Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

ment. Als ich in Grünbach wirkte, be suchte mich Professor Innitzer wieder holt. Einmal nahm ich ihn sogar auf den Kanzelgrat mitund ein anderesmalginger mit mir und meiner Schwester zur Spar bacherhütte. Als wir dann im Abstieg über die Dürre Leiten zu dem Kessel kamen,in welchen sich der Sebastian-Wasserfall hinab er gießt, wollte ich meinen Freund über die steilen, düsteren Felsen direkt hinunter führen. Als er meine Absicht merkte, nahm er Reißaus und wich dem Kesselin einem weiten Bogen aus. Es war 1930,als Professor Innitzer Rector magnificus wurde. Damals erhielt Bundeskanzler Schober das Ehrendokto rat derjuridischen Fakultät. Etwas später wurde es auch Seipel zuteil. Schober be rief dann später Innitzer in seine Regie rung und betraute ihn mit der Führung des Ministeriums für soziale Verwaltung. Schober starb bald nach Seipel, es war gegen Ende August 1932. Da er in meiner Pfarre wohnte,fand die Einsegnung in der Votivkirche statt. Am Vormittag des Ein segnungstages rief mich Innitzer an und ersuchte mich, die Einsegnung beim Hause vornehmen zu dürfen, da er ein Freund des Verstorbenen seiund ihn auch versehen habe.Erfragte mich aucham Te lephon, wer Erzbischof werden würde, und da ich darüber keine Auskunft geben konnte,meinteer,das beste wäre es,wenn Bischof Kamprath Erzbischof würde.- Innitzer nahm dann auch die Einsegnung beim Hause vor und in der Kirche segnete Weihbischof Kamprath als Kapitelvikar den verstorbenen Bundeskanzler ein, wo bei auch Nuntius ErzbischofSibilia zuge gen war. Nach der Einsegnung standen wir alle mit dem Nuntius in der Sakristei beisammen, und als dieser sich verab schiedete, sagte er zu Innitzer, was auch wir anderen hören konnten:„Auguro tibi felicem successum rerum tuarum", zu deutsch: „Ich wünsche dir einen guten Fortgang deiner Angelegenheiten." Das waren echte Diplomatenworte: er hatte etwas gesagt und doch nichts verraten.Es konnte ein ganz allgemein gehaltener Wunsch sein, bei dem man sich nichts weiter zu denken braucht,es konnte aber auch ein ganz besonderer Sinn dahinter verborgen sein. - Daß letzteres der Fall war,sollte Innitzer bereits acht Tage spä ter erfahren, als der Nuntius ihn zu sich batund ihm die Frage vorlegte:„Wie wür den Sie sich verhalten, wenn der Heilige Vater Sie zum Erzbischof von Wien er nennen wollte?" - „Exzellenz", antwor tete Innitzer,„ich bin von dieser Frage so überrascht, daß ich augenblicklich keine Antwort darauf geben kann.Ich bitte Sie um die Erlaubnis,in Ihre Kapelle gehen zu dürfen,um dieAntwort,die ich geben soll, im Gebet mitGottnochzu beraten."Alser zurückkam,sprach er, wie es mir der Erz bischof Innitzer später selber erzählte: „Exzellenz, wenn Seine Heiligkeit mich zum Erzbischofzu ernennen wirklich die Huld und Gnade haben sollte,dann würde ich es nichtwagen,neinzusagen."-Zwölf Tage später vernahm dann die Welt im Radio die Kunde von Innitzers Ernen nung.Ich ging am nächsten Tagezu ihm, um ihn zu beglückwünschen, und er gab mir die vielen schriftlichen Fragen zu be handeln, die für Rom vor der Bischofs konsekration über seinen Lebenslauf be antwortet werden mußten.-In der zwei ten Oktoberhälfte fand dann an zwei ver schiedenen Sonntagen seine Konsekra tion und seine Inthronisation statt und bald daraufernannteihn der Heilige Vater auch zum Kardinal der heiligen römi schen Kirche. Dazu:/ Am 20. September weihte der Kardinal-Erzbischof das fertig gewordene Raxkirchlein ein,um dessen von mir angereg ten Bau Kommerzialrat Leopold Schimek, Vizepräsident des österreichischen Gebirgsvereines, sich besonders ange nommen hatte. Architekt Eduard Zacher hatte die Pläne gezeichnet und Baumei ster Hermann Kubacsek aus Gloggnitz den sakralen Bau dieses in die Gebirgs landschaft sich so wundervoll einfügen den Heiligtums aufgeführt. Am Vortage der Festfeier ging ich mit einem umfang reichen Rucksack, in dem alle meine kirchlichen Kleidungsstücke verstaut wa ren, über Griesleitert^auf den Waxriegel und über den Bismarcksteig zum Karl Ludwig-Haus. Am Festtage selbst schenkte der Herrgott uns ein wahres Prachtwetter. Wir lagen vor der Hütte, blickten hinab zur Siebenbrunnwiese und sahen,wie der Kardinal dortseinem Auto entstieg und ziemlich rasch mit seinem Zeremoniär den Schlangenweg herauf kam. Bei der Agilität dieses Kirchenfür sten ging alles mit einer bewundernswer ten Raschheit vor sich. Die Feier fand bei dem sommerlichen Wetter natürlich im FYeien statt. Nach Beendigung der Weihe, des Gottesdienstes und der Ansprachen nahm der Kardinal, einem launigen Ein falle folgend, irgendeinen Hut und ging von Gruppezu Gruppe,wiesich die Leute aufdem Grase niedergelassen hatten, für das Kirchlein absammeln.-Das Mittages sen gingschnellvorsich und war ganzein fach und bescheiden. Dann eilte der Erz bischofin 25 Minuten zu seinem Auto hin ab,denn um drei Uhr mußte er bereits am Semmering sein und eine Orgelweihe vornehmen. Anm.:Dr.Alois Wildenauer.DerRufder Berge. Lebensgeschichte eines österrei chischen Bergsteigers. Wien. 2. Auflage. S.224 bis 226, 273. 850 Jahre Kirche Gaaden(Schluß) Dr.Leopold Grill OCist Bei der Richterwahl bekam der Stöckhl aus Mittergaaden 22 Stimmen.Unter ver schiedenen anderen Stimmen erhielt der Grill, der zum Gerichtsgeschworenen be stellt wurde,jedoch nur eine.„Aufsolche ergangene wählen, Ist Gregor Stöckhl, weillen er die maiste vota gehabt, auch schon ein Zeit angesetzter Richter gewe sen,der gesambten Gemain zu Ober-Mit ter undt Niedergaaden zu einem Richter fürgestelt und ersetzt worden." Nach der Aufstellung von 2 Gerichtsgeschworenen und ebensoviel Gemeindegeschworenen wurdefür die Brühl wieder LorenzTauber zum Richter eingesetzt. Zum Abschluß leisteten Richter und Geschworene dem Pater Prior an Stelle des abwesenden Ab tes den Amtseid. Dieser Aufschwung des Ortes unter Abt Michael Schnabel (1637-1658), einem Sohne eines Stiftsuntertanen aus Pfaff stetten, steigerte sich trotz eines neuerli chen, verheerenden Türkeneinfalles im Jahre 1683 unter seinem überaus tüchti gen Nachfolger, dem Wiener Clemens Scheffer.Er zählte bei seiner Wahl erst 29 Lenze und wirkte segensreich als langjäh riger Abtvon 1658 bis 1693.Als dieTürken im Juli 1683 einfielen, wurde das Kloster besetztund ausgeraubt und in Gaaden das Dorfmitdem Schlosse und derKirche wie auch das erst kurz vorher an Stelle des al ten Hospizes erbaute neue Wirtshaus, ganz in Asche gelegt. In Gaaden gingen damals 267 Menschenleben verloren, da der Feind sogar die Wälder mit Spürhun den durchstreifte.Die sich dahin geflüch tet hatten, wurden erbarmungslos getötet oder gefangen abgeführt. Nach dem Be richt des Abtes Clemens konnte in der wiederhergestellten Kirche am Jakobitag 1686 wieder der erste Gottesdienst abge halten werden, nachdem das Türmlein auch eine Glocke im Gewichte von 156 Pfund erhalten hatte. Schließlich konnte das wiedererbaute Schloß 1689 mit einem Dach versehen werden.Kaiser Leopold I., der als Türkenbesieger in die Geschichte eingegangen ist, konnte nunmehr wieder wie auch vordem,mitseinem Gefolge zur Jagd kommen. Die barocke Pfarrkirche Heiligenkreuz lenkte von 1728 bis 1755 ein großer Bauabt, der Wiener Robert Leeb. Nach Verkauf des Gutes Sparbach im Jahre 1735 ließ er die darüber pfarrli che Rechte ausübende Gaadener Pfarr kirche großartig verlängern mit einer ge räumigen Orgelempore und an deren Sei ten mit logenartigen Emporen, hinter de nen sich über den Glockenstuben die ba rocken Zwiebelhauben türmen. Dadurch kam es im Anschluß dazu auch zu einer Verbreiterung nach Art von Seitenschif fen um den mit einem Platzelgewölbe kuppelartig überhöhten ersten Kirchenschiffraum. Die gewünschte Gelegenheit für die Schaffensfreude des Famiiiaren Giuliani war nun gegeben. Die gerade Ostwand des Chorquadrates erwies sich seiner Bindung an die Fläche überaus ge nehm. Man brauchte nur die aus der Gründungszeit der Kirche noch erhaltene Mauerzu erhöhen,um für die Verklärung Christi am Berge Tabor vom Hohen An ninger im Osten die Morgensonne durch ein senkrechtes Fensteroval einfallen zu lassen.In der Verengung des Gewölbebo gens darüber ergab sich auch noch ein ge eigneter Platz für ein wolkenumrandetes Rundfenster mit den Worten „Hic est filius meus dilectus", der Offenbarung des göttlichen Vaters für seinen wesensglei chen Sohn. Dieser erscheint schwebend mit segnender Geste in Vorwegnahme seines verklärten Leibes der Auferste34

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