waltig anwachsenden Industrie und des Zustromes der Menschen,dem Bedarfan neuen Kirchenbauten nachzukommen, nichtgewachsen.Esläßtsich in derFolge ein Kranz von Pfarren erkennen,Breiten feld 1898, St. Johann X.,1876, Breitensee 1899, Rudolfsheim 1898 usw., die in den letzten 20 Jahren des 19. Jahrhunderts er richtet wurden.In der Zeitzwischen bzw. nach dem Zweiten Weltkrieg entstand eine Reihe von Notkirchen bzw. Barak kenkirchen, die später durch feste Kir chenbauten ersetzt wurden. Unter diesem Gesichtspunktsollen nun auch noch die Pfarrarchive betrachtet werden. Der schriftliche Niederschlag zwischen Pfarre und Konsistorium bzw. Ordinariat findet sich im Diözesanarchiv in 1620 Kartons.Davon entfallen 1300 auf Land- und 320 auf Stadtpfarren. In der Regel in der Mitte des 16. Jahrhunderts beginnend, präsentiert sich derInhalt der Pfarrakten meist wirtschaftlicher und rechtlicher Natur: Abrechnungen der Zechmeister, Kirchenrechnungen und Inventare. Bezieht sich der Inhalt der Korrespon denz mit dem Bischofshofin erster Linie auf organisatorische Belange, so geben die in den Pfarren selbst aufbewahrten Dokumente, soweit erhalten, mitunter lebhaften Einblick in das pfarrliche Le ben. Was kann man nun mit gutem Recht in einem durchschnittlich versorgten Pfarr archiv erwarten? Wassind die Gründe da für,daß man oft viel weniger vorfindet,als man erwarten könnte? Dazu stellt sich die Frage,wie weit eine planvolle Archivierung in den Pfarren in älterer Zeit überhaupt beabsichtigt war; und wennja,in welcher Hinsicht? Gerade die Bestände von geistlichen Archiven beweisen, daß zwar die Rechtstitel und Privilegien mit besonderer Sorgfalt auf bewahrt wurden, weit seltener dagegen jene Akten und Urkunden, die uns über das innere Leben Aufschluß geben wür den.Entscheidend für die Aufbewahrung war immer das rechtliche und nicht das historische Moment""*. Ein Pfarrer wird seine Stiftungsurkun den aufbewahren,weil diese für seine und seiner Kirche Existenz wichtig waren, seine Inventare und Rechnungen sowie Unterlagen über Pfarrbesitz,wie Weingär ten und Wald. Im allgemeinen verloren hingegen Personalakten relativ rasch ih ren Wertund warensomitdie ersten Opfer von Räumungsarbeiten. Die drei Stadtpfarren, grundsätzlich von den Verwüstungen der Türken weni ger beeinträchtigt, befanden sich in einer besonderen Situation. Bei St. Stephan, welches heute in der Pfarre selbst kaum alte Akten besitzt, ergibt sich auf Grund der engen Verbindung von Dom- und Pfarrkirche,vor allem aber aufGrund von Dorsualvermerken aufeindeutigen Pfarr akten, die sich im Diözesanarchiv befin den, die sichere Vermutung,daß die Ak ten der Dompfarre immer im Bischofshof aufbewahrt wurden. Das Diözesanarchiv besitzt 17 Kartons Pfarrakten aus St. Ste phan,beginnend mitdem Jahr 1488.Auch das Archiv des Domkapitelssowie dasAr chiv des Kirchenmeisteramtes, letzleres erst seit Beginn des 19. Jahrhunderts,lie fern ergänzendes Aktenmaterial. Das Ar chiv der Dombauhütte ist beim Brand des Domes verlorengegangen. Die insgesamt 500 Matrikenbände, beginnend Mitte des 16. Jahrhunderts,befinden sich vollzählig in der Pfarrkanzlei. Ähnlich verhält es sich bei den beiden anderen Stadtpfarren,auch hier sind alte Matrikenbestände erhalten.Die Verflech tung von Pfarre und Kloster tritt beson ders in der Schottenpfarre hervor,Benefizien und die gesamten Stiftungssachen befinden sich im Stiftsarchiv""**. Die alten Pfarrkirchen im Vorstadtgür tel hatten vor allem unter den beiden Tür keneinfällen züleiden. An Hand der Ma trikenbücher, die sich ja in jeder Pfarre befunden haben müssen,können wir den Grad der Verwüstung erkennen. Von we nigen Ausnahmen abgesehen (St. Ulrich, Altottakring, Leopoldau und da nur la genweise) haben sich vor 1683 keine Ma triken erhalten und daher sicherlich auch keine sonstigen Archivalien-'". Ab dieser Zeit verhält sich die Quellen lage den Umständen,in welchen sich die einzelne Pfarre befand,entsprechend ver schieden:so hat sich z. B.in Hemals,das seit 1625 dem Domkapitel gehörte, relativ viel erhalten^'.Bezüglich der Anfänge des Prozessionswesens zum Hl. Grab bietet das Diözesanarchiv sowohl mitseinen äl teren Pfarrfaszikeln,als auch mit den ent sprechenden Domkapitel-Beständen eine gute Ergänzung. Grundsätzlich lassen sich die alten Pfar ren weiter in Bistumspfarren und den großen Stiften inkorporierte Pfarren ein teilen. Für die ersten findet sich unter Umständen eine Ergänzung ihrer verlore nen Quellen im Diözesanarchiv selbst.In korporierte Pfarren sind in einer ähnlich günstigen Lage.Für den heutigen Wiener Bereich sei das Schottenstift als Beispiel herangezogen.In seinem Archiv verwahrt es Material seiner inkorporierten Stadt pfarren St. Ulrich(seit 1302),Gumpendorf (1571) und Stammersdorf(1488) in Form von Stiftungen, Personalakten und ab dem 16. Jahrhundert vollständigen Pfar rerlisten.Auch berichtet die Stiftschronik immer wieder aus den Pfarren®^. Ahnlich verhält es sich wohl mit Klostemeuburg in bezug aufden Norden und Nordosten Wiens. Bei den josephinischen Gründungen steht die reichere Quellenlage und vor al lem die beginnende systematische Füh rung der Pfarrchroniken Anfang des 19. Jahrhunderts im Vordergrund. Oft spie len auch die Gründungsumstände eine nicht zu unterschätzende Rolle:so wurde die Chronik der Paulanerpfarre auf der Wieden im Jahr 1810 von einem aus St. Stephan kommenden Pfarrer in echt josephinischerGesinnungundziemlichvon sich selbst eingenommen, recht ausführ lich nachgeholt und greift auch auf die Geschichte des Klosters zurück"".War die Ubergabe mit Schwierigkeiten verbun den, so kam dieser Umstand mitunter ebenfalls der Chronik zugute.So schrieb der erste Pfarrer von St. Josef auf der Laimgrube infolge Streitigkeiten mit den Karmeliten sehr viele wichtige Akten in dieChronikhinein,vielleichtzurVerdeut lichung seiner Position. Ordenspfarren, wie die Pfarre Roßau,die seit 300 Jahren von den Servilen betreut wird,die Karls kirche,die seit 1733in derVerwaltung der Kreuzherren steht, oder die Piaristen, die im Jahr 1717 die Pfarre Maria Treu über nahmen,führen sehr oft Pfarr- und Klo sterchronik in einem und verwalten die Archive gemeinsam, was diesen in der Regel sehr zugute kommt.Leider gibt es auch Fälle, wo die vorhandene Chronik Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt, der vorhergehende Band noch gesehen wur de, aber jetzt verschollen ist., Oder es wurde ein Band der Chronik hergeborgt und ist im Nachlaß des inzwischen ver storbenen Entleihers nicht mehr aufzu finden. Die Pfarren des 19. und 20. Jahrhun derts müßten, sofern in den Kriegen nichts verlorenging, ein entsprechend komplettes Archiv aufweisen. Aber letzt lich kommtes auch hier aufdas persönli che Interesse des Pfarrers an.Immer wie der sind krasse Fälle von Unverständnis zu überwinden. Denn wie bei allem, was einen besonderen Einsatz verlangt, hängt auch die Betreuung des Archivs durch den Pfarrer von verschiedenen Voraus setzungen ab. Der Matriken hat sich das Konzil von Trient angenommen, was Ar chiv und Chronik betrifft, wurde von offi zieller Seiteschonin derZeitderPassauer Verwaltung auf einschlägige Probleme hingewiesen. Regelmäßig wiederkeh rende Instruktionen, vor allem die Ge denkbücher betreffend,basierenzum Teil wörtlich auf einem Hirtenschreiben Vin zenz Eduard Mildes aus dem Jahr 1832, das er im Anschluß an seine Visitations reise durch 102 Pfarren erließ. Hier heißt es:„...da die Mühe,dasjenige,was sich in einer Pfarre von Wichtigkeit ereignet, jährlich aufzuzeichnen, sehr klein, und derErfolgin späteren Zeiten doch sehrin teressant und wichtig ist: so erwarte ich von dem Eifer der Pfarrer für alles Gute, von ihrer Sorgfalt für die Nachfolger,von dem Wunsche, auch für die Zukunft zu wirken,... daß alle Seelsorger diese Bü cher, wo sie mangeln,sogleich anfangen und wo dieselben vorhanden sind, fleißig fortsetzen"." Goldene Worte, die im mer wieder zitiert werden. Und dennoch kommtesimmer wiederzu großen Verlu sten und immer wieder hört man Aben teuerliches über mehr oder weniger origi nelle Aufbewahrungsorte von Pfarrarchi ven. Sieht man von ganz einfacher Schlamperei ab,so kommenim Gespräch mit Pfarrern immer wieder dieselben Gründe zum Vorschein: da seine Ausbil dung ja primär in eine andere Richtung zielte, hängt die ordentliche Weiterfüh rung eines geordneten Archivs bereits vom historischen Verständnis und vom persönlichen Einsatz des einzelnen Geist lichen ab. Nun übernimmt aber ein Pfar rer bei seinem Amtsantritt- leider muß man fast sagen-in der Regel-ein unge ordnetesArchiv,hatam Beginn seinerTätigkeit so viel tatsächlich Wichtigeres zu tun,als sich um das Archiv zu kümmern, und so bleibt das übernommene Akten material eben liegen. Der durchschnittli che Umfang eines Pfarrarchives beträgt 5-20 Aktenkartons, abgesehen von Pro
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