Zum leidigen „Hell Hitler" Kardinal Innitzers Dr. Josef Himmelreich in einer Lehrveranstaltung des Instituts für Kirchengeschichte der Universität Graz Zum ersten Mal nach vierzig Jahren trat Dr. Josef Himmelreich an die Öffentlich keit, um über das Zustandekommen der Erklärung der österreichischen Bischöfe zur Volksabstimmung 1938 über Kardinal Innitzers „Heil Hitler" auf einem Begleit schreiben und über seine eigene Tätigkeit als Unterhändler des Gauleiters Bürckel zu berichten. Dazu eingeladen hatte das Institut für Kirchengeschichte der Grazer Universität (Vorstand Univ.-Prof. Karl Amon). Eine Arbeitsgruppe, die sich be sonders mit kirchlicher Zeitgeschichte beschäftigt, leitet hier Univ.-Doz. Maximi lian Liebmann. Zu einem der brisantesten Themen der kirchlichen Zeitgeschichte konnte Dr. Himmelreich sowohl als Zeuge als auch als Akteur sprechen. Im Urteil der Literatur wird Dr. Josef Himmelreich als Schlüsselfigur bei den Verhandlungen zwischen der Kirche in Österreich und dem nationalsozialisti schen Regime in den Tagen des „An schlusses" im Jahre 1938 bezeichnet. In seiner Funktion als Pressereferent des bayerischen Statthalters Ritter von Epp, Schwiegersohn des bekannten Malers Gerhard Fugel, war er sowohl den Bischö fen bekannt, als auch von Gauleiter Bürkkel für die Verhandlungen mit der katho lischen Kirche als Unterhändler beauf tragt worden. Der Sicherheitsdienst der Nazis war anderer Meinung. SS-Gruppen führer Heydrich hielt Himmelreich für den „gefährlichsten Spion der katholi schen Kirche und größten Feind des Staa tes". Bürckel mußte damals Himmelreich gegen Heydrich in Schutz nehmen, um die Gestapo von ihm fernzuhalten. Weiter wird in der Literatur das „ehrliche Bemü hen Himmelreichs und eine Aussöhnung zwischen Staat und Kirche" anerkannt, al lerdings sei Himmelreichs „Vermittlertä tigkeit durch dauernde Eingriffe national sozialistischer Stellen in ein schiefes Licht gebracht" worden. Himmelreich erklärte gleich eingangs, daß er heute als 73jähriger spreche, daß damals alle „Bemühungen, einen dauer haften Frieden zwischen Staat und Kirche zu schaffen, keinen Erfolg hatten, ja aus heutiger Sicht ein Mißerfolg waren". Den Eindruck wiederholt er wieder am Schluß: „Ich stehe als Gescheiterter vor Ihnen." Aber als 33jähriger hätte er die Hoffnung gehabt, sich in Geheimverhand lungen für die Befriedung zwischen Staat und Kirche, wegen der sich ständig ver schlechternden Lage der Kirche, einset zen zu sollen, wobei er von „Ehrgeiz und Idealismus" getrieben gewesen sei. Ehrgeiz, Idealismus, das Vertrauen der Bischöfe - zu großes Vertrauen, wie man heute sagen muß - und der Auftrag des Gauleiters Bürckel führten dann zum ganz merkwürdigen Ergebnis einer „feier lichen Erklärung" und zum „Heil Hitler" Innitzers, mit dem die Nationalsozialisten kräftig Propaganda machten. Himmelreichs Schilderung ist span nend. Die Erklärung der österreichischen Bischöfe vom 18. März 1938 habe schon fertig vorgelegen, als er am 17. März nach Wien gekommen sei. Mit dieser Erklärung habe er nichts zu tun, betonte Himmel reich. Bei der Unterzeichnung durch die Bischöfe am 18. März wurde ihm auf eige nen Wunsch hin gestattet, anwesend zu sein. Klaus Selzner war damals als Vertre ter des Gauleiters anwesend. Nach der Unterzeichnung hätte er (Himmelreich) gegenüber Kardinal Innitzer auf die Fra ge, was er von der Erklärung halte, geäu ßert, daß die „Erklärung zu schnell abge geben worden sei und einen Blanko scheck für den Nationalsozialismus be deute, da die Erklärung zu einseilig be günstigend wäre, worauf der Kardinal ziemlich betroffen zu sein schien. Him melreich versuchte die schnelle Unter zeichnung mit „seelischer Pression, unter der die Bischöfe gestanden haben" zu er klären, von staatlicher Seite sei damals kein Druck auf die Bischöfe ausgeübt worden. Tatsächlich haben aber schon vorher Bischof Pawlikowsky aus Graz und Erzbischof Waitz aus Salzburg hand festen physischen Druck zu spüren be kommen. Kardinal Innitzer habe ihm kurz nach dem Empfang am Nachmittag eine Bitte vorgetragen, die ihm, Himmelreich, „den Atem verschlagen hat". Der Kardinal bat ihn, die unterzeichnete Erklärung vom Vormittag vom Gauleiter Bürckel zurück zuerbitten, um noch Änderungen und Er klärungen für das katholische Volk an ihr vorzunehmen. Bedenken und der Ein druck, daß die Erklärung zu rasch abge geben worden sei, hätten ihn, den Kardinal, zu diesem Schritt bewogen. Erst auf Drängen des Kardinals hätte dann er das Anliegen des Kardinals dem Gauleiter vorgetragen, der anfangs heftig ableh nend reagierte, weil die Erklärung bereits telefonisch Hitler mitgeteilt worden sei. Jetzt kam Himmelreichs historischer Au genblick. Er hatte die Idee, für die Erklä rung ein Vorwort auszuarbeiten und die ses der Erklärung voranzustellen, dem dann Bürckel unter der Bedingung zu stimmte, daß an der Erklärung nichts ge ändert werde. Himmelreich hätte dann dem Kardinal geraten, auch Bürckels Wunsch zuzustimmen, der im Zitat „Gebt Gott, was Gottes ist, und dem Kaiser, was des Kaisers ist" die Interessen der Kirche ausreichend vertreten sah. „Bürckel aber ließ sich die Kompromißbereitschaft zum Vorwort bezahlen und Innitzer durch mich bitten, das Begleitschreiben mit dem damals allgemein amtlichen Hitler gruß zu unterzeichnen, um den Eindruck des etwas sonderbaren Vorwortes bei Hit ler abzuschwächen." So wurde mit der Unterzeichnung des Vorwortes am 21. März 1938, drei Tage später als die Er klärung zur Volksabstimmung, auf dem Begleitschreiben, das mit 18. März datiert ist, nachträglich das „Heil Hitler" einge fugt, das dann im In- und Ausland größtes Aufsehen erregt hat. Persönliche Gutgläubigkeit und Unerfahrenheit des Kar dinals gegenüber der Kampftaktik eines religionsfeindlichen Regimes zählen si cher zu den Voraussetzungen für dieses Ereignis. Dann bedauert Himmelreich, dem Kar dinal den Wunsch Bürckels, das Begleit schreiben mit „Heil Hitler" zu unterzeich nen, überbracht zu haben. Himmelreich bedauert heute, damals keinen Ausweg gefunden zu haben und „daß mir damals nicht eingefallen ist, die schwierige Situa tion dadurch zu entschärfen, indem ich dem Kardinal geraten hätte, er solle ein fach mit .deutschen Gruß' unterzeichnen, weil der ja das ,Heil Hitler' impliziere." Rechtfertigung kann auch im Geständ nis liegen, wenn Himmelreich sagt, was er damals dachte; „Eine besondere Grußge ste des Kardinals an Hitler sei nur vofteühaft, weil ich im Glauben an die Zuverläs sigkeit der Angaben Bürckels damals noch der Ansicht sein konnte, daß die sehr erwartete Verständigung zwischen Staat und Kirche auf breiterer Basis sich da durch noch schneller realisieren ließe, ich war damals wirklich dieser vielleicht ideo logischen Auffassung . .. der Rausch der Anschlußtage, dieser Rausch hat mich genauso hingerissen", daß er an Einzel heiten damals nicht gedacht hätte. Um in Verhandlungen dann doch noch zu einem Modus vivendi zwischen Staat und Kirche zu gelangen, seien Ende Juni die Gespräche noch einmal wiederaufge nommen worden, aber inzwischen hat der Kampf der Nationalsozialisten gegen die Kirche in Österreich mit voller Wucht be gonnen und so Himmelreich, „hinterhäl tig und makabre Maßnahmen" hätten es den Bischöfen unmöglich gemacht, wei ter zu verhandeln. Nach der Aufhebung kirchlicher Organisationen. Vereine und Seminare folgten Deportationen in Kon zentrationslager. Rudolf Höfer (Kathpreß) 18. XII. 1978, Nr. 241/ Beilage 1. WDBL. 1938, S. 140. (2. Anwendung des Grußes „Heil Hitler" im Amtsschriftenverkehr. Pr. 1217-1 vom 28. September 1938 3). (Erlaß des Amtes des Reichsstatthalters vom 17. September 1938, ZI. RSt 1-10.654/38). „Der Reichsminister des Innern hat mit den Erlässen ZU 5100/10-12 vom 15. Jän ner 1934, Zl.I A 11.452-5100 vom 7. No vember 1935, folgendes angeordnet: Der Gruß „Heü Hitler" ist im innerdeut schen Schriftverkehr der Behörden in den Fällen anzuwenden, in denen bisher am
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