Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

tokollen, verschiedenen Pfarrbüchem, Matriken und Verkündbüchem.Die Viel fältigkeit der Aufgaben, die in früheren Zeiten dem Pfarrer zufielen und aus wel chen die Impf-, Findlings-, Armen-,Bauund Schulakten erwuchsen,erschwert es dem Nicht-Historiker ungemein, eine sinnvolle Ordnung zu finden. Daran schließt sich aber bereits die zweite Schwierigkeit. Die spezielle Problematik der Aufgaben, die der Priesterberuf mit sich bringt,hatzurFolge,daß eine Vermi schung von Privatkorrespondenz und Kanzlei entstehen kann. Eine klare Tren nung von Arbeit und Privatleben ist nicht immer möglich.Stirbtein solcher Pfarrer, wird oft vieles als Privatsache von den Erben verräumt, was eigentlich gesichtet und in die Kanzlei gehörte. Schließlich hört man immer wieder die Ansicht, daß eine bürokratisch gut ver waltete Pfarre schläft. Dahinter steckt eine geänderte seelsorgliche Auffassung sowie auch dasProblem desPriesterman gels. Ein Pfarrer macht heute oft die Ar beit von zwei Kaplänen mit und findetfür Ordnungsarbeiten einfach keine Zeit. Hier ergibt sich eine Chance für aktive Laien. Dadas Pfarrarchiv Eigentum der Pfarre ist, aus der es gewachsen ist, soll es nicht einfach eingezogen und zentralisiert wer den. Hier müssen alle zusammenhelfen. Das Diözesanarchiv bietet im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten einige Hilfen an. Es holt besonders gefährdete Archive und deponiert sie.Im Normalfall wird das Pfarrarchiv aber nur geordnet, mit einem Index versehen und wieder in die Pfarre zurückgeschickt.Ein Duplikat des Index verbleibt im Archiv. Das Di özesanarchiv vermittelt weiter Aktenkar tons zu günstigen Preisen, Filmolux an Stelle des leider so beliebten TIXO und bietet den Pfarrern die Möglichkeit, ihr Archivmaterial vorübergehend im Di özesanarchiv zu deponieren, um so das Problem der Archivbenützung in der Pfarre selbstzu lösen,wo etwaige Benützer oft schlecht überwacht werden kön nen. Abschließend kann gesagt werden: Kirchliche Archive sollten immer darauf bedacht sein, nicht in den Geruch von Schlamperei, Unfreundlichkeit und feh lender Hilfsbereitschaft zu kommen; er fahrungsgemäß wird gerade bei der Kir che ein Versäumnis im kleinen sehr oft generalisiert und auf die gesamte Institu tion übertragen und macht so unter Um ständen viel mühsame Aufbauarbeit zu nichte. Anmerkungen: Vgl. dazu: Walther Latzke, Das Archiv der Benediktinerabtei Unserer Lieben Frau zu den Schotten in Wien, S.291, in: Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs, Sonderdruck, 28/1975. "*■■ Vgl. dazu: Walther Latzke, a. a. O., Coelestin Roman Rapf, Das Schottenstift in der Reihe der Wiener Geschichtsbücher. "" Vgl. dazu; P. Klemens Wieser O. T., Das Zentralarchiv des Deutschen Ordens in Wien, in: Archivalische Zeitschrift. Sonderdruck aus dem 60. Band, hrsgg. von Otto Schottenloher, Döhlau 1964. Vgl. dazu: Ernst Tomek, Kirchenge schichte Österreichs, 1. Teil, S. 173f., Tyrolia 1935. " Vgl. zur Pfarrentwicklung: Rudolf Geyer, Handbuch der Wiener Matriken, Verlag des österr. Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde. Vgl. dazu; Oskar Vasella, Bischöfliche Ar chive in Chur, Archivalische Zeitschrift, Band 63, S. 59. Laut Aussage von P. Dr. Ceolestin Roman Rapf, Schottenstiftsarchivar. " Es ist anzunehmen, daß im Falle einer vor hersehbaren Gefahr, aber auch bei Brand und Verwüstungen zuerst die Matriken gerettet worden sind, wenn überhaupt eine Möglichkeit bestanden hatte. *' Mit sieben großen Kästen, 20 Aktenschach teln, Pfarr-, Gestions- und Armeninstitutspro tokollen, Predigt- und Verkündbüchern sowie einer beachtlichen Kirchenmusiksammlung und einem Gedenkbuch, beginnend mit dem Jahr 1764, ist das Pfarrarchiv von Hernais in vorbildlicher Verfassung. Im Stiftsarchiv befindet sich u. a.: ein ,,Ta gebuch der merkwürdigsten Ereignisse des Stif tes Schotten und der demselben inkorporierten Pfarren", unter P. Berthold Sengschmitt be gonnen. Diese Chronik stellt eine wichtige Er gänzung für die Geschichte der Schottenpfarre dar. Aus der Zeit vorher existieren drei Bände „Chronik des Benediktinerstiftes zu den Schot ten", in welchen einzelne Nachrichten aneinan dergereiht erscheinen, die teils das Stift, teils die Pfarren betreffen. Pfarrerlisten aus sämtlichen inkorporierten Pfarren finden sich ab der Mitte des 16. Jahrhunderts. Die Verbindung von Pfarre und Stift ist eng und beläßt im allgemei nen in der Pfarrkanzlei die Matriken und Beila gen, Verkündscheine u. ä.; die Messenstiftun gen der Pfarre wiederum befinden sich im Stiftsarchiv, ebenso wie die Stiftsbriefe für die Kirche. Auch die Stiftsbriefe der übrigen Schot tenpfarren befinden sich im Stiftsarchiv. Laut mündlicher Auskunft des Pfarrers Franz Wilfinger und ,,Gedenkbuch der Pfarre Wieden". Wiener Konsistorial-Kurrenden, Hirten brief des Fürsterzbischofs Vinzenz Eduard Milde vom 1. Dezember 1832, S. 177 f. 850 Jahre Kirche Gaaden Dr. P. Leopold Grill OClst „Unter'm Anninger liegt mein Heimatort Gaaden traut am Mödlingbach. Darum geb' ich dir d'rauf mein treues Wort, daß die Heimatlieb' in mir bleibt wach." Über die geschichtliche Entwicklung des Wienerwaldortes Gaaden am Möd lingbach entlang der Westseite des An ningergebirges sind nunmehr archäologi sche und durch kritische Untersuchun gen auf Grundlage schriftlicher Quellen dokumentierte Erkenntnisse vorhanden. Einst lag die Ortschaft im Grenzgebiet des römisch-keltischen Noricum gegen Pannonien. Doch durch Gräberfunde, haupt sächlich in Untergaaden, berühren wir noch früher die Siedlungsgeschichte, als nämlich die von den Römern als Illyrer bezeichneten Volksstämme Mitteleuropa besiedelten. In das Rampenlicht doku mentierter Geschichte, in deren Ablauf wir durch Nennung von Persönlichkeiten Einblick gewinnen, tritt Gaaden unter dem Landesfürsten Leopold III. aus dem Hause der Babenberger, der nach dem großen Sieg über die Ungarn im Jahre 1108 seine Residenz in Klostemeuburg festlegte. Noch fast bis in unsere Zeit herein wußte man, daß die Rotte Anningerforst am rechten Ufer des Mödlingbaches ent lang des Anningergebirgszuges weit hin aus in die Bmlil zu Gaaden gehörte. In un seren Ohren klingen immer noch die Worte nach: ,,Die Brühl, so schön wie die Schweiz / g'hört mein wie Gaad'n bis Hei ligenkreuz!" Dies galtnoch vor 850 Jahren in des Wortes voller Bedeutung für Udalrich von Stiefem, Gründer von Gaaden und seiner Kirche, unter der glorreichen Regierung Markgraf Leopolds des Heili gen. Gerade mit dem Entstehen des Got teshauses zu Ehren des Apostels Jacobus des Alteren gelangt nämlich sein Name als vom Landesfürsten zu Gaaden eingesetz ter Forstmeister zu unserer Kenntnis. Das darüber ausgestellte Schriftstück lautet in Form einer einfachen Traditionsnotiz: „Es mögen nun die Christgläubigen wissen, daß Herr Udalrich von Stiefern über den Altar der heiligen Jungfrau Maria (zu Klo stemeuburg) zu seinem Seelenheile sein ganzes Gut, das er im Orte Loibersdorf hatte, im Austausch für die Dotierung der Gaadener Kirche (ecclesie Gademensis) übergab. Zeugen sind: Leopold, der Sohn des Markgrafen. Ernst, genannt der Jude. Hadmar und sein Bruder Adalbero. Hein rich. Herbord. Gerung." Es ist das Stück Nr. 100 im Traditionsbuch des ehemali gen Kollegiatsstiftes zu Klosterneuburg. Die Gründung von Gaaden und seiner Kirche steht in engstem Zusammenhang mit der Besiedlung und Erschließung des Ostteiles von Niederösterreich durch die Babenberger. Als Markgraf Leopold III. deren Residenz von Melk an der Donau und Gars am Kamp nach Klosterneuburg zum Steilabfall des Wienerwaldes zur Do nau vorgeschoben hatte, setzte er seinen treuen Gefolgsmann (Ministerialen) Udal rich von Stiefern am Kamp zum erstbe kannten Forstmeister im Wienerwald an der inneren Festungslinie gegen die stän dig drohenden Einfälle vom Osten her ein. Neben seinem befestigten Wohnturm oder Gaden ließ dieser bald ein sclüichtes romanisches Gotteshaus unter dem Titel des hl. Pilger- und Kreuzzugpatrones, des älteren Apostels Jacobus, für seine Krie ger und Bauern errichten. Die Bewilli gung eines derartigen Sakralbaues erfor derte aber eine Ausstattung, genannt „dos", mit Gmndeinkünften. Diese ver-

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