meinschaftskommunion eines Vereines hätte ver ursacht, daß angestammte Kirchenbesucher ausbleiben mußten. Bei den Kinderkommunionen konnte kein Erwachsener mehr eintreten. Trotz der täglichen Beichtgelegenheit machten nur frühere Beichtkinder aus der Votivkirche und Brautleute davon Gebrauch. Weil niemand kam, wollten auch die Kooperatoren nicht einmal am Samstagabend in den Beichtstuhl gehen. „Es schien, als wäre auf der kleinen Kirche kein Segen". Der mit Gesuchen überhäufte Vinzenzverein zählte nur wenige Mitglieder, so daß der Pfarrer selbst Erhebungen machen mußte. Der Frauenwohl tätigkeitsverein hatte nur zwei bis drei Frauen aus Ottakring, die anderen kamen aus Nachbarbezirken und waren schon alt. Noch gab es einen sog. Mariazeller-Wallfahrtsverein, der wohl einige hundert Mitglieder auswies, von denen jedoch zur monat lichen Andacht nur wenige kamen. Das waren alle religiösen Vereine in der Riesenpfarrei. Eine neue Kirche war somit „ein schreiendes Bedürfnis". So ging sein Hauptstreben vorerst darauf aus,das seit der Gründung des Kirchenbauvereines i. J. 1879 geplante und seit 1894 nach den Plänen Reuters und Wilemans im Bau befindliche neue große Gotteshaus auf dem Stephanie-, heute Kemstockplatz zu voll enden und im Innern auszugestalten. Latschka warja von der Generalversammlung am 24. Juni 1897 zum Präsidenten des Kirchenbauvereines gewählt worden. Am 6. Oktober 1898 fand denn auch die feierliche Konsekration statt. Dem folgte sodann der nicht we niger sorgenreiche Bau des neuen Pfarrhauses*^). „Als nun die neue Pfarre zur Hl. Familie (1898) errichtet war", schreibt Latschka im Gedenkbuch, „bat ich selbstverständlich darum. Idi wußte zwar, daß mein Einkommen vielleicht mehr als um die Hälfte geringer sein werde als auf der alten Pfarre, aber ich wollte eine andere Kirche, wo man anders wirken kann. Bei dieser Bewerbung habe idi jedoch einen formellen Fehler begangen, der mir von einem Konsistoriumsmitglied hoch angerechnet wurde und der daher gegen mich eingenommen war. Trotzdem hat man mir die neue Pfarre verliehen, die ja ohne hin nur einen Teil meiner bisherigen Pfarre aus machte. Aus diesem Vorgange glaube ich, wieder er sehen zu könneni, daß mich unser Herrgott selbst dahergebracht hat, — Ich wurde am 2. Jänner 1899 als Pfarrer zur Hl. Familie investiert und am 22. d. M. installiert. Als die neue Pfarre errichtet war, wurde ich zum Provisor daselbst ernannt, und als ich Pfar rer an der neuen Kirche war, wurde ich Provisor der alten Kirche*®)". Als Pfarrer und somit selbständiger Seelsorger entfaltete nun Latschka eine in jeder Hinsicht eifer volle und zeitaufgeschlossene Seelsorgstätigkeit in dieser zum Hauptteil durch Industrieproletariat und Arbeiterbevölkerung geprägte Pfarre und blieb auch als „Gemeinderat der k. k. Reichshaupt- und Resi denzstadt" bis 1902 seinem sozial-karitativen Wirken treu. Bei der Pastoration der etwa 45.000 Seelen wurde er von fünf Kooperatoren unterstützt**). Erst wurde eine vorbildliche Gottesdienstordnung aufgestellt, über die der hiefür zuständige Kanonikus von St. Stephan Carl Seidl*®) „eine solche Freude hatte, daß er sie d^ Pfarrer von St. Anton(Wien X.) als Muster empfahl*")". Dann gründete Latschka den Ottakringer Kirchenmusikverein*'), veranstaltete Mis sionen, Triduen und andere außerordentliche Andach ten, wozu er die bekanntesten Prediger Wiens wie P. Heinrich Abel S. J., P. Georg Freund CSSR,, P. Johann Polifka CSSR., P. Viktor Kolb S. J. u. n. a einlud, was natürlich zu Gegenaktionen oder Demon strationen der „Rothen" führte*"). Mehr aber als die Abendkonferenzen wie die z. B. P. Abels, die ihm wohl als recht nützlich, jedoch nicht als besonders förderlich für das religiöse und sakramentale Leben erschienen, erwartete er sich wiederum von der ein geführten Herz Jesu-Bruderschaft und -Andacht, wie er aus seiner Seelsorgserfahrung ih Perchtoldsdorf und an der Votivkirche wußte*®). Da die Vereine damals als seelsorgliche, soziale und kulturelle Organisationsformen eine erhöhte Rolle spielten, ja für die gedeihliche Pfarrführung unerläß lich waren, sah sich Latschka zur Gründung einer Reihe solcher kirchlicher und sozialer Einrichtungen veranlaßt. Weil die Pfarrkirche der Hl. Familie ge weiht war, führte er den Verein der Hl. Familie ein, der es bis zur Mitte d. J. 1902 auf 89 Familien als Mitgliedern brachte®"). Gleich nach der Pfarr-Errichtung traten zwei St. Vinzenz-Konferenzen ins Leben: die der Hl. Familie für den Sprengel nördlich, die des hl. Alfons für den Sprengel südlich der Thaliastraße®'). Dem kath. Jünglingsverein, der zahlreichen Zuspruch fand®-), folgte der Verein der kathol. Arbeiterinnen — nach dem Muster des von ihm zuerst gestifteten gleichnamigen Vereines in der Pramergasse —, der ihm viel Arbeit bereitete, aber gerade in seiner Ar beiterpfarre als besonders notwendig erschien, da in zwischen die Tabakfabrik von der Rossau nach Otta kring transferiert worden war. Die Mädchen sollten auf diese Weise vor den Gefahren geschützt, vor allzu frühen: Bekanntschaften bewahrt werden. Eifrig war der Gründer bemüht, die Mitglieder an guten Plätzen unterzubringen und ihnen lohnende Arbeit zu ver schaffen®®). Um wenigstens teilweise der Verwahrlo sung der Jugend entgegenzuwirken, errichtete unser Pfarrer im Pfarrhof eine Knabenbeschäftigungs anstalt®*) und gab auch die Anregung zur Schaffung einer ähnlichen Anstalt für die Mädchen; es war das nach der Erzherzogin und Kaiser Karls Mutter Maria Josefa benannte .„Maria Josefinum" mit einer Säug lingsanstalt, einem Kindergarten und einer Schutz station mit Wöchnerinnen- und Krankenpflege etc.®*). Sehr lag ihm am Herzen, auch mehr Männer bei den hl. Sakramenten zu sehen. Er hoffte dies, durch die Männerkongregation (mit dem Titel: Maria, die gute Mutter) zu erreichen*®). Latschka war auch schriftstellerisch tätig. Nach dem er seine bis heute gültige Geschichte von Perchtoldsdorf (W. 1884) herausgebracht hatte®'') ver faßte er — durch sein musikalisches Können hiezu in der Tat befähigt und angeregt — noch als Kooperator an der Votivkirche sein vortreffliches „Gebet- und Liederbuch für die kathol. Jugend", das 1884 die zweite Auflage erreichte und dem dann „Der kleine kathol. Christ, Gebet- und Liederbuch für die kathol. Jugend", in mehreren Auflagen folgte*®). Leider wurde Latschkas Arbeitseifer und erfolg reiche Wirksamkeit schon 1903/4 durch eine schwere 57
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