Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

hung in der ovalen Fensterlichtung.In der himmlischen Wolkenglorie ringsherum, die ihre Lichtstrahlen über die ganze Mauer ausbreitet, zeigen sich seitlich des verklärten Christus Moses und Elias. Di rekt unter dem Erlöser kniet am.Ehren platz in der-Mitte des Altarüberbaues der hl. Kirchenpatron Jacobus in mystischer Verzückung, während an seinen Seiten zwei Putti schweben, die seine Attribute erheben,den Pilgerhut der linke, den Pil gerstab und das Schwert des Märtyrer apostels der rechtsseitige. Seine Mitapo stel aber,Petrus und Johannes,die wie er am ölberg verständnislos schliefen, sind über die Opfergangportale an den Hochal tarseiten gelagert. Sie weisen begeistert auf die herrliche Schau, derer sie gewür digt werden. Für diese Darstellung der Verklärung Christi auf dem Berge Tabor nützte der Künstler besonders geschickt den Gegenlichteffekt aus.'• ■ In der rechten Ecke vom Presbyterium zum Schiffe des Kirchenvolkes stützt ge wissermaßen ein vollplastischer Engelputto schwebend die Kanzel. An deren Brüstung bringt das mittlere Relief den Apostel und Evangelisten Johannes mit seinem symbolischen Adler,während von den übrigen Evangelienverfassern nurdie Symbole appliziert sind. Um den Zugang von der angebauten Sakristei heraufwin den sich fein geschnitzte Vorhangfalten mit obenauf im Strahlenkranze herab schwebendem Hl.Geist in Taubengestalt. Korrespondierend zur Verklärung Christi über dem Hochaltar balltsich an derWand über der Kanzel ein mächtiges Wolken rondell, zwischen dessen Strahlenbün deln ein Engelputto mit Herz und Anker in seinen ausgebreiteten Händen und darüber hoch wie auf einem Gipfel das Kreuz Glaube, Hoffnung und Liebe sym bolisieren. Wenn Johannes,der Adler der Mystik, nun zweimal der Darstellung ge würdigt wurde,durfte sein älterer Bruder Jakob ihm darin nicht nachstehen.Er be grüßt deshalb als Kirchenpatron in Sandsteinfigur,aberim Gegensatzzum ölberg in freundlich aufrechter Stellung aus fen sterartiger Nische an der Giebelmauer oberhalb des Vorhauses am Eingang alle ankommenden Erdenpilger. In gut durchdachten Zusammenhängen gestal tete das Konzept des Heiligenkreuzer Ba rockmeisters vom zweitürmigen West werk bis an die.Hochaltarwand ein erha benes Gotteshaus höchster Spiritualität, Bei den ovalen Ölgemälden der Seitenal täre, wobei rechts der Kanzel die Gaade ner beiihrem großen Viehstand den Altar zu Ehren des hl. Viehpatrones Leonhard weihen ließen, links aber eine Kopie zu Ehren der Gottesmutter des Heiligen kreuzer Wallfahrtsbildes„Unserer Lieben Frau im Walde" angebracht wurde, ge schah in jüngster Zeit ein Austausch der Bilder.Jedenfalls gilt weiterhin das Urteil von J. Baum über Giuliani als Spitze der Bildhauer desHochbarocksin Österreich: „Als ausgesprochen dekoratives Talent verstand er es meisterhaft, in der harmo nischen Gestaltung großer Gesamtkon zepte seine Aufgabe zu erfüllen und pla stische Akzente genau an die richtige Stelle zu setzen." Hinsichtlich der Vollen dung der Gaadener Pfarrkirche hatte der damalige Kämmerer, P. Engelbert La cher,dem das Bauamt unterstand,die uns so willkommene Jahreszahl 1745 am marmornen Weihbrunnkessel beim Kir cheneingange eingravieren lassen. Im Jahre 1749 bekam schließlich auch- der jeweilige Cistercienser als Pfarrvikar nunmehr einen ständigen Wohnsitz im herrschaftlichen Schlosse daneben. Quellen und Literatur Über das ursprüngliche Hospiz,das be sonders von Wallfahrern nach Mariazell als Einkehr-Gaststätte(popina)und auch zum Übernachten beansprucht wurde, gibtAbtClemensSchefferzum Jahre 1669 Auskunft, als er nach Ostern den ver morschten Holzbau durch einen aus Stein erbauten Gasthof mit zwei Abteilungen zum Ubernachten für die Menschen und für einen Viehstall ersetzte: „In hoc locö nimirum Gaden, erst ad antiquo popina (Ausspeisung) seu hbspitium ex meris lignis confectum, unicum solum hypocaustum cum parua Camera et Culina exigua continens, et quoniam omnia ligna computruerant, teclumque omnino iam corruerat, ita ut nullus amplius peregrinans in Cellas B. M. per aestatem (also Wallfahrten zur Sommerszeit) diuertere neque pernoctare posset, resolui me ex fundamentis novum construere." Hin sichtlich des von Abt Udalrich erbauten Renaissance-Schlosses mitEinschluß des ursprünglichen Gaadens:„soletque in venationibus Imperator communiter ibi dem prandium sumere." Das von ihm er baute und unter dem späteren Schulhaus noch erhaltene Cellarium diente dem Weinausschank des Stiftes.. Die turbulenten Ereignisse des 16. Jahrhunderts hoffe ich hier richtig und verständlich eingeordnet zu haben. Dar über gibt es ein Manuskript meines Vor trages vom Jahre 1923: Dr.Leopold Grill, Das Verhältnis Gaadens zum Stifte Heili genkreuz im Jahrhundert des Protestan tismus. Die nunmehr hier in Klammer beigefügten Angaben beziehen sich auf dieRubriken derArchivalien derCisterze, in die mich P. Friedrich Hlawatsch Ein sicht nehmen ließ.In seinem Artikel: Kai ser Leopold als Gast des Abtes Klemens, Cistercienser Chronik 27, berichtet er, daß der Kaiser noch 1691 anläßlich der Jagd in Gaaden,das Mittagmahl bei größ ter Hitze unter einem Zelte einnehmen mußte. Das Oberhofmeisteramt hatte die Renovierung des Schlosses verlangt, die aber nur langsam voranging. Elfriede Baum, Giovanni Giuliani, mit einem "Porträt des Barockkünstlers von Martin Altomonte, Verlag Herold WienMünchen 1964,S.53,unter datierte Werke 105-109: Ölberggruppe Gaaden 1699 und Zahlungsbestätigung S.73. S.61, 378-392 „Die Arbeiten für die Kirche in Gaaden". Barbara Pflaum / Theodor F. Meysels, Via Sacra - Die Pilgerstraße nach Maria Zell: „Bei diesem der Landschaft völlig einbezogenen ölberg Gaadens - Giulia nis, der den Akkord des Kalvarienberges von Heiligenkreuz vorklingen läßt, scheint die Grenze zwischen Bildwerk und Natur aufgehoben. Der Schwäche leicht ermüdender Pilger- den schlafen den Aposteln ähnlich^ ist der wachende Heiland mahnend gegenübergestellt. S. 7f. : Durch die hier gebrachte historische Abfolge von Giulianis Wirksarrikeit in Gaaden kommt man zu einer klaren Un terscheidung der Restaurierungsarbeiten an Kirche und Schloß von Gaaden durch den Abt Klemens von Heiligenkreuz und den bis heute geltenden Umbauten des18. Jahrhunderts.In privater Hand bei Post meister Pechtold befanden sich zwei Ab bildungen,aufdenen die noch eintürmige Kirche fast als Einheit mit dem Jagd schlosse zu sehen ist. Als Georg Rappner den Stiftsgasthof zum Goldenen Kreuz käuflich nach dem Ersten Weltkrieg er warb, ließ er an der Holzvertäfelung des Extrazimmers ein Bild davon anbringen. In Gaadens kirchliche Gegenwart Da Markgraf Leopold III. eine eigene österreichische'Diözese nicht realisieren konnte, wechselte bald die Abhäivgigkeit der Kirche Gaadens von dem Koilegiatstift der Weltpriesterzu Klosterneuburgin das von der Diözese Passau in Wien,Am Gestade,errichtete Offizialat. Schließlich übernahm im Jahre 1729 die Domdechantei von St.Stephan Gaaden in die Wiener Erzdiözese. Das Wachstum Österreichs spiegelt sich also in der Geschichte dieser Zweitältesten Wienerwaldpfarre, die nun zu einem eigenständigen Dekanat Heili genkreuz gehört. Unter Kaiser Josef II. kam Gaaden mit anderen noch entwicklungsfähigen Seelsorgsposten der Cistercienser im Viertel Unter dem Wienerwald zunächst zu dem neuen Dekanat Baden. An der Badener Straße wurde 1789 unter dem Schenken berg der neue Gaadener Gottesacker an gelegt, weil der Friedhof an der Ostseite der Kirche aufgelassen werden mußte.Im Jahre 1793 geschah der Umbau des gro ßen Jagdschlosses in den heutigen Pfarr hof. Dieser bekam statt des zweiten Stockwerkes ein schönes Satteldach. Er halten blieb vom ursprünglichen.Gaaden nur das erste Stockwerk und dessen Erd geschoß. Über dem daran angeschlosse nen Keller aus der Renaissancezeit ließ das Stift die Volksschule errichten. In neuerer Zeit baute man nach dem Vorbild dieses Pfarrhofes das Waldschloß zu den Zwei Eichen. Die Eroberungslust eines Napoleon sollte auch der Gaadener Bevölkerungam beginnenden 19. Jahrhundert Opfer ver schiedenster Art auferlegen. P. Theodor Kraftkonnte die Pfarre nurvom Juni 1805 bis zum September 1806 führen, weil er für das große Verwaltungsamt der Abtei unentbehrlich war. Seinem historischen Interesse verdanken wir trotzdem im Band IV, 8-19, der Kirchlichen Topogra phie von Österreich „Die Pfarre Gaden, Versuch einer pragmatischen Geschich te". Es gelang ihm als Amtsverwalter,ein zufriedenstellendes Verhalten zu den na poleonischen Truppenabteilungen herzu stellen, die im November 1805 über die Mariazeller Straße gegen Wien marschier ten.Deren militärische Disziplin wurde al lerdings so streng eingehalten, daß Mar schall Davoustsogar zweiseiner Soldaten in Heiligenkreuz wegen Plünderungsex zessen erschießen ließ. Darauf bezieht 35

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