Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

ohne Inanspruchnahme der Mittel der Hofmusikkapelle-beibehalten wird. Der geschäftsführende Leiter: Mischk (?). Beide Schreiben maschingeschrieben. Originale. Nachlaß: Weißenhofer. Dr.F.L. Problem Freimaurer 1949 Hofrat Bernhard Scheichelbauer Wien I Himmelpfortgasse Nr.7 Wien,am 15. März 1949 Sr. Eminenz dem hw.Kardinal-Erzbischof Dr.Theodor Innitzer Wien I Euere Eminenz! Die liebenswürdige Aufnahme und das große Verständnis, die ich beide im ver gangenen Sommer bei Euerer Eminenzin Hofgastein gefunden habe, veranlaßten mich. Eurer Eminenz vor kurzem die Festschrift der Großloge von Wien zu übersenden in dem Bestreben,durch wei tere Aufklärung zur Besserung der Atmo sphärezwischen Kircheund Freimaurerei beizutragen, soweit dies unter Festhal tung der prinzipiellen Standpunkte mög lich ist. Daß Euere Eminenz telefonisch für das Buch dankten, hat mich in der Hoffnung bestärkt, diesem Ziel näherzu kommen. Nun schreibt in der „Furche" vom 5. März 1. J. Frau Anna Louise Matzka über gnostisches Sektenunwesen u. a. „Theo sophie und Anthroposophie aber und mit ihnen ihre christlich getarnten Ableger, die .liberal-katholische Kirche' einerseits und die .Christengemeinde' anderseits, sind freimaurerisch ausgerichtete Ge sellschaften,die durch ihren falschen Spi ritualismus eine Plattform für den Abfall vom christlichen Glauben schaffen." Da die Erörterung religiöser Fragen in der Loge grundsätzlich verboten ist und das uns leitende Prinzip der Toleranz eine Einflußnahme auf das religiöse Bekennt nis unserer Mitglieder völlig ausschließtwie wäre es sonst möglich, Katholiken, Protestanten, Juden, Mohammedaner usw.in brüderlicher Liebe zusammenzu halten!-,geht die Bezeichnung „freimau rerisch ausgerichtet" vollkommen in die Irre. Man möge doch endlich begreifen, daß wir keine „Sekte" sind,sondern eine ethisch-philosophische Gesellschaft, die allerdings im „Allmächtigen Baumeister aller Welten" ihr höchstes Symbol sieht, wasdoch nicht Gegenstand einesVorwur fes bilden kann. Ich werde auch Frau Matzka ein Exemplar unserer Festschrift zugehen lassen, damit sie sich über das Wesen der Freimaurerei besser orientie ren kann. Es wäre nicht nötig gewesen,EureEminenz mit diesem Aufsatz zu befassen, wenn er nicht in der zeitlichen Folge mit den Ausführungen des Herrn Universi tätsprofessors DDr. Franz Arnold über „Das katholische Ehegesetz" im „Kir chenblatt" als einem der Diözese unmit telbar unterstehenden Organ zusammen gefallen wäre. Dort ist folgender Satz zu lesen:,,Von der Kirche verurteilte Gesell schaften sind die Freimaurerlogen und andere Gesellschaften gleicher Art,deren Zweck es ist, die Kirche und die recht mäßige Staatsgewalt zu unterwühlen." Das ist mit Eurer Eminenz Erlaubnis ein übler Rückfall in den Ton der antifreimaurerischen Pamphlete des 18. und 19. Jahrhunderts, noch dazu unter Anwen dung der überaus anfechtbaren Methode desungenau bezogenen Relativsatzes,die dem Kränker der Ehre gestattet, sich in Ausreden zu flüchten, wenn er gefaßt werden soll. Danach steht zu erwarten, daß die Ammenmärchen vom Teufel Bitru und vom Fürstenmord demnächst fröhliche Urständ feiern werden, was ich im Interesse des Ansehens der Kirche lie ber doch nicht hoffen möchte.Daß Derar tiges die Billigung Eurer Eminenz finden könnte,erscheint mir unvorstellbar. Wasden VorwurfderUnterwühlungder Kirche betrifft,habeich mich in Wortund Schrift bemüht,klarzulegen,daß dieLoge keine antikirchliche Institution ist, son dern eine akirchliche. Wir anerkennen durchaus das Recht der Kirche, vom Standpunkt ihrer Sendung aus an uns Kritik zu üben.Die absolute Toleranz,auf der wir stehen,mag in diesem Sinne man che von uns als laue Christen erscheinen lassen und einen kirchlichen Tadel recht fertigen,obwohl wir hoffen,durch unsere humanitäre und karitative Haltung im Leben den Forderungen der christlichen Ethik nicht weniger nachzukommen als Nichtfreimaurer. Die Behauptung aber, unserZweck sei„die Kirchezu unterwüh len",muß ich alsGroßmeisterderLogeals völlig unwahr zurückweisen. Wir tun nichts,wasauch nurim entferntesten eine derartige Auslegung rechtfertigen könn te. Handelt es sich in diesem Teil der Be schuldigungen noch um eine Materie,die dem Urteil der Kirche untersteht,so geht der folgende-Unterwühlung der „recht mäßigen Staatsgewalt"- zweifellos dar über hinaus. Die Rechtmäßigkeit der Staatsgewalt pflegen in den modernen Staaten die Parlamente zu beurteilen. Und die Logen gehören in Österreich seit dem Jahre 1918 wieder zu den zugelasse nen Einrichtungen, die dem Schutz und der Aufsicht des Vereinsgesetzes unter stehen. Es geht daher nicht an, den Frei maurern pauschalier den Vorwurf des Hochverrates zu machen. Die Kirche hat selbst schon genug unter Pauschalver dächtigungen gelitten, um den Abscheu vor solchen mit uns zu teilen. Selbstver ständlich weisen wir auch den Vorwurf der Unterwühlung der rechtmäßigen Staatsgewalt auf das Allerschärfste zu rück, der unter den gegebenen Verhält nissen vor einem geradezu grotesken Un verstand Zeugnis gibt. Ich verweise in diesem Zusammenhang darauf, daß z. B.in den Regierungen der westlichen Alliierten von den Staatsober häuptern angefangen über aktive und ge wesene Ministerpräsidenten und Kabi nettsmitglieder bis zu den höchsten mili tärischen und zivilen Stellen Freimaurer für die Erhaltung der abendländischen Kultur und ihrer Einrichtungen,zu denen offenbar auch die „rechtmäßigen Staats gewalten" gehören, die aktivsten Kämp fer sind. Und was kann uns Herr Dr. Ar nold in Osterreich vorwerfen? Vielleicht daß wir von den Naziszusammen mitden Dienern der Kirche wegen unserer pro österreichischen Haltung in den Kerker geworfen worden sind und von den Kommunisten als Todfeinde betrachtet werden? Euere Eminenz wollen verzeihen,wenn ich heftig geworden bin. Aber es ist doch unglaublich, daß in der heutigen Situa tion, die doch wahrhaftig brennendere Probleme zeigt als den alten Zwist zwi schen Kirche und Freimaurern,derartige unwahre und unbeweisbare Anschuldi gungen mit so erschreckender Leichtfer tigkeit erhoben werden. Ich bitte Eure Eminenz im Sinne der Besprechung in Hofgastein, diesen Entgleisungen im wohlverstandenen Interesse der Wahrung jener der Menschheit heiligen Güter, die sowohl der Kirche wie uns am Herzen lie gen, ein Augenmerk zuzuwenden. Wir könnten aufdie Dauer nicht dazu schwei gen, Jederzeit auf Wunsch zu weiteren Auf klärungen bereit bin ich mit dem Aus druck der Ehrerbietung Euerer Eminenz ergebener Scheichelbauer Nachlaß Fried, Original Kardinal PiffI an der Hoftafel Tischkarte: Seine Eminenz Herr Kardinal PIFFL wird ersucht Sich bei der Tafel zur LINKEN Seiner k. u. k. Hoheit des durch]. Herrn Erzherzogs Franz Ferdinand zu setzen. Handgeschriebenes Billet. DAW,Bischofsakten,Piffl. Zum Katholiken tag 1923 Ew.Eminenz Rom,den 6. Juli 1923. Hochwürdigster Herr Kardinal! In meiner gestrigen Audienzsprach der Heilige Vater (Pius XI.) seine größte Freude über den glänzenden Verlauf des Wiener Katholikentages aus und er wähnte dabei mit besonderer Anerken nung die herrliche Rede Euerer Eminenz. Ich möchte nicht verfehlen, dies zu mel den und verbleibe in größter Verehrung Euer Eminenz ganz ergebenster Pastor. DAW,Bischofsakten,Piffl. Maschingeschrieben. 30

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