gelangt seien,wie z.B.derzeit Erzbischof Eder von Salzburg.Da Gangibauer Ange hörigerder WienerKirchenprovinzund in dieser der Diözese Linz sei, könne man seine Vertrautheit mit den Verhältnissen annehmen. 1877 sei ihm das Komturkreuz des Franz-Josef-Ordens verliehen worden.Er sei lebenslängliches Mitglied des Herren hauses,„in welcher Eigenschafter durch aus jene versöhnliche und vermittelnde politische Haltung bewährt hat, in der auch Kard. Kutschker seine Aufgabe in dieser hohen Versammlungerblickt hat*®". Bemerkenswert ist an diesem Vortrag, daß mitkeinem Wortder berühmteTrink spruch auf den Kaiser erwähnt wird,den Gangibauer anläßlich des Jubiläums am 18. August 1877, also an des Kaisers Ge burtstag,ausgebracht hatte"". Natürlich war der Kaiser schon über al les informiert. Es wundert uns nicht,daß er bereits am 23. März mit allerhöchster Entschließung den AbtdesBenediktiner stiftes Kremsmünster,P. Cölestin Gangi bauer,zum Fürsterzbischof von Wien er nannte, wie der Cultusminister noch am gleichen Tag pflichtgemäß mit der Bitte um weitere Veranlassung an den Minister des kaiserlichen Hausesund desÄußeren sowie Vorsitzenden im gemeinsamen Mi nisterrat,Heinrich Freiherrn v.Haymerle, berichtete". Am selben 23. März war Gangibauer schon bei MinisterConrad und stürzte bei dieser Gelegenheit über die Stiege,so daß die Strecksehne seines linken Beines oberhalb der Kniescheibe riß®'. Ein Sturz,der der Gegenseite-wir wer den diese gleich vorstellen - durchaus nicht ungelegen kam. Später bemerkte Kardinalstaatssekretär Lodovico Jacobi ni, der 1874-1879 Nuntius in Wien gewe sen war®^, gegenüber dem österreichi schen Geschäftsträger beim Vatikan,Ho norar-Legationssekretär Carl Ritter von Heidler-Egeregg®®, in ironischer Weise, Monsignore Gangibauers Verkehr mit dem Cultusministerium möge keinen sol chen „Fall" mehr zur Folge haben®*. Zunächstsah esso aus,als ob trotzdem die Sache ihren normalen Lauf nehmen würde.Am 25.schon verständigte der Au ßenminister den päpstlichen Nuntius Vannutelli.Im Brief, der in französischer Sprache abgefaßt war, heißt es, daß der Kaiser dem Papst für den erzbischöfUchen Stuhl in Wign den Abt von Krems münster „compte pfesenter". Er bat um möglichst baldige Mitteilung, ob diese „presentation" durch Seine Heiligkeit gnädig aufgenommen werde®®. Sechs Tage später wurde der Botschafter beim Vatikan, Ludwig Graf Paar®®, vom Au ßenminister durch ein chiffriertes Tele gramm überdieVorgängeinsBild gesetzt. Der Nuntius sei „in hergebrachter Weise" verständigt worden. Gangibauer, der als Seiner Majestät treu ergeben geschildert wird, erscheine als die geeignete Persön lichkeit. Es solle dahin gewirkt werden, daß der Papst nicht gegen Gangibauer „präveniert" und eventuelles Zögern be seitigt werde. Vannutelli scheine, „wie man sagt", selbst ganz geneigt zu sein®'. Doch in der Einschätzung des Nuntius täuschte man sich in Wien. Dies wurde im Antworttelegramm des Botschafters vom 7. April erkennbar. Er habefürGanglbauer hier keine besondere Geneigtheit gefunden.Das Bedenken des Heiligen Vaters sei, daß in den Reichs hauptstädten gewöhnlich Männer ge wählt würden,die bereits große Diözesen geleitet hätten. Der Abt eines Klosters dürfte also vielleicht nicht die so nötige Erfahrung mitbringen. Er hoffe jedoch, das Zögern durch fortgesetzte Geltendmachung der entgegenstehenden über wiegenden Argumente baldigst überwin den zu können®®. Der darüberinformierte Cultusminister veranlaßte nun den Außenminister dazu, neuerdings an die österreichische Bot schaft beim Vatikan zu schreiben. Dies geschah noch am Karfreitag (15. April). Der Cultusminister vermöge die Beden ken Seiner Heiligkeit gegen den vom Kai ser ernannten Gangibauer um so weniger zu teilen, als keine geeignetere Persön lichkeit für den erzbischöflichen Stuhlzu finden sei. „Ich ersuche, auftauchende Schwierigkeiten zu beseitigen und dahin zu wirken, daß die Zustimmung seiner Heiligkeit zur Präsentation baldigst hieher gelangt."®® Gangibauer mußte inzwischen das Bett hüten.Er verbrachte im Kremsmünsterer Stiftshof(Wien I, Annagasse 4)einen Mo nat. Während dieser Zeit sprach er wie derholt den Gedanken aus,der Unfall sei vielleicht eine Fügung der göttlichen Vor sehung, die ihn von seinem neuen Amt entheben wolle".Man darfdem frommen Abtseine Äußerungen in dieser Richtung durchausglauben.Er hatjaauch den neu erwählten Abt von den Schotten in Wien, Ernest Hauswirth®',gebeten,er mögesei nen alten Studienkollegen Feldbischof Gruscha doch bitten, er solle den Ableh nungsentschluß noch zurücknehmen. Dieser gab diese Bitte an Binderzu einem Zeitpunkt weiter,zu dem er nicht wußte, „wie weit die Angelegenheit offiziell be reits gediehen ist."®' Am 25. April konnte Abt Gangibauer mit der fünf Tage zuvor eröffneten, damals vorläufig bis Krems münster geführten Kremstalbahn®® in sein Stift zurückkehren®*. Inzwischen glaubte Österreich-Ungarns Botschafter beim Vatikan, „die Schlacht um Wien" bereits gewonnen zu haben.In einem mitunteretwaserregtverlaufenden Gespräch mit Jacobini waren die Beden ken gegen Gangibauer deutlich gewor den. Dieser sei ein Mann,der sein Leben im Kloster verbracht und noch keine Di özese verwaltet habe. Auch sein Alter(64 Jahre)sowie der Umstand,daß der Kan didat für die so schwierige Leitung einer Diözese wieebenjene der Haupt- und Re sidenzstadt eine noch zu wenig bekannte Persönlichkeit sei, wurden gegen ihn ins Treffen geführt. Der Botschafter entkräf tete die Einwände mit dem Hinweis,daß der Wirkungskreis des Abtes eines so be deutenden Stiftes wie Kremsmünster sehr ausgedehnt sei und dem der Verwal tung einer Diözese gleichkomme. Wegen des Alters erlaubte er sich den Hinweis, daß andere Ordensobere in hohem Alter noch aufden Stuhl Petri berufen worden seien(und spielte damit wohl aufden aus dem Kamaldulenser-Benediktinerorden hervorgegangenen Gregor XVI., an, der im Alter von 66Jahren stand,als er Papst wurde®®). Außerdem sei Gangibauer als Mitglied des österreichischen Herrenhau ses keine in Österreich unbekannte Per sönlichkeit und habe sich,wie der Staats sekretär(als ehemaliger Nuntius in Wien) wohl wisse,große Verdienste um die Wie derherstellung guter Disziplin und kirch licher Gesinnung in seinem Stift erwor ben, die unter seinem Vorgänger®® etwas in Verfall geraten seien. Selbst mit einem Schriftzitat versuchte Paar seinen Ge sprächspartner zu beeindrucken: Paulus fordere von einem Bischof, er solle sein' ,,habens misterium(sie!)fideiin corde puro®'. Mit dieser Stelle hatte er nicht viel Glück. Der Kardinalstaatssekretär wollte im vorliegenden Fall ihre Anwendbarkeit nicht unbedingt gelten lassen®®. Anson sten aber hatte der Botschafter das Emp finden, er habe Jacobini gewinnen kön nen.Zum Schluß kam er noch aufFürst bischofZwergerzusprechen,deroffenbar eine dem Heiligen Stuhl erwünschte Per sönlichkeit war. Er gab nochmals seiner Überzeugung Ausdruck,daß niemand im Interesse des Staates oder in dem derKir che so ersprießlich wirken könne, wie es von einem so allgemein geachteten und beliebten kirchlichen Würdenträger, wie dies der Abt von Kremsmünster sei, zu erwarten sei. Tatsächlich raffte sich aufGrund dieser Ausführungen der Kardinalstaatssekretär zu einerInitiative beim Heiligen Vaterauf. Der Botschafter erhielt eine Nachricht, die so abgefaßt war,daß er glauben konn te,„die Zustimmung seiner Heiligkeit sei bereits erfolgt®'". Als er am 21.April,also am Donnerstag in der Osterwoche,glück lich und nichtsahnend seine scheinbare Erfolgsmeldung nach Wien drahtete: „Anstände wegen Ernennung Gangibau ers behoben,diesbezüglicheZustimmung des Heiligen Vaters dürfte bereits dem Nuntius mitgeteilt worden sein'"",trafge rade Zwerger", der, wie wir wissen, von Rudigier als Kandidat genannt worden war", seine unmittelbaren Vorbereitun gen für die alljährliche Romreise". Am 22.Aprilfuhrer um 8.22Uhrin Graz mit dem Zug nach Rom ab. Am 23. um 4 Uhr nachmittags traf er an seinem Ziel ein.AufderHin- und Rückreise begleitete ihn ab bzw. bis Bologna (Franz) Baron Reyer'*. Zwerger traf mit Monsignore Giovanni Montel, dem überaus einfluß reichen Berater der österreichischen und der preußischen Vatikanbotschaft'®, zu sammen, außerdem mit den Kardinälen (Joseph) Hergenröther'®, Mieczyslaw Halka Grafvon Ledochowski"und natür lich auch Jacobini.Am entscheidendsten war wohldie Audienz beiPapstLeo XIII., welche ihm dieser am 26.abends gewähr te.Darüber notierte er:„Der Heilige Vater sagte mir ausführlich seine Intention mit mir'®." Vondiesem Besuch Zwergerserfuhrdie österreichische Botschaft erst später. In einem Geheimbericht des damaligen Ge schäftsträgers Dr. Carl Ritter v. Heidler-Egeregg®® teilte dieser mit,was er un ter strengster Vertraulichkeit inzwischen in Erfahrung hatte bringen können. Ein bischöflicher „College" Gangibauers, er 20
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