letzten Jahren so freundlich und herzlich begegnetsind,persönlich zu danken,bitte ich Euer Eminenz als den höchsten geist lichen Würdenträger unserer Republik hiemit, den wärmsten Dank sowohl für Ihre ehrwürdige Person als auch für den gesamten Klerus Österreichs gütigst ent gegennehmen zu wollen. Indem ich hoffe,daß Sie Ihr hohes Pontifiikat noch viele Jahre zum Wohl und zum Heile der gesamten Bevölkerung Österreichs ausüben werden,entbiete ich Ihnen, Herr Kardinal, die innigsten Wün sche für Ihr persönliches Wohlergehen und bin in besonderer Verehrung Euer Eminenz ergebenster Hainisch. DAW, Bischofsakten, Piffl. Original. Maschingeschrieben. Dr. F.L. Der Bundespräsident Miklas an Piffl Wien,am 12.Dezember 1928 Euer Eminenz! Hochwürdigster Herr Kardinal! Tief gerührt über die so ungemein güti gen Worte,mitdenen mich Euer Eminenz bei Antritt meines Amteszu begrüßen die Gewohnheit hatten, bitte ich in der ersten Stunde meines Wirkens auf der mir von der Vorsehung eröffneten neuen Bahn, meinen ehrfurchtsvollsten Dank für Ihre mir in jeder Lage entgegengebrachte warme Anteilnahme und - die mir stets bewiesene Sympathie entgegennehmen zu wollen. Ich deute es als ein gutes Vorzeichen für meine Tätigkeit als Bundespräsident der Republik Österreich, daß von so berufe ner und verehrungswürdiger Seite mein bisheriges Leben und alle jene Grundsät ze,aufdenen es aufgebaut war und an de nen festzuhalten ich als heilige Pflicht empfinde, eine so schmeichelhafte Wer tung und Anerkennung gefunden zu ha ben.MitGottesgnädiger Hilfe will ich den eingeschlagenen und als richtig befunde nen Weg zu Ende gehen. Gestatten mir Euer Eminenz mit mei nem heutigen Dank auch noch die Bittezu verknüpfen;mich in meinem neuen Amte gütigst unterstützen und mir Rat und Hilfe auch weiterhin in so reichem Masse, wie dies bisher der Fall war, angedeihen zu lassen. Der Segen aber,den Euer Eminenz auf mich herabgefleht haben, verpflichtet mich EuerEminenzzum innigsten Danke und gibt mir den Mut, dessen jeder Mensch an einer Lebenswende bedarf. Genehmigen Sie, hochwürdigster Herr Kardinal, nebst den innigsten Wünschen für Ihr weiteres persönliches Wohlerge hen die Versicherung meiner steten Hochachtung und besonderen Vereh rung. Miklas DAW, Bischofsakten, Piffl. Original. Maschingeschrieben. Dr. F. L. Prälat Wildenauer über Prälat Seipei In diese Tage 1932, die ich in Sand ver weilte, fiel der Tod meines Freundes Sei pei.Ich erfuhr davon so spät,daß ich zum Begräbnis nicht mehrzurecht gekommen wäre. Ignaz Seipei war mir in der Theologie um ein Jahr voraus gewesen. Wir alle schätzten und bewunderten ihn schon damals wegen seines tiefen Wissens. Schwierige Fragen ließen wir uns von ihm erklären und hatten die Überzeugung,daß er alles so gut verstünde wie der Fachpro fessor selbst. Wenn wirihn fragten,woher er denn dies alles habe, antwortete er schmunzelnd, diese Dinge müsse man eben wissen. - Auch nach der Priester weihe blieben wir immer gute Freunde. Als ich im Jahre 1903 Pastoraltheologie supplierte, rigorosierte er aus dieser Dis ziplin und meinte,daß er bei mir die Prü fung ablegen müsse. Dies war aber nicht der Fall, es prüfte der Professor selbst.- Seipei war Religionsprofessor am Zivil mädchenpensionat in jenen Jahren, als ich Subrektor im Alumnat war. Da seine Schülerinnen jeden ersten Monatssonn tag die Sakramente empfingen, ersuchte er mich um meine Mitwirkung bei Entge gennahme der Beichten. Drei Jahre habe ich dieses Amt meinem Freunde zulieb gerne versehen undjedesmal begleitete er mich auf dem halben Heimwege.Damals hatten weder der Kardinal-Fürsterzbischof, noch die Professoren der theologi schen Fakultät eine Ahnung davon, was die Diözese an Seipei besaß. Auch der Alumnatsdirektor hatte, als Seipei noch Theologe war,seine außerordentliche Be fähigung nichtvollauferkannt.Seipei war im letzten Jahrgange nicht erster oder zweiter,sondern nur dritterPräfekt gewe sen. Keiner seiner Vorgesetzten oder Pro fessoren hatihn eingeladen,sich den Dok torgrad zu erwerben.Erhatsich selbstaus freien Stücken entschlossen,die theologi schen Rigorosen abzulegen.-Ohne unbe scheiden zu sein,darfich es mirzum Ver dienst anrechnen, auf ihn erst aufmerk sam gemachtzu haben.Ich supplierte,wie schon ei"wähnt,im Sommersemester 1903 Pastoraltheologie und war in den akade mischen Vierteln mitdem Moralprofessor Hofrat Prälaten Dr. Franz Schindler oft allein im Professorenzimmer. Einmal sprach ich zu ihm von Seipei und sagte, daß dieser an Begabung,Schärfe des Gei stes und Klarheit des Urteils alle mir be kannten Geistlichen weitaus übertreffe. Bereits einige Tage später erhielt Seipei von Hofrat Schindler eine schriftliche Einladung,sich beiihm vorzustellen. Sei pei ging hin und wurde von Schindler aufgefordert,sich zum Dozenten zu habi litieren. Die Habilitationsarbeit, die Schindler ihm auftrug,lautete:„Die Wirt schaftslehre bei den Kirchenvätern."Prä lat Schindler hat ihm gerade diese Auf gabe gestellt, da Seipei sich sehr für so ziale und wirtschaftliche Probleme inter essierte. Dieser Arbeit hat sich Seipei in glänzender Weise entledigt. Er wurde zu nächst Privatdozent und durch Schind lers großen Einfluß kam er bald als Pro fessor der Moraltheologie nach Salzburg und wurde später Schindlers Nachfolger in Wien.Seine Beschäftigung mit den so zialen und wirtschaftlichen Fragen der Gegenwart führten ihn dem öffentlichen Leben und der Politik zu.Er wurde Abge ordneter, Minister, Bundeskanzler, war von Freund und Feind,von letzteren trotz all ihrer Angriffe, geachtet und bewahrte stets einen lauteren, vornehmen Charak ter, ein ruhiges,objektives Urteil und ab solutreine Hände.Vorseinerzwingenden Logik mußten auch die geriebensten So phisten, Wortverdreher und Begriffsverwirrer kapitulieren. Seine oft aus dem Stegreif gehaltenen Reden waren stets druckreif,waser sprach,w^ar ein vollende tes und in sich geschlossenes Ganzes, in welchem ein Satz aus dem andern mit un erbittlicher Logik hervorging, so folge richtig, daß jeder Versuch einer Widerle gung verstummte.Trotz seiner Beschäfti gung mit der Politik war und blieb Seipei immer ein tiefgläubiger und wahrhaft frommer Priester und idealer Seelsorger. Seine übermenschlichen Arbeiten,die er auf sich nahm in der schweren Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, als niemand ande rer den Mutfand,das Staatsschiffals Ver antwortlicher zu lenken, waren getragen von lauterster Liebe zu seinem Volke,ha ben aber auch seine Gesundheitund seine ursprünglich so überaus kräftige Konsti tution allmählich untergraben. Da ich mich gleichfalls für die Universi tät habilitieren sollte,und da essich darum handelte,ob ich meine Dissertation,,Uber Individualseelsorge"zu einer in Druck zu legenden Habilitierungsschrift ausgestal ten könnte, unterzog sich Seipei aus Freundschaft der Mühe, meine Disserta tion eingehend zu studieren und mir seine Vorschläge betreffs Änderungen,Verbes serungen und Erweiterungen in einem ausführlichen schriftlichen Gutachten zu erstatten. Am Schlüsse sagte er, daß ich die Arbeitaber auch so,wie sie vorliege,in Druck geben und als Habilitierungarbeit einreichen könnte,falls ich die Zeitfür die von ihm vorgeschlagenen Verbesserun gen nicht finden sollte. Dieses sein Gut achten besitze ich heute noch und be wahre es mir als ein kostbares Andenken seiner Freundschaft sorgfältig auf. Unsere guten Beziehungen blieben auch in allen folgenden Jahren die glei chen. Im Weltkriege verbrachte Seipei seine kurzen Ferien in Puchberg am Schneeberg und besuchte mich von dort wiederholt in Grünbach.Einmal hatte ich als Dechantim Bezirk eine Funktion vor zunehmen und bat Seipei,da eben Sonn tag war, mich in Grünbach zu vertreten. Mit größter Bereitwilligkeit sprang er für mich ein und hielt den ganzen sonntägli chen Gottesdienst. Die gewesenen Studienpräfekte des Alumnates bildeten immer schon eine kleine Freundeskorona, die wöchentlich zusammenkam. In diese Korona haben wir Seipei kooptiert und er nahm an unse ren „Lätizeln", wenn er Zeit dazu fand, gerne hie und da teil und lud uns auch sel ber bisweilen zu einem Abendessen ins 23
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