Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

1761, die Prozession der Spanischen Bru derschaft statt. Der Hof benützte diesen Anlaß,um Manzadorseine Aufwartungzu machen.Es kamen Kaiser Franz I., Kaise rin Maria Theresia,Erzherzog Joseph und neun Angehörige des Kaiserhauses,sowie die Hofminister.Großes Aufsehen erregte es,als beim Abschied beim Portaldes Kol legs St. Michael der Kaiser und die Kaise rin Manzador umarmten, um demonstra tiv ihre Wertschätzung für ihn zu bezeu gen. Manzador verblieb über ein Jahr in Wien.Als erzum fünfundzwanzigstenmal in St. Michael die Fastenpredigten hielt, widerhallte die Kirche bei derletzten Pre digt von ungeheurem Applaus^'. Nun aber kam die Zeit zum Abschied von Wien. Vor seiner Abreise sprach er wiederholt mit dem Herrscherpaar und dessen Angehörigen, sollte er doch in Rom mitClemensXIII.fürMaria Theresia weiterverhandeln. Das Verhältnis zu Ma ria Theresia war nicht nur von Mensch lichkeit getragen, sondern familiär zu nennen. Dem scheidenden Manzador ga ben am 4. Juli 1762 die Mitbrüder bis Wie ner Neustadt das Geleite.^^ Einen glanzvollen Höhepunkt erlebte Manzador später nochmals in der Michaelerkirche. Maria Theresia hatte ihn 1764 zum Bischof von Senj und Modrus in Kroatien ernannt. Die Konsekration fand am 3.Februar 1765, am Fest des hl. Bla sius,in der Michaeierkirche statt. Der Me tropolit von Calocza, Graf Batthyäny, nahm unter Assistenz des Bischofs von Veszpreem Koller de Nagy-Mänya und dem Suffraganbischof von Väc Szalbeck die Weihe vor. Prominentester Vertreter des Hochadels war Wenzeslaus Fürst Liechtenstein.^"* Am 15. März 1773 wurde Manzador das Bistum Transsilvanien (Siebenbürgen) übertragen. Er starb am 30. August 1774 im Alter von 68 Jahren. Zusammenfassung. Maria Theresia hat einmal den Ausspruch getan: „Die wich tigste Obsorge eines Regenten ist die Auswahl seiner Ratgeber." In der heiklen Angelegenheit des Geheimprotestantis mus in ihren Erblanden fand sie in dem Barnabiten P, Don Pius Manzador den Mann, der mit viel Klugheit und Finger spitzengefühl der ganzen Angelegenheit die Schärfe nahm,ohne Grundsätzliches preiszugeben. Seine Gewandtheit im Verhandeln, die er Kardinal Bamberg ge genüber unter Beweis gestellt hatte, prä destinierte ihn zu dem von der Kaiserin autorisierten Unterhändlerbeiden Päpsten Benedikt XIV. und Clemens XIII. Als Provinzial beschritt er beider Ausbildung der Ordenskleriker neue Wege, ohne da bei Altbewährtes aufzugeben. Mit Manza dor erreichten die Barnabiten den Höhe punktihres Ansehensin Österreich.Seine Mitbrüder und die Kaiserin haben ihm dadurch gedankt,daß sie ihm den Wegzu den höchsten Ehrenstellen freimachten. Anmerkungen: 'Rudolf Reinhard, Zur Kirchenreform in Österreich unter Maria Theresia, in: Zeilschrift für Kirchengeschichte 77(1966) 105-119. Dazu: AugustLeidl,Die religiöse und seelsorgliche Si tuation zur Zeit Maria Theresias(1740-1780)im Gebiet des heutigen Österreich,in: Ostbairische Grenzmarken 16(1974) 162-178, S. 164. ^ Congr.Cler.Reg.St.Pauli Apostoli decollati seu Barnabitarum, Frovinciae Austriae anno 1906, Viennae. p. 26. Soweit nichts anderes ver merkt, beziehen sich die Quellenangaben auf das Barnabitenarchiv zu St. Michael in Wien. ^ Series R.Patrum Barnabitarum ...ab anno 1626, Nr.200(Abk.SFB). * Actorum Collegii S. Michaelis Viennae Liber III.ab anno 1719 usque ad mensem Juli anni 1752, p. 131 u. 134.(Abk.AC. III.) * AC, III. p. 181. ^ AC. III. p. 259. ^ AC, III. p. 269. ® AC.III. p. 290.So z, B.zur 50-Jahr-Feier der Übertragung des Gnadenbildes Maria Pötsch aus Ungarn nach Wien. Predigt im Stephans dom gehalten am 3. Juli 1747. 'EntwurfzumTriennalbericht 1755-1758,Hs. 12Seiten, 11 Seiten Text.S. 2. Rechenschaftsberieht des Provinzials P. Pius Manzador über seine dreijährige Amtszeit.(Abk.ETB). "* Acta R. R. P.P.Provincialium Germaniae ab anno 1749..., p. 21,(Abk. AP.). "ETB. p. 1, Assessorem motu proprio ac nemine cogitante gratiose constituit. '- AP. p. 55, dazu p. 59. AP.p.59.Eiusque profundissimam Sapientiam ac summa in rebus agendis dexteritatem praenoscens. AP. p, 56, 57. AP. p. 57... non modo Nobis, sed etiam Augustissimae huic Aulae,totique Ministerio in deliciis est. Adolf Mais, Die Gruftbestattung zu St. Mi chael in Wien,in; Kultur und Volk,Beitrage zur Volkskunde aus Österreich, Bayern und der Schweiz, Wien 1954, S. 246. "AC.III. p. 315, ETB. p. 1. "ETB. p. 2 vgl. dazu AP. p. 59. AP. p. 61, Am 9.Sept. 1755, dem Tag der Rückkehr Manzadors von Oö. wurde der Grundslein zum Erweiterungsbau dos Kollegs St. Michael gelegt •' ETB. p. 3 u. AP. p. 61. "Leidl, S. 170. "AP.p.63...nominsetauctoritate Cacsarea. "AP. p. 69 u. ETB.6 f. "ETB.p.6u.7. Vgl.auch Leidl S.163 u.Anm. dort 18 u. 19. Titel d. Denkschrift Manzadors: Responsum ad Scriptum nomino Sanctitatis Suae P. Manzador extraditum. Archiv d.ehem. österr. Ministerium f. Kultus u. Unterricht,Ru brik 68,Generalia 1756, ZI.63.Seil 1945 im Allg. Verwaltungsarchiv d. österr. Staatsarchivs. "ETB, p. 4 f. "Waldemar Posch, Zur Baugeschichte des Kollegs St, Michael in Wien,in: Beitr.z. Wr.Diözesangeschichte, 17. Jg. Nr. 2, 1976, S. 13 u. ETB. p. 6. SPB. Nr. 273-277 u. ETB. p. 7. "SPB. Nr.262. AP. p. 94 f. AP. p. 124 f. AP. p. 142, letzte Fastenpredigt Manzadors in St. Michael am 25. März 1762. "AP. p. 145. "SPB. Nr.200 u. AP. p. 164. "P. Pius Garns OSB, Series Episcoporum Ecclesiae Catholicae..., Ratisbonae 1873, S. 382. Zitiert bei Gertrud Fussenegger, Maria Theresia, Wien 1980, S. 10. Ein früher Wiener Beitrag zur Rezeption Tho mas von Aquins in der theoretischen Medizin Deus et natura nihil faciunt frustra. Thomanische Leitgedanken in der Medizin Dr. med. Gottfried Roth Einige Studien über die Rezeption thomanischer Gedankengänge in der gegen wärtigen Psychiatrie' haben von einer Stelle in der Allgemeinen Psychopathologie K.Jaspers'ihren Ausgang genommen, an welcher Primat und Prävalenz des Aquinaten gegenüber Descartes festge halten wurde. Jaspers betont, daß die Lehre Thomas von Aquins oftmals gegen Descartes erneuert wurde mit der Be gründung, daß „die alte Anschauung ein Bild des Ganzen gab, die Fülle bewahrte, die Einheit von Leib und Seele nicht preisgab, bei allem Seelischen das Soma lische im Auge hatte, bei allem Somali schen das Seelische".^ Die Beschäftigung mit der thomanischen Psychologie lohne sich noch heute, ihre Klassifikationen seien des Nachdenkens wert. Bemühungen im Feld obiger Thematik führten zur Auffindung von Arbeiten die sen Inhaltes. 1935 publizierteP.Kopp eine umfangreiche Ubersicht über „Psychia trisches bei Thomas von Aquin" 1943 schrieb E. E. Krapfeine monographische Studie:Thomas von Aquin y la psycopatologia"*.In zahlreichen psychiatrischen und psychiatriegeschichtlichen Arbeiten wurdeThomaszitiert.® Dabeiergaben sich zwei Schwerpunkte: die Auffassung der somalischen Dimension als ein instru mentales Substrat für die Geistseele und die Auffassung der Psychosen als Somatosen, als somalische Erkrankungen mit einer spezifischen Behinderung der menschlichen Geistsphäre. Nun ist anfangs festzuhalten,daß es für Thomas kein wesentliches Anliegen war, medizinisches Wissen zu vermitteln. Dennoch finden wir zahlreiche Passagen medizinisch-ärztlichen Inhaltes®. Vor der Möglichkeit, im Index thomisticus nach hierher gehörigen Stichwörtern zu su chen,'gab es drei Wege,Medizinisches in den thomanischen Schriften zu finden. Bei der Frage,ob ein Sakrament rechtens empfangen werden könne, fanden sich Hinweise auf krankhafte Behinderungen durch eine amentia und insofern auch Angaben über die amentia,über amentes, furiosi usw.® Ferner beschreibt Thomas theologische Sachverhalte und bemüht sich in der gebotenen discretio spirituum um eine Abgrenzung von äußerlich ähnli chen Gegebenheiten z. B. krankhaften Charakters; Thomas unterscheidet zwi schen acedia und melancholia, was auch schon Hieronymus tat,' und beschreibt dann auch in etwa die krankhafte Schwermut mit dem Erlöschen des Glau benslebens. Ein dritter Weg, Medizi nisch-Arztliches bei Thomas zu finden, sind Stellen mit rein didaktischen Ver gleichen; dort heißtes: sicut medicina,sicut medicus.*° Entsprechende Beispiele können in den zitierten Arbeiten nachge lesen werden.Mitunter sind thomanische Stellen subtil eingearbeitet, mitunter mehr vergleichenderweise angeführt. 40

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