Haus in der Pramergasse Nr. 9 gekauft. Weil aber die Kindergärtnerinnen darin — Sdiwestern aus der Jacquingasse, Wien III. — nicht mit den weltlichen Parteien Zusammensein wollten, stellte genannter Prälat einen Teil dieses Hauses dem Asyl zur Verfü gung, das im Oktober 1892 eröffnet und den JacquinSchwestem zur Leitung anvertraut wurde. Die Mäd chen bekamen für 36 Kreuzer pro Tag neben Bettund Wohnung die vollständige Verpflegung. Daß Latschka durch die Ungeschicklichkeit eines Neffen des Für sten, der im Frauenverein gegen die Juden sprach,um weitere Unterstützungen gebradit wurde, sei nur er wähnt; audi wie er sdiließlich das Haus in der Nußdorferstraße allerdings mit cir. 7000 fl. Gewinn ver kaufte und die Vizepräsidentenstelle bezeichneten Vereines niederlegte und das Asyl, wie oben angedeu tet, davon abtrennte. Dafür gründete er „in fort schreitender Erkenntnis der Bedürfnisse des Arbei terinnenstandes" als ganz selbständig den Verein der katholisdien Arbeiterinnen, „dem er einen großen Teil seiner freien Zeit opferte" und nach dessen Mu ster (als Stammverein) er auch Gründungen in Meidling und dann in Ottakrlng ins Leben rief. Pfarrer Laux gründete den In Neulerchenfeld®^). Auch außer halb von Wien, ja sogar in Budapest entstanden ähn liche Vereine. Nun kaufte Latschka mit 25.000 fl. Anzahlung und 27.000 fl. Schulden (zu 3 Prozent Verzinsung) das Haus in der Pramergasse. Dieses kaum für 50 Mäd chen ausreichende kleine Vereinshaus umzubauenund zu vergrößern, blieb sein ferneres Bemühen, dessen Erfüllung er jedoch nicht mehr erleben sollte. „Dazu meinte ich", notierte er weiter, „es sei an der Zeit, daß ich mich um eine selbständige Stelle umschauen müsse. Ich bewarb mich um verschiedene Pfarren, machte die Mittelschulprüfung, um geistli cher Professor im k. u. k. Offizierstöchterinstitut in Hemals zu werden. Selbst der Kardinal verwendete sich für mich beim Kriegsministerium. Glücklicher weise umsonst®®)". Da starb der Pfarrer von Liechtenthal (Wien IX.) und nun bewarb er sich um diese Pfarrei. Bürgermeister Strohbach®«) und Vizebürger meister Dr. Lueger legten großen Wert darauf, daß er hier nachfolge, denn Liechtenthal „hieß ja dieLatschkaburg, weil dort seine treuesten politischen Anhän ger waren". Strohbach bat einigemale Kardinal Gruscha, desgleichen sprachen auch Deputationen ausdem IX. Bezirk vor. Die waren über die Freundlichkeit des Oberhirten so entzückt, konnte Latschka vermerken, „daß sie sagten, er habe wohl nicht direkt zugesagt, aber so gesprochen, daß man es nicht anders als po sitiv auffassen könne". Darauf gratulierte Strobach, aber die Ernennung blieb aus. Inzwischen war die Pfarre Ottakring durch Re signation frei geworden und, obwohl sich Latschka „nicht im geringsten schmeichelte, daß er diese Rie senpfarre bekommen werde", kompetierte er darum. „Jedoch bat ich niemanden", schreibt er, „um seine Fürsprache, ja ich stellte mich nicht einmal beim Kardinal vor, der doch Patron war Der Ib. Gott hat die Verhältnisse jedoch so gestaltet, daß der Kar dinal mich ernennen mußte''")". Im Rathaus war man nämlich darüber sehr er bost, daß Latschka ungeachtet aller Bitten bei der Be setzung von Lichtenthai durchfiel, und zeigte dies bei nächster Gelegenheit. Die Gemeinde Wien stand mit dem Domkapitel wegen der Läutegebühren in Hern ais'®) im Streit. Schon war man daran, die Sache güt lich zu bereinigen. Aber infolge der Nichternennung Latschkas lehnte der Stadtrat alles ab. Das „ge kränkte" Metropoliten- und Domkapitel befürchtete nun auch, daß sich die Gemeinde nicht an dem ge planten „Kirchenbauanleihen" — sie sollte 50 Prozent beisteuern — beteiligen werde. Deswegen mußte kirchlicherseits etwas geschehen, um den Bürgermei ster milder zu stimmen. So wurde Latschka auserse hen, „die Brücke zu bilden, auf der Kardinal und Stadtoberhaupt wieder zusammenkämen", und so mit Dekiat vom 1. Juni 1897 auf (Alt-) Ottakring investiert, und konnte am 4. d. M. unter dem Geleite des Reichs ratsabgeordneten Prinz Alois Liechtenstein, Bürger meisters Strobach, Vizebürgermeisters Dr. Lueger,der Gemeinderäte, Bezirksausschüsse, Ortsschul- und Ar menräte und „viel, viel Volkes" einziehen, war ja der neue Pfarrer durch seine Versammlungsreden und durch die Predigten in der Votivkirche vielen Ottakringern längst bekannt. Ottakring (Pfarre z. Erhöhung d. hl. Kreuzes u.z. d. hhl. Lambert u. Wolfgang) war eine richtige Mon sterpfarre, die vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen sich überstürzenden ungesunden Aufschwung genommen hatte. Aus den 36 Häusern i. J. 1790 waren es 1890 an die 1400 geworden. Wurden 1790 nur 44 Taufen, 13 Trauungen und 59 Einsegnun gen registriert, so waren es 1898 bereits 2274 Taufen, 523 Trauungen und 1647 Begräbnisse. Die nach der Volkszählung d. J. 189(f konstatierte Bewohnerzahl betrug 61.817 Seelen, davon 58.324 Katholiken®"), die von einem Pfarrer mit nur 3 Kooperatoren pastoriert werden sollten. In 17 öffentlichen allgemeinen Volks schulen, dazu eine Knaben- und Mädchenbürger schule waren über elfeinhalbtausend Kinder mit Re ligionsunterricht zu betreuen, dessen Hauptlast weit aus auf den Schultern des Seelsorgsklerus ruhte.Und dazu die kleine Kirche mit nur 80 Sitzplätzen und einem Fassungsraum für höchstens 500 Personen. Weil die Sakristei zu klein war, konnte man sie nur an Werktagen für Taufen benutzen. Am Sonntag reichte nicht einmal die Pfarrkanzlei hiefür, weshalb die 30 bis 40 Taufen in der Kinderbewahranstalt ge spendet werden mußten. Auch in der Pfarrkanzlei waren die Verhältnisse unhaltbar. Der Andrang der Pfründner und Pensionisten war an gewissen Tagen „riesig groß". Am ärgsten war es jedesmal anfangs September, wenn die Eltern die Taufscheine für ihre schulpflichtigen Kinder begehrten. Man mußte sie im Hof abfertigen. Die Zahl der 1898 in der Kanzlei ex pedierten Geschäftsstücke betrug 12.688, angeblich mehr als im f. e. Ordinariat*'^). „Ich tat in der Seelsorge, was ich konnte*")", lei tete Latschka lakonisch den Bericht über sein Begin nen und seine Aufbauarbeit in Ottakring ein. Aber er war äußerst gehemmt wegen der Kleinheit des Gotteshauses. Keine Feierlichkeit konnte abgehalten werden. Bei den Leichenfeiern gingen viele Trauer gäste gleich ins Wirtshaus oder zum „Heurigen", da sie ohnehin keinen Platz bekommen konnten, und warteten, bis der Sarg herausgetragen, wurde.DieGe56
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