Krankheit sehr gehemmt, der er schließlich am 3.Juli 1905 in Purkersdorf erlag®'). Sein Leichnam wurde nadi Wien überführt und auf dem Ottakringer Fried hof bestattet^). Die langen ausführlichen Nachrufe bezeugen noch heute die hohe Wertschätzung seiner echten Priesterpersönlichkeit und seiner sozialen und seelsorglichen Bedeutung®^). Zwei seiner persönlichen Äußerungen mögen dies zuletzt unterstreichen. Die eine ist die Instruktion, anläßlich der Dienst einteilung für den Pfarrklerus verfaßt®-), worin er an den schweren Stand des Priesters in den Vororten Wiens erinnert, der es hier mit Mensclien zu tun hat, die durch jahrelange Fembleiben von der Kirche in religiösen Dingen unwissend und gleichgültig gewor den, durch ihre Arbeitsbedingungen und Wirtschafts lage in die Arme der Sozialdemokraten geraten sind und von diesen nun belehrt werden, daß Religion ein Unsinn sei und die Priester Betrüger und die Stützen derjenigen seien, die die Arbeiter ausbeuten und knechten. „Die Priester werden von diesen armen Leuten verkannt, verachtet, mitunter sogar gehaßt. Der Haß hat scharfe Augen; aber er färbt alles nach seiner Art. — Deswegen müssen die kathol. Priester in den Vororten tadellos in ihrem moralischen Ver halten, eifrig in der Erfüllung ihrer Pflichten und voll Anstand sein bei der Spendung der hl. Sakramente und Verrichtung des Gottesdienstes. — Sie müssen dem Volke forma facti gregis sein. Am Priester will der Arbeiter das verkörperte Christentum sehen.Wenn der Priester fehlt, sein moralisches Verhalten nicht tadellos ist, so werden seine Fehler zum Ärgernis der Religion, d. h. ihr schreibt man zu, was der Priester sündigt. — Die Leute in den Vororten müssen sich schwer ihr Brot verdienen, müssen pünktlich in der Fabrik sein etc., sonst erleiden sie einen Lohnabzug. Wollen nun Arbeiter ihre religiösen Pflichten erfüllen, so müssen die Priester dazu bereit sein, nicht zu früh und nicht zu spät mit der hl. Messe zu beginnen, da mit die Leute ihrer nicht überdrüssig werden. — Beim Predigen werden die Priester die festgelegte Zeit voll ständig ausfüllen, um nicht den Schein zu erwecken, als hätten sie selbst keine Freude am Gotteswort; sie werden aber auch nicht die Zeit überschreiten. — Sollte einer der hochw. Herren die Rednergabe nicht im wünschenswerten Maße besitzen,so möge er dem Be gabteren die Predigt überlassen und ihm dafür durch eine andere Dienstverrichtung Ersatz leisten. — Für jede Predigt werden sich die hochw. Herren eifrig durch Gebet und Studium vorbereiten, damit der Ib. Gott ihre Arbeit segne und die Armen im Glauben besser unterrichtet und aufgemuntert werden, ein Le ben aus dem Glauben zu führen. — Täglich früh soll wenigstens ein Priester, an Sonn- und Feiertagen fi-üh und an den Vorabenden sollen alle hochw. Her ren im Beichtstuhl sein. — Zum Kranken zü gehen, wird der Diensthabende immer bereit sein und für Vertretung sorgen. — Die Schulstunden sind so ein zuteilen, daß der Seelsorgsdienst auf keine Weise dar unter leidet. Die einmal angesetzten Religionsstunden werden pünktlich gehalten. Keiner der Priester wird durch Nachläs.sigkeit hierin sein Gewissen beschweren, aber auch nicht den ungläubigen Lehrern Gelegenheit zu spöttischen Bemerkungen geben oder gar sich nachsagen lassen müssen, daß die Lehrer eifriger seien als die Priester. — Die hochw. Herren werden bei allen Funktionen, selbst wenn sie schon müde oder wegen widerfahrener Verdrießlichkeiten schlecht gelaunt sind, sich mit Würde benehmen, werden nicht durch Herabhaspeln der Gebete oder durch Über hudeln der hl. Zeremonien die Religion selbst der Verachtung aussetzen. Sie werden bei ihren Anspra chen zwar ohne theatralisches Pathos, aber doch so reden, daß sie sich ihrer hohen Würde und des wich tigen Amtes, das sie in cura animarum verwalten, immer bewußt zeigen. — Trotz der vielen Berufs arbeit werden die Priester noch manches Zusätzliche, wie die Vereinstätigkeit leisten wollen. Der Priester muß das Volk aufsuchen, es organisieren und in die Kirche führen. Doch soll er bei all dieser oft dornen vollen Arbeit stets das eigentliche Ziel im Auge haben ... Zuerst ist der Vinzenzverein durch Wort und Tat, Anwerbung tätiger und unterstützender Mit glieder, durch eifrige Teilnahme an den Konferenzen, durch Armen- und Krankenbesuche kräftig zu för dern; dasselbe gilt vom Frauenwohltätigkeitsverein. Sehr wichtig sind für die Gegenwart kathol. Jugend bündnisse z. B. Jünglings- und Jungfrauen-, kathol. Gesellen-, Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine. Daß dabei die eigentlichen religiösen Vereinigungen: Apostolat des Gebetes, Herz-Jesu-Verein, Lebendiger Ro senkranz, Mütterverein, Männerkongregation etc. zu pflegen sind, ist selbstverständlich. — Alles sieht un gemein viel aus, ist aber leicht zu bewältigen, wenn unter den Priestern das rechte Einvernehmen und die gegenseitige Unterstützung herrscht. Priester, die vie les in der Seelsorge arbeiten, gehen trotzdem gerne immer wieder in ihre Vereine, und sie würden be dauern, einer solchen Vereinsversammlung einmal ohne Not ferne geblieben zu sein". Als zweite Äußerung im obgenannten Sinn möge angeführt sein®®): daß dieser innige Herz Jesu- und Marienverehrer — er spielte allabendlich vor dem Bettgehen auf dem Klavier ein Marienlied — noch in seiner Todeskrankheit nicht die Hirtensorge um seine so zahlreiche Herde vergaß. So wenn er einmal ver lautete: „Ich leide sehr viel. Ich freue mich leiden zu dürfen, um meine Gebete für meine vielen Pfarrkin der dadurch unterstützen zu können"; und wenn er kurz vor seinem Tode sprach: „Ich bliebe gern bei meinen Ottakringem; ich leide vom Herzen gern für sie. Ich habe noch so viel für sie zu tun. O, sie brau chen jemanden, der sie versteht und recht gerne hat. Ich denke Tag und Nacht daran, ihnen zu helfen; meine Werke — für die er auch persönliche Geld opfer brachte — sind noch jung, ich kann sie noch nicht verlassen. Wer wird ihnen helfen, wenn ich es nimmer kann? Was wird aus ihnen werden? Nun, in Gottes Namen!" Quellen, Literatur u. einzelne Nennungen: Eb. Ordi nariatsarchiv: Personal-Tabelle III 923f.; Kleruskar tei; Personalstand d. Säk. u. Regulär Geistlichkeit d. Wr. Erzdiöz.; Wr. Diözbl. 1872/148, 1897/132, 1899/12, 1901/54, 1905/124; Pfarrchroniken von Obersulz, Perchtoldsdorf, Votivkirche, Neuottakring; Grippel J. Gesch. d. f. e. Knabensem. ... Oberhollabrunn 1906; Deutsch-österr. Künstler u. Schriftsteller Lex. (1902) I 363; Keiter; Kathol. Literat, kal., Essen-Ruhr; Kor respondenz d. Ass. pers. sacerdot. 1905 (XXVI.); St. Angela-Blatt 1905 (Nr. 8); Volksseele 1949, 5 u. 6; Jahrbuch d. Ver, f. Gesch. d. Stadt Wien, Bd. 13 (1957/58), S. 218 f., 220, 224, 225; Funder Friedr., Vom Gestern ins Heute, W. 1952, S. 94, 118; Benedikt H., Gesch. d. Republik österr., W. 1954, S. 308; F. Loidl, Jahrbuch Ottakring 1962, Mitteilungen der ÖVP, ders.. Pfarrbote zur Hl. Familie, Neuottakring, Jg. 1962. Belege und Anmerkungen: ") Pfr. Obersulz, Taufmatrik tom VII fol. 8. — Geburtshaus in Blumenthal Nr. 17. —®)Im ehem. Karmel St. Theobald ob d. Laimgrubc (Wien VI.), Grippel J., Gesch. d. f. e. Knaben sem ... W. 1906, S. 12ff. — ®) 1. Direktor von 1856/74 dann Pfr. v. Ottakring u, Neulerchenfeld i. W., f 1894. Ebd. S. 124ff. — *) Gedenkbuch Neuottakring I, S. 74 f. — ®) Grippel, a. a. O. — ") Übersprang zugleich mit dem späteren Polizeipräsidenten Joh. Habrda eine Klasse. Gedenkbuch Neuottakring S. 75. — Grippel, a. a. O., S. 101 f. — ") Sh. Beilage z. Wr. Diözbl. 1960, Nr. 2. — ®) Gedenkbuch Neuottakring S. 75. — ®) Wr.- Diözbl. 1872, S. 147 f. — Pfr.chronik Obersulz notiert, dass der Primizzug von Bl. bis Obersulz u. zurück in folgender Ordnung geschah: Militär-Urlauber be ritten mit Fähnlein, eine Abteilung Schützen, der Wagen des Primizianten u. mehrere andere Wagen, dann das Volk. Festmahl im Vaterhaus unter einem großen Gezelt im Garten. —^^®) Gedenkbuch Neu ottakring S. 75. Bezeichnet die Gemeinde als brav, die Verhältnisse im Pfarrhof als angenehm. — ")Ebd. 58
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