Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Heiligenverehrung in der Landschaft zwischen Schmida und Göllersbach St. Barbara Möns.Karl Keck Zu wenigen Heiligen Gottes hat seit altersher das christliche Volk mehr Ver trauen als zur hl. Jungfrau Barbara, der Fürbitterin bei aller Not; seit dem 14. Jahrhundertist sie daher mitden Heiligen Katharina und Margareta unter die 14 Nothelfer aufgenommen. Von ihrer Be liebtheit zeigen die vielen „Wetterln" und der alte Vers; St. Barbara mit dem Kandl, Margareta mit dem Fahndl und Katharina mit dem Radi sind die schönsten drei Madl. St.Barbara ist um 306den Martertod ge storben: der eigene Vater, dem die vom Gerichte verhängten Quälereien zu wenig waren undzulangsam vorsich gingen,hat ihr den Kopf abgeschlagen. Ihr heiliger Leib ist von Nikomedien über Konstantinopel und Venedig nach TorcelJo bei Ve nedig gebracht worden. St. Barbara gilt wegen des Turmes, in dem ihr Vater sie zuerst gesperrt hat, als Patronin der Bau meister,Maurer,Zimmerleute und Dach decker. Aber auch als Patronin der Berg knappen, die so oft in Todesgefahr schweben,und überhauptderSterbenden wird sie verehrt. Leider gerät das uralte" Gebet: St. Barbara, du edle Braut, Leib und Seel sei dir vertraut sowohl im Leben als im Tod. Komm mir zu Hilfe in letzter Not, hilf mir, daß ich vor meinem End, empfang das hl. Sakrament, immer mehr in Vergessenheit und wird das Sinnbild in der Hand der hl. Nothelfe rin: Kelch und hl. Hostie,unverständlich. Am Barbaratage wässert man Kirschen zweige ein.stellt sie ins Zimmer und war tet, daß sie zu Weihnachten blühen. In unserer Landschaft treffen wir zwei Barbarakirchen an, Maisbierbaum und Pettendorf. Maisbierbaum schied vor 1356 aus dem Pfarrverbande mit Nieder hollabrunn aus und erhielt in diesem Jahre durch die Fürsorge der „Gemain" auch eine Frühmesse. Aus der Stiftungs urkunde erfahren wir,daß das Gotteshaus der Muttergottes geweiht ist. Vor 1673 entsteht ein St.-Barbara-Benefizium,1686 hören wir im Visitationsberichte, daß in der Pfarrkirche ein Barbara-Hochaltar und ein Barbara-Seitenaltar stehen; die Muttergotteskirche ist zu einem Barba ra-Gotteshaus geworden. Spät entsteht die Barbara-Kirche in Pettendorf infolge eines in der Pestzeit abgelegten Gelübdes; denn das Bild des Hochaltars zeigt die Gottesmutter mit dem Jesukinde, einer der sie umschwe benden Engel hältihrein Bild mitdem To tenkopf entgegen und zu Füßen stehen die Pestheiligen Sebastianus und Rochus. 1692 schenkt der Graf Philipp Christoph Breuner,Inhaber der Herrschaft Neu-Aigen und damit Grundherr des größeren Teiles von Pettendorf,den Platzzwischen dem Pranger und der Gemainschwemme und 1693 wird die Kapelle gebaut: am Barbaratag zelebriert Dechant Otzenas seck von Stockerau die erste hl. Messe im Dorfkirchlein. 1698 aber klagt Hausleiten, dem die Verrichtung der vier Jahresmes sen (zu Barbara, Flcriani, am 6. Sonntag nach Ostern und am Sonntage nach Aegidi)oblag,daß Franziskaner aus Stockerau und Kapuziner aus Tulln widerrechtlich an Sonn- und Feiertagen zelebrieren. In wenigen Jahren bringt die Kapelle die fäl lige Inneneinrichtung, die Gerätschaften und Kleider zusammen.Die Spender wa ren die Gräfinnen Maria Josefa Mollart und Barbara Hardegg, die Bürger des Marktes, Einwohner der umliegenden Orte Eggendorf, Gaisruck (dort u.a. eine nur die „Bläsl" genannte Frau), Goldge ben, Seitzersdorf, Sierndorf, Stamwört, Stetteldorf,Stockerau,Tiefental und Zaina, und in Wien wohlhabend gewordene Kinder Pettendorfs, aber auch das arme Inleutekind M.A.Krantzl,das von seinem Lidlohn 8 Gulden für ein rotdamastenes Muttergotteskleid aufbringt. 1704 werden die Kirchensachen wegeri des Türken „lärmen"vermauert.Am Markustage 1762 brennen 50 Häuser und von der Kapelle Turm und Dach nieder, verdirbt die Uhr und zerschmelzen dieGlocken.Der Markt ist arm geworden,und so geht man in die Pointnermühle und der Schulmeister reist nach Wien zum großen Wohltäter Michl Wisspauer, einem Pettendorfer Mantelkinde (Findling?). Nun erhält die Kapelle ein Ziegeldach,Uhrund Glocken, wird die Orgel(Geschenk des Gaisrucker Wirtes, Berhard Munsch; sein Grabstein ist in Hausleiten noch erhalten)repariert und manche Verschönerung geschaffen. 1784 hofft und arbeitetman,daß der Markt eine Pfarre werde. 1836 bringt man aus Znaim eine neue Orgel,1839 stellt man ei nen Tabernakel auf und hängt den aus Wien gespendeten Kreuzweg ins Kirch lein. 1848 versuchten die Pettendorfer mit Hilfe der Nationalgarde und der Akade mischen Legion,zu einer Pfarre zu kom men; doch scheiterte auch 1856 der Ver such,weil man nurfür ein Pfarrhaus,aber nicht für die jährliche Besoldung des Lokalkaplanes per 350 Gulden und die Er haltung des Gotteshauses sorgen will. 1880 darf das Allerheiligste in der Kapelle aufbewahrt werden,1913 kommtder pen sionierte Pfarrer, JosefBeck aus Bensen, als Messeleser hierher, 1936 erstellt Mei ster Molzer aus Wien eine schöne Orgel und 1940 wird Pettendorf ein eigenes Vikariat, dem nun Hochw. Emil Hübsch vorsteht. In der Kapelle stehen außer dem Hoch altar von 1696, der in der Bekrönung ein Bild der hl. Barbara hat und von den fast lebensgroßen Statuen der hl. Barbara und Katharina flankiert wird, links derjierzJesu-Altar (1695 als Muttergottesaltar er baut)und rechts der 1765 genannte Joseflaltar. Das Bild der „Schwarzen Mutter" von Loretto aus 1695, einstmals mit „Crönl" (Krone), „Paröckl" (Perücke), kostbaren Kleidern und einer Ampel ge ziert, und das bereits 1701 vorhandene Vesperbild, welches das Lorettobild abgelöst hat, sind nicht mehr in der Kapelle. Der Barbaratag wurde immer hoch be gangen. Franziskaner aus Stockerau brachten die Pettendorfer durch die Beichtabnahmein froheFestesstimmung, wofür sie ein oder ein halbes Achtel Schmalz und die Zehrung(meist Fischge richte) erhielten. Ein Geistlicher aus Hausleiten predigte und der Dechant von dort hielt, assistiert von Priestern der Umgebiang, das Amt. Ein solennes Mahl auf mehreren Tischen vereinigte die Geistlichen, Schulmeister und Kirchen väter zum fröhlichen Mahle,das von der Marktrichterin bereitet wurde.Da gab es 1708 Rind-, Kalb- und Schweinefleisch, Flecke, Bratwürste, Wildbret, Hennen, Kapaune,Schnecken(1717 waren es 100), ^ dazu Reis, Sellerie-, roter Rüben- und Endiviensalat, sowie Rettich, Mehlspeisen und je '/z Eimer alten und heurigen Wein. 1715 betrugen die Kosten 26 fl. 15 Kreuzer. Kein Wunder,daß dann von oben geboten wird, nicht mehr als 14 fl. auszugeben. Noch 1801 besaß die Kapelle 12Zinn- und 6 Holzteller, dazu 5 Zinnfaßl. Übrigens war die Abnehmung der Kapellenrechnung ein ähnliches Fest. 1794 werden die Teilnehmer auf5 beschränkt ä 30 Kreuzer (= 1/2 Gulden); das war immer noch ein schönes „Leditzl"(so 1793,1795 und 1798 genannt)! Mit der Erbauung der Barbara-Kapelle 1693 machten die Pottendorfer unbewußt das Trio der Gotteshäuser zu Ehren der „Drei schönsten Madin" in der Umge bung für kurze Zeit voll.Im 13. Jahrhun dert war im nahen Ober-Rußbach zu Eh ren der Drachenbesiegerin St. Margareta das heute noch bestehende Kirchlein ent standen und im 15.Jahrhunderthatten die Stetteldorfer im Markte sich die Katha- ^ rinen-Kapelle erbaut, weil ihnen ihre Pfarrkirche St. Nikolaus zu weit entfernt war. Als 1716 die neue Johann-BaptistKirche an die Stelle der Katharinen-Ka pelle getreten war, wurden 1726 ein Ka tharinen- und auch ein Barbara-Altar, beide mit Bildern des Johann Georg Schmidt geschmückt,geweiht. Die drei schönsten Madin treffen wir auch aufdem Seitenaltarin Sierndorf,der um 1520 für die Kirche geschaffen, aber 1724 aus ihr entfernt und 1939 wieder hin eingestellt worden ist. Seitenaltäre zu Ehren der hl. Barbara gab es 1686 in Groß-Mugl, Herzogbier baum, Höbersdorf und Rohrbach bei Groß-Weikersdorf. In die um 1580 als pro testantische Gegenkirche erbaute Schloßkapelle zu Wolfpassing spendete die Familie Hardegg 1849 ein Barbarabild und benannte diese hl. Kreu2dcapelle nach der Heiligen. Unter dem Schütze dieser Heiligen standen bis zur Aufhebung unter Josef II. die Bruderschaft zu Höbers dorf und Maisbierbaum. Diözesanarchiv, Fasziel Maisbierbaum. 38

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