Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

verbreitetgewesenzu sein.Im Waldviertel finden sich Anklänge an die Sieben Zufluchten in Schiltern und Erdweis. Die Darstellung an der Rückwand des Altares in der Marktkapelle zu Schiltern (GB Langenlois) wird man eher als SiebenPest-Zufluchten bezeichnen müssen,weil hier die Gruppe der Engel und Armen Seelen fehlt. Ähnlich ist es in der Kirche zu Erdweis, Pfarre Niedergrünbach(GB Gföhl)."' Eine echte Sieben-ZufluchtenKirche ist aber die Wiener Pfarrkirche. Altlerchenfeld (VIT. Gem.-Bezirk), Lerchenfelder Straße 11. 1733 wurde in Lerchenfeld eine Kapelle zu Ehren der Pestpatrone gestif tet; den Titel„Zu den Sieben Zufluchten" soll sie erst später erhalten haben. Nach dem Bau einer größeren Kirche in den Jahren 1779-1782erhielt diese aus derkai serlichen Gemäldesammlung ein Altar bild mit der Darstellung der Sieben Zu fluchten. In der neuen Kirche aus dem 19. Jh. befindet sich die Darstellung des Patroziniums von Führich.^ Enzesfeld Die Kapelle des Spitals(Altersheimes) in Enzesfeld(GB Pottenstein)ist den Sie ben Zufluchten geweiht.^ Ihre Ursprünge gehen in das 14. Jh.zurück. Nach den Un garn- und Türkeneinfällen muß aber nach der Wiedererrichtung der Kapelle im Jahre 1619 und der Neuausstattung der Kapelle um dieJahre 1698 und 1735 anläß lich der Neubestiftung das barocke Zufluchten-Patrozinium eingeführt worden sein.' Die hl. Sieben sind hier nicht in ei nem Bild dargestellt,sondern in die ganze Einrichtung hineinkomponiert: Göttvater mit Christus am Kreuz - und wohl auch der Hl.-Geist-Taube -(Gnadenstuhl; also Kombination von Dreifaltigkeit und Kru zifix), an der Tabernakeltür Darstellung der Eucharistie,Statuen der hl. Maria,des hl. Josefund zweier weiterer Heiliger,die Engel figurieren als Kerzenträger; auch eine Armenseelengruppe ist vorhanden. Letztere befindet sich noch in der Kapelle, alles übrigein einem Gemeindedepot®,die Statuen des hl. Florian und Georg sind im Wiener Diözesanmuseum. Poysbrunn Im Schiff der Pfarrkirche zur hl. Doro thea in Poysbrunn(GBPoysdorO befindet sich ein Bild,das die Sieben Zufluchten in der üblichen Weise darstellt. Es ist ver hältnismäßig gut erhalten, aber unsigniert. Nach der Art der Malerei könnte man es als gehobene Volkskunst bezeich nen, nach der Form der dargestellten Monstranz wird man seine Entstehung eher früh ansetzen, etwa zu Beginn des 18. Jh.' Pfarr- und Diözesanarchiv geben kei nen Hinweis aufdie Herkunft des Bildes; die Inventarien vor 1960 nennen seinen Namen nicht.Das Volk bezeichnete es als Armenseelenbild. Auch den Seelsorgern war durch lange Zeit die Sieben-Zufluchten-Andacht unbekannt, so daß dieses Bild im pfarrlichen Leben und in der Volksfrömmigkeit keine Rolle mehr spielte. Als Spender des Bildes muß man die Patronatsherm der Kirche aus dem Tiro ler Geschlecht der Trautson annehmen'", entweder Ernst Trautson (Herrschaftsin haber 1678-1702, Fürstbischof von Wien 1685-1702),der als Kanonikus in Salzburg dort die Sieben Zufluchten kennen lernte; oder Franz Eusebius Trautson (1702-1728), der knapp vor 1720 die ba rocke Einrichtung der Kirche stiftete und als Oberst-Erblandmarschall von Tirol häufig in Tirol weilte; oder Veit Eusebius Trautson (1739-1760), der als Kanonikus von Passau 1706-1739 dort auf diese An dacht stieß(im dortigen Kloster Niedern burg befand sich ein Sieben-ZufluchtenBild!), und der auch Tirol kannte. Veit pflegte auch eine besondere Andacht zur tirolischen hl.Notburga und schenkte der Kirche in Poysbrunn eine Reliquie von ihr. Das Bild in Poysbrunn zeigt oben thro nend die hl. Dreifaltigkeit, darunter links die hl. Maria, in der Mitte die Monstranz, rechts den gekreuzigten Christus. Unter dem Kreuz stehen die drei Erzengel, Ga briel mitder Lilie,Raphael,dereine Arme Seele aus dem Fegefeuer zieht, und Mi chael mit der Seelenwaage, der mit einer Hand auf die etwas gesunkene linke Schale der Waage zeigt und dabei nach rückwärts auf einen eben Verstorbenen schaut,der nun traurig auf das Fegefeuer blickt, das ihm bestimmt ist. Den Engeln gegenüber steht die Gruppe der Heiligen: St. Joseph mit dem blühenden Stab," St. Barbara(in modischer Frisur mit perlenbesetzten Spangen, und Perlenketten an Arm und Hals) samt ihren Attributen Kelch und Turm; Maria Magdalena (in langem Haar und Büßerkleid) mit dem Salbgefäß; Ignatius von Loyola im Meß gewand der IHS-Monogramm in einer Gloriole haltend: und als außergewöhnli che Gestalt in dieser Reihe ein junges Mädchen, das die linke Hand auf einen Mühlstein legt und in der rechten drei Pfeile trägt: die hl. Christina, Märtyrin in Bolsena bei Rom, deren Fest die Kirche am 24. Juli beging.Den unteren Abschluß des Bildes bildet die Gruppe der Armen Seelen. Mit Hilfe des unten genannten Liedes gelang um 1960 eine Wiederbelebung der Andacht und eine Einbeziehung des Bil des in das Gemeindeleben. Obersulz Der Verfasser konnte i. J. 1950 in Ober sulz(GB ZistersdorO ein Sieben-Zufluchten-Lied mit Text und Melodie aufzeich nen. Der damals 52jährige Vorbeter Josef Meier Nr. 141 sang es aus seinem handge schriebenen Buch. Zu jener Zeit wurde das Lied bei Prozessionen noch verwen det. Seine 1. Strophe beginnt: „Wenn uns betrübet große Not, dann Christ, verzage nicht." Die 2. bis 8.Strophe ruftje eineZuflucht an: Die erste Zuflucht sei zu dir, dreieinig großer Gott... Den Abschluß jeder Strophe bildet der Refrain Erbarme dich, o großer Gott, und hilf uns stets in jeder Not. Das bitten wir mit frommem Sinn dich, Vater,immerhin. In der Kirche zu Obersulz befindet sich kein Zufluchtenbild; auch die Akten der Pfarre im Diözesanarchiv erwähnen kei nes aus der früheren Zeit. Eine Erklärung für diese Andachtgerade in diesem Ort ist aber leicht zu finden: Obersulz war mit dem benachbarten Loidesthal bis etwa 1970 dem salzburgischen Benediktiner stift Michaelbeuern inkorporiert. Einer der Seelsorger aus diesem Stift könnte im 17. Jh., die im Stift bekannte Andacht nach Obersulz verpflanzt haben.Tatsäch lich befand sich noch 1913im Konventge bäude des Stiftes Michaelbeuern ein gro ßes Ölgemälde der hl. Sieben Zufluchten aus der Mitte des 17.Jh.'- Im nahe gelege nen Gaweinstal (GB Mistelbach) stand das gleiche Zufluchtenlied wie in Obersulz im handge schriebenen Vorbeterbuch des i. J. 1952 71jährigen Leopold Kainz,freilich mit ei nigen kleinen Textvarianten. So lautet z. B. hier der Refrain bei der 4. Zuflucht: Erbarme dich, o Jungfrau rein, und hilf uns all in Himmel ein. Das bitten wir mit frommem Sinn dich, Mutter,immerhin. In der Pfarre befindet sich kein Zu fluchtenbild; und auch alte Leute können sich nicht erinnern, daß zu ihren Lebzei ten dieses Lied gesungen wurde. Auch in anderen Orten des Dekanates findet sich keine Spur dieserAndacht'^,auch nichtin der ehemals Michaelbeuerner Stiftspfarre Loidesthal.''' Eine genaue Durchsicht aller handge schriebenen Vorbeterbücher könnte viel leicht noch einige Orte ausfindig machen, in denen es einst die Andacht zu den hl. Sieben Zufluchten gab. 'Literatur: Friedrich Zoepfl, Die Sieben Zu fluchten und ihr Kult. Zur Symbolik der Sie benzahl. (Volk und Volkstum. Jb. f. Volks kunde, hg. V. Georg Schreiber. 3. Bd. München 1938, S. 263-277). Hier auch weitere Literatur.- Zoepfl, Zufluchten(Michael Buchberger, Lexi kon für Theologie und Kirche, Freiburg 1938', Bd. X,Sp. 1099):- des. in Lexikon f. Theol. u. Kirche, Freiburg 1965-, Bd. X,Sp. 1410;- Leo pold Schmidt, Volkskunde von Niederöster reich, 2. Bd. Horn 1972 S 123 ff.;-ders., Werke der alten Volkskunst.Rosenheimer Verl. 1979S. 113;- M. Lechner, Zufluchten, Sieben Heilige (Kirschbaum), Lexikon der christlichen Ikono graphie. 4. Bd. Freiburg 1972 Sp. 579-582(mit weiterer Literatur; bedeutsam für die Ikonogra phie der Sieben Zufluchten!); - Die oslbairischen Grenzmarken 16. Jg(Passau 1927)S.84;- Lenz Kriss-Rettenbeck, Bilder und Zeichen re ligiösen Volksglaubens. München 1963, S. 17f., 82, 131, 150, 158. Die Literatur zeigt u. a.auch,daß viele Lokal maler der Sieben Zufluchten die Komposition nur additiv behandeln,also ohne engere wech selseitige Beziehung und ohne dominante spe kulative Idee. Weiters,daß neben wenigen obli gatorischen Heiligen die Heiligengruppe auf den verschiedenen Bildern stärkste Variationen zeigt. ^ In Oberösteireich entstand 1717-1719 in der Mariahilfkapelle in Lambach ein interessantes Bauwerk(Teckiger Zentralbau mit sieben Fen44

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