul den 27 Kreuzer, die dritte Klasse oder „ordinari Leiche" bloß fünf Gulden 18 Kreuzer; das einfachste Kinderbegräbnis ist bereits mit 78 Kreuzern bezahlt.Ohne Unterschied sind für eine Taufe 30 Kreu zer, für eine Trauung ein Gulden zu ent richten; Armen darf nichts angerechnet werden.Die kleinen Sorgen eines großen Herrschers zeigen verschiedene Erlässe von 1782. Sammlungen von fremden Geistlichen und Ordensleuten sind verbo ten; die Leute sind zu belehren, daß sie, anstatt durch solche Almosen ein ver dienstlich Werk auszuüben, vielmehr sündigen, da sie dem Gesetz des Landes fürsten zuwiderhandeln.(!) Würde diese Verordnung mißachtet,sollten die schul digen Weltpriester ihrePfründe verlieren. Ordensobere abgesetzt und Klöster auf gehoben werden.Ferner sind durch Hof dekretvom 30.August1782 die„für beyde Teile höchstschädlichenEheverlöbnisse" null und nichtig erklärtund die Verlobten jeder Rechtsfolge enthoben. Vom Ende des achtzehnten Jahrhun derts stammt die heutige Gestalt des Traiskirchner Gotteshauses; nur die bei den Strebepfeiler an den Seitenwänden des Schiffes erinnern noch daran,wie die Stürme der Zeit an diesem Gotteshause vorbeigingen. Rechts vom Hochaltar scheinen sich Katakomben befunden zu haben, die jetzt zum großen Teil vermau ertsind.DasPfarrhaus ist von außen ganz unscheinbar;innen besit2d es eine viertei lige Freitreppe in Barockstil; die Decke der Halle zeigt den hl. Benediktim Gebet und das Melker Wappen. Pfarrhaus, Kirche und Pfarrgarten bil den eineInselvon Mauerund Graben um geben. Noch sieht man beim Eingang der Umfassungsmauer die Rollen, welche einst der Zugbrücke dienten, die heute durch eine steinerne Wölbebrücke ersetzt ist. Vor wenigen Jahrzehnten noch war der Graben rings um das Gotteshaus mit Wasser gefüllt, heute wuchern Schling pflanzen darin. Im uralten Garten aber kann man stundenlang träumen und ver gangener Zeiten gedenken ... Reichspost, 16. 7. 1923, Nr. 193 Visitationsansprache Kardinal PIffls Auf dem historischen Boden der altehrwürdigen Stadt M... beginne ich heute die oberhirtliche Visitation. (Ich komme als Hirte zur Herde, der Vater zu den Kindern. Durchgestrichen.) Von der Vorsehung mit dem Amte des Bischofs betraut,steht mir die große Ver antwortung dieses Amtes jederzeit vor Augen und insbesondere (die Tatsache) die Erwägung, daß ich einst vor Gottes Richterstuhl Rechenschaft legen muß über die Seelen der mir anvertrauten Gläubigen. Deshalb komme ich heute als Hirte zur Herde,als Vaterzu den Kindern.Kein an deres Gefühlerfüllt in diesem Augenblick mein Inneres als das heiße Bestreben, durch meine persönliche Anwe.senheit und durch die innige Berührung mit der katholischen Bevölkerung dieses Bezir kes,die Gutenim Glauben zu stärken,die Lauen und Gleichgültigen zu erwecken 15
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