Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

850 Jahre Kirche Gaaden (Fortsetzung) Dr.P.Leopold Grill OCist Quellen- und Literaturangaben Über das ursprüngliche Hospiz,das be- • sonders von Wallfahrern nach Mariazell als Einkehrgaststätte (popina) und auch zum Übernachten beanspruchtwurde,gibt Abt Clemens Scheffer zum Jahre 1669 Auskunft, als er nach Ostern den ver morschten Holzbau durch einen aus Stein erbauten Gasthof mit zwei Abteilungen zumÜbemachten für die Menschen und für einen Viehstall ersetzte. „In hoc loco nimirum Gaden, erat ad antiquo popina (Ausspeisung) seu hospitium ex meris lignis confectum, unicum solum hypocaustum cum parua Camera et Culina exigua continens, et quoniam omnia ligna computruerant, tectumque omnino iam corruerat, ita ut nullus amplius peregrinans in CeUas B. M. per aestatem (also Wallfahrten zur Sommerszeit) diuertere neque pemoctare posset, resolui me ex fundamentis novum construere." Hin sichtlich des von Abt Udalrich erbauten Renaissanceschlosses mit Einschluß des ursprünglichen Gaadens: „Soletque in venationibus Imperatur communiter ibi dem prandium sumere." Das von ihm er baute und unter dem späteren Schulhaus noch erhaltene Cellarium diente dem Weinausschank des Stiftes. Die turbulenten Ereignisse des 16, Jahr hunderts hoffe ich hier richtig und ver ständlich eingeordnet zu haben. Darüber gibt es ein Manuskript meines Vortrages vom Jahre 1923: Fr. Leopold Grill, Das Verhältnis Gaadens zum Stift Heiligen kreuz im Jahrhundert des Protestantis mus.Die nunmehr hierin Klammer beige fügten Angaben beziehen sich aufdie Ru briken der Archivalien der Cisterze,in die mich P. Friedrich Hlawatsch Einsicht nehmen ließ. In seinem Artikel „Kaiser Leopold als Gast des Abtes Klemens",Cistercienserchronik 27(1915)249,berichtet er,daß der Kaiser noch 1691 anläßlich der Jagd in Gaaden das Mittagsmahl beigröß ter Hitze unter einem Zelte einnehmen mußte. Das Oberhofmeisteramt hatte die Renovierung des Schlosses verlangt, die aber nur langsam voranging. Elfriede Baum, Giovanni Giulliani, mit einem Porträt des Barockkünstlers von Martin Altomonte, Verlag Herold, Wien-München 1964, 8.53, unter da tierte Werke 105-109: ölberggruppe Gaa den 1699 und Zahlungsbestätigung,S 73, S.61, 378-392,„Die Arbeiten für die Kir che in Gaaden." Barbara Pflaum/TheodorF.Meysels,Via Sacra - Die Pilgerstraße nach Mariazell: „Bei diesem der Landschaft völlig einbe zogenen Ölberg Gaadens-Giullianis, der den Akkord des Kalvarienberges von Hei ligenkreuz vorklingen läßt, scheint die Grenze zwischen Bildwerk und Natur aufgehoben. Der Schwäche leicht ermü dender Pilger-den schlafenden Aposteln ähnlich - ist der wachende Heiland mah nend gegenübergestellt. S.7f. Durch die hier gebrachte historische Ab folge von Giullianis Wirksamkeit in Gaa den kommt man zu einer klaren Unter scheidung der Restaurierungsarbeiten an Kirche und Schloß von Gaaden durch den Abt Klemens von Heiligenkreuz und den bis heute geltenden Umbauten des 18. Jahrhunderts. In privater Hand bei Post meister Pechtold befanden sich zwei Ab bildungen,aufdenen die noch eintürmige Kirche fast als Einheit mit dem Jagd schloß zu sehen ist. Als Georg Kappner den Stiftsgasthof zum Goldenen Kreuz nach dem Ersten Weltkrieg käuflich er warb, ließ er an der Holzvertäfelung des Extrazimmers ein Bild davon anbringen. Seit 1975 steht nur noch ein Wohnhausan Stelle des Gasthofes. Krisenzeiten und Neuaufstieg Gegen Ausgang des Mittelalters be wirkte die Endphase des ritterlichen Ver falles schwere Familienzwistigkeiten, wobei Haß,Neid,Mißgunstsich zu Raubund Mordlust steigerten, wodurch das ganze Land der Zerstörung und Verwü stung anheimfiel. Die verhängnisvolle Erbteilung der habsburgischen Länder spiegelt sich auch im Schicksal Gaadens. Wolfgang Pelleiter (Pelanter) dürfte La dislaus Posthmus,dem Mündel und Nef fen Kaiser Friedrichs III. (1440/52-1493), Geld zur Einholung der böhmischen Krone vorgestreckt haben. Dafür ver schrieb ihm dieser am 3. April 1454 auf dreiviertel Jahr das Ungeld (Getränke steuer) in den Dörfern „Niedern Gadem und Obern Gadem" wie auch in den Nachbardörfern „Sigkendorf, Sparbach und Weißenbach.Doch sein Sohn Thomas konnte den Gademer Besitz aufdie Dauer nichthalten.DerOrt wurde durch Banden von Söldnern überfallen und geplündert. Selbstverständlich suchten sich Räuber Heiligenkreuz als verlockendes Ziel aus. Wie damals die Rechtsunsicherheit zur Selbsthilfe trieb, lesen wir im 7. Punkte der Gaadener Weistumsaufzeichnungen: Wenn zur Nachtzeit bei der Abwehr eines Eindringlings ein Totschlag erfolgt, muß der Amtmann des Ortes davon verstän digt werden. Gibt dieser den Leichnam frei,so soll ihn der Überfallehe an denFü ßen auf das nächste Wagengleise vor sei nem Hause ziehen. „...fressen ihn die hunt oder die swein, darumb ist er nyemant nichts phlichtig." Katastrophal für Gaaden wirkten sich besonders die Un garneinfälle aus. Dazu kam neben der ständig drohenden Türkengefahr dieEm pörung Adeliger. Deshalb wurde 1471 mit Baumkirchner am Murtor zu Graz der herzogliche Kämmerer Greisenegger ent hauptet.DasStift Heiligenkreuzhatteihm 1450 die Feste Obergadem käuflich abge treten. Das beweist die prekäre Lage der Cisterze.deren Abtim gleichen Jahredem Verkaufe von Niedergadem durch den Kaufrechtsinhaber zustimmte. Im Jahre 1477 fiel die Obergaadener Burgfestung schon dem ersten militäri schen Ansturm des ehrgeizigen Ungamkönigs Matthias Corvinuszum Opfer und blieb nachher bis 1488 trostlos verödet. Corvinus beraubte und zerstörte auch den zweiten Gaden,so daß Thomas Pelleiter diesen befestigten Hof an die Neudecker, die neuen Herrn der benachbarten Burg Wildegg,verkaufte.Doch von dem ehema ligen Burghofinhaber und Neffen des erstbekannten Pfarrers von Gaaden gibt es eine Darstellung(Votivbild),auf der er in ritterlicher Kleidung mit wallendem Haupthaar vor dem Gekreuzigten kniet: Das erste Porträt eines Gaadeners, des Pelleiter. Georg von Neudeck, seit 1499 Besitzer von Gaaden, verkaufte es 1512 an Chri stoph von Rauheneck beiBaden.Docham 25. April des Jahres 1521 mußte der Rau henecker seine Gaadener Güter dem Be sitzer von Johannstein bei Sparbach,Alex Kuchler, entweder zum Kaufe oder we nigstenszum Pfände anbieten,damit die ser es übernahm,für ihn eine Schuld von 20Pfund Pfennigdem Juden Mendlin von Zistersdorfabzuzahlen. Christoph befand sich in schwerer finanzieller Not, so daß er,als ihn Kaiser Ferdinand 1.1528 wegen des bevorstehenden Türkenfeldzuges an seinen Hof berief, seinen Wald, genannt derTotenkopf,derStadtBaden verkaufen mußte,um sich eine Rüstung anschaffen zu können. In Heiligenkreuz hatte Johann V. im Jahre 1528 unter ungünstigsten Umstän den die äbtliche Würde angenommen. Fast als einzigen Lichtpunkt seiner trau rigen Regiorungszeit möchte man den Wiedererwerb Gaadens für sein Stift be zeichnen. Am 3. September 1529, knapp bevor die wilden Türken mit Mord und Brand auch Gaaden heimsuchten, ver pfändete Christoph von Rauheneck sei nen befestigten Hof Niedergaaden samt dem dazugehörenden Grundbesitz für ge liehene 100 Pfund Pfennige an Abt Jo hann mit dem Versprechen,im Verkaufs falle es dem Stift zu überlassen. Erste Türkenbelagerung"Wiens und Verheerung Gaadens Bereits am 21. September 1529 belager ten die kriegerischen Horden unter dem Zeichen des Halbmondes die Stadt Wien, zu deren erfolgreicher Verteidigung Hauptmann Christoph von Rauheneck beitrug. Doch sengend und brennend fie len Türkenscharen südlich von Wien in die Waldmark ein. Heiligenkreuz und alle benachbarten Siedlungen wurden ge plündert,verwüstet und zerstört.Obwohl das ohnehin schon schwer hergenom mene Stift dem Kaiser hohe Kriegsbei träge gegen den türkischen Sultan leisten mußte,so daß Abt Johann V.den vierten Teil(Quart) aller Güter teils zu verpfän den, teils zu verkaufen genötigt war, ge lang es ihm dennoch,am 1. Februar 1530 das bereits an ihn verpfändete Niedergaa den käuflich an sich zu bringen. Wir er kennen daraus, wie die Schicksalsge meinschaft seit den Gründungsanfangen der Cisterze und des Pfarrortes Gaaden gerade in Tagen schwerster Prüfungzum Tragen kommt. Außer den zwei weltlichen Herrschaftsdörfern, dem Ober- und Niedergadem, gab es schon seit der Gründungszeit der Kirche das Pfarrlehen von Gaaden.Udal rich I. hatte seine Gründung reich ausge stattet.Deshalb lag die Vogteiund dasPa18

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