Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Neue Kirche für Strasshof Pfarramt Gänsemdorf,28.Dez. 1922 Eure Eminenz, Hochwürdigster Herr Kardinal(Piffl)! Der in tiefster Ehrfurcht Gefertigte ge stattet sich, nachfolgende Angelegenheit mit der ganzergebenen Bitte um gnädige Hilfe vorzubringen. Zur Pfarre Gänsem dorf a. d. Nordbahn gehört die Filiale Strasshof. Strasshof-eine Eisenbahner kolonie - ist von der Pfarrkirche Gän semdorf8 km entfernt. Ursprünglich aus einem Meierhofe und einem Bahnwäch terhäuschen bestehend,hatsich Strasshof infolge der Anlage eines großen Rangier bahnhofes in den wenigen Jahren von 1909-1922 zu einer Filiale, bestehend aus ungefähr 100 Häusern und über 1000 Ein wohnern entwickelt. Von den Einwoh nern sind naturgemäß mehr als 90% Eisenbahnbedienstete. In nicht allzu femer Zeit soll Strasshof wegen der großen Entfernung von Gän semdorfeinen eigenen Friedhoferhalten und zu einer eigenen selbständigen politi schen Gemeinde erhoben werden,da die immer wachsende Bevölkerungszahl und die große Entfernung eine gedeihliche Verwaltung der Filiale Strasshof sehr er schweren. Die rasche Entwicklung - namentlich aber der unselige Krieg-machten es bis her unmöglich, den Bewohnern Strasshofs ein wenn auch nur bescheidenes Kirchlein zu erbauen. Die durch den ver lorenen Krieg geschaffene Notlage unse res armen Vaterlandes macht es unmög lich, für die nächste Zukunft auch nur daran zu denken. Und doch wäre dies gerade für die Zeit derjetzigen Not und des geistigen Elends die zwingendste Notwendigkeit. Der Zustand, daß in einem ärmlichen Schulzimmer notdürftiger Gottesdienst gehalten wird, kann bei dem Umstände, daß die Zahl der Schulkinder bereits auf 150gestiegen ist,für die Dauer nicht mehr länger gehalten werden; dies insbeson dere auch deswegen, weil das zum Got tesdienst befindliche Zimmer sich in ei nem Haus befindet,in welchem zugleich eine Gastwirtschaft untergebracht wird. So bietet die Seelsorge Strasshofs ein wahrhaft erschütterndes Bild in einer Zeit, in der das Volk ganz besonders des seelischen Trostes und Stärkung bedarf. Mit großer Besorgnis sieht der Gefertigte, dem die Sorge für die Seelen der Bewoh ner der Filiale Strasshofanvertraut ist,der Zukunftentgegen,denn woher die großen Summen nehmen,die bei dem Stande un seres Geldes zur Errichtung eines wirk lich nur bescheidenen Gotteshauses not wendig sind. Alle diese Umstände - na mentlich aber die Sorge für die Schulju gend von Strasshof,die so dringend einer ganz besonderen Sorge bedarf, veranlas sen den in tiefster Ehrfurcht Gefertigten, Euer Eminenz uie t;i gebeuste Bitte vorzu legen, den Bewohnern Strasshofs im Wege der Auslandshilfe zu einem wenn auch bescheidenen Kirchlein zu verhel fen, damit auch in Strasshof würdiger Gottesdienst gehalten werden kann. In tiefster Ehrfurcht verharrt Eurer Eminenz gehorsamster P.Severin Unger,Pfairverweser. MitBleistift vermerkt:Eminenzersucht um konkrete Vorlagen und Berichte über den Kirchenbauverein,stehend unter der Leitung des Reg.-Rat. W.Pultar.8. 3. 1923 I. V. Wagner,Ordinariatssekretär. DAW,ßischofsakten Piffl, 1922. Hand geschrieben. Paramenten-Erzverein Wien,den 14. Oktober 1921. Euer Eminenz! Gestatten Ew. Eminenz, daß ich fol gendeAnträge zurGenehmigung vorlege! 1. Die Wiener Pfarren werden ersucht, bei eucharistischen Predigten anläßlich des vierzigstündigen Gebets auf den Erzverein zur beständigen Anbetung des allerheiligsten Altarsakramentes und zur Ausstattung armer Kirchen aufmerksam zu machen und bei diesem Anlasse beim Schlußsegen eine Sammlung für den Paramentenverein vornehmen zu lassen. DiePfarrenaufdemLande(außerWien) mögen dies besonders am Anbetungstag oder arme Pfarren nach Erhalt von Paramenten vom Erzverelntun.Anmeldungen zur Aufnahme in den Erzverein mögen in der Sakristei entgegengenommen wer den. 2.DiePräsides der Mädchen- und Frau en-Kongregationen werden ei-sucht,in ih ren Kongregationen dahin einzuwirken, daß dieeucharistischen Sektionenfürden Erzverein Propaganda machen und Ar beiten für den Paramentenverein (Kir chenwäsche, Altarspitzen, Stickerei) übernehmen und ausführen. 3. Die Pfarren werden eingeladen, alte Kasein dem Paramentenverein zur Adap tierung für arme Kirchen oder aufKosten der Pfarre für ebendieselben zur Verfü gung zu stellen. Wäsche,Paramente sind im Kloster der Ursulinen,Wien I,Johannesgasse 8,abzu geben,ebenso die Sammelergebnisse. Gesuche um Paramente sind an den geistlichen Direktor geistl. Rat und Pfar rer Eugen Etz, Wien IV,Paulanergasse 6, zu richten. Ich bitte auch Eure Eminenz um die Genehmigung,daß die vorstehenden An träge ins Wiener Diözesanblatt aufge nommen werden. Mit dem Ausdruck tiefster Ergebenheit Ew.Eminenz untertänigster Eugen Etz. DAW,Bischofsakten Piffl, 1921. Hand geschrieben. Schwestern-Erholungsheim des Hauses der Barmherzigkeit in Windischgarsten (Aus: 100 Jahre Haus der Barmherzig keit Wien 1875-1975, Wien 1975, S.35 f.) Zum Abschluß unserer Chronik soll auch einer Einrichtung gedacht werden, die wohlnicht unmittelbar derPflege und Betreuung unsererKranken dient,in ihrer Zweckbestimmung aber doch wesentlich dazu beiträgt, unseren Schutzbefohlenen eine Atmosphäre zu schaffen, die ihnen neben der medizinischen Behandlung hilft,ihre Schmerzen und Leiden zu ertra gen: dem Schwestern-Erholungsheim in Windischgarsten,Oberösterreich. Hierzu ein paar Worte über die Entste hungsgeschichte dieses Heimes. Es ist einer wunderbaren Fügung zu verdanken,daß es dieses Heim,aberauch das Haus der Barmherzigkeit als kirchli ches Institut überhaupt gibt. Wieschon erwähnt,wurde die seinerzei tige Stiftung „Haus der Barmherzigkeit" im Jahre 1939 durch das NS-Regime auf gelöst und das Haus der Barmherzigkeit mit seinen Zweiganstalten Weidlingau und Bruckhofsowie dem gesamten Stif tungsvermögen der Stadt Wien eingewie sen.Das Haus der Barmherzigkeit wurde städtisches Altersheim.Erstim Jahre 1951 wurde das Gesetz erlassen, das der Erz diözese Wien die Möglichkeitgab,von der Stadt Wien die Rückstellung des Hauses der Barmherzigkeitzu verlangen,weildas ursprüngliche Rückstellungsgesetz von 1945 nur dem Betroffenen selbst ein Rückforderungsrecht zugestand.Der Be troffene, die Stiftung Haus der Barmher zigkeit, war aber 1939 als Rechtspersön lichkeit erloschen. Da die Erzdiözese Wien 1953,zum Zeit punkt der vorgesehenen Rückstellung, mitdem Wiederaufbau zerstörter Kirchen und Pfarrhäuser selbst große Sorgen hat te, konnte an eine Rücknahme des halb zerstörten, abbruchreifen Hauses der Barmherzigkeit nicht gedacht werden. Das schien unseren Barmherzigen Schwestern, die in den schweren Jahren des Krieges und in den Jahren nachher in dem zerbombten Haus tapfer durchgehal ten hatten, unfaßbar.So entschlossen sie sich, ihr Anliegen dem hl. Josef in einer Novene zu empfehlen. Gerade in diesen Tagen geschah es, daß ein Mann nach Wien aufden Stephansplatz kam,um sich bei einer kirchlichen Stelle zu erkundi gen,ob er nicht ein Stück von einem Be sitz haben könne,der sich in Windischgar sten befinde und angeblich der Kirche ge hören solle. Niemand am Stephansplatz wußteetwas voneinem solchen Besitz.Da der Mann nichtlocker ließ,wurden an Ort und Stelle Erkundigungen eingezogen, dieergaben,daß tatsächlich im Jahre 1943 in Windischgarsten eine Frau Hilde Svetlin verstarb, die den Großteil ihres Besit zes dem Haus derBarmherzigkeit in Wien vererbt hatte. Da zu dieser Zeit die Stadt Wien treuhändiger Verwalter des Hauses 10

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