Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

euer Schuldner. Die Eltern waren einfa che Menschen,der Vater ein großer Den ker,der mir Fleiß und Zufriedenheit vor lebte. Die Mutter hatte Herz und Gemüt, sie hat uns stramm, aber gütig erzogen. Das religiöse Fühlen, das in ihr so warm schlug, ist auf uns übergegangen; Vater und Mutter gaben uns das Beispiel treu kirchlicher Gesinnung,sie stärkten unser Rückgrat,damit wir uns nie des Glaubens schämen sollten. Ich danke meinen Schwestern und Verwandten in der Heimat, die immer hilfsbereit waren, sie haben mir gezeigt, wieviel geistige Werte in die Geschwister liebe mit einbeschlossen sind. Am mei sten habe ich meiner Schwester Maria zu danken, die mir schon in jungen Jahren ein christliches Sterben vorlebte. Ebenso meiner schwesterlich treuen Haushälterin Magdalena, die mir vier Jahrzehnte den Haushaltführte,sich um mich sorgte und in allen seelsorglichen Dingen half, meine häufige Niedergeschlagenheit ertrug und mich wieder froh und zuversichtlich machte. Am allertiefsten habe ich der Vatergüte Gotteszu danken,daßichPriester werden durfte. Ich dachte nach der Matura erst daran Medizin zu studieren,träumte von großer schöner Landpraxis, vielen Men schen näher zu kommen,ganze Familien kennen zu lernen und mit ihnen so ver bunden zu werden. Der innige Wunsch meiner Mutter nach einem Priestersohn hielt mich davon ab und Gott wollte es of fenbar auch anders,so vmrde ich in einer . geistigen Weise Landarzt. Uber 13Jahre warich Kooperatorinmit ten der Stadt, teils Industriegebiet, teils Gärtnereibetriebe. Meine Vorgesetzten, ein gütiger alter Pfarrer und zwei ältere Kooperatoren, gaben mir beste Einfüh rung in die Seelsorge und führten mich zur Selbständigkeit. Ich lernte hier in schwieriger Umgebung Seelsorge aus zuüben und sah, daß auch aus Steinen Früchte hervorgehen können. Ich habe das bei meinerspäteren Seelsorge nie aus dem Blickfeld verloren. Aus diesem,mei nem ersten Wirkungsfeld sind später ei nige Priesterberufe erwachsen und einige davon sagen, sie würden denselben mir mitverdanken. Ich kann es selbst nicht entscheiden; wenn ich mithelfen durfte, freut es mich,betrachte es aber einzig als freie Gnade Gottes. Dann warich 15Jahrein derLandpfarre Sierndorf, hauptsächlich brav religiöse Bauernfamilien, mit welchen ich Freud und Leid der Friedens- und Kriegszeit er lebte. Ich habe alles getan, ihre Schwie rigkeiten zu erfassen und sie geistig auf geschlossen zu machen. Inzwischen hat sich das Antlitz der Pfarre gewandelt, viele Pendlerlebenjetzt dort und ich ver stehe es vollauf, wenn meine Nachfolger andere Methoden jetzt versuchen; aber letztens entscheidet einmal nicht die Me thode, sondern das Gebet und das Herz des Seelsorgers... Dann die bewölkte Nachkriegszeit in der Pfarre am Rande der Großstadt. Erst das Hungersterben der alten Pfarrkinder, die Sorge um die Verschickung der ge schwächten Kriegskinder,das Warten auf die Heimkehrer. Es machte mich aber froh,helfen und mithoffenzu können.Die Sorge um die heranwachsende Jugend, ihnen Heim und Spielplatz zu verschaf fen, machte mich manchmal traurig und mißmutig: ich spürte manchmal einen zwar verborgenen, aber doch zähen Wi derstand gegen meine Pläne; es waren si cher manche da, die mich ablehnten,das kann sich ein Seelsorger wohl kaum er sparen, zumal man immer manches not wendig ändern muß,aber es reibt einen langsam auf. Bald darauf dachte ich dar an, mich aus Verdrossenheit in eine an dere Pfarre versetzen zu lassen, es ist ja auch gut, wenn man auf anderem Acker neu anfangen kann. Aber dann habe ich das viele verborgene Leid mancherFami lien gesehen, von dem niemand sonst wußte. Diese Menschen habe ich bewun dert,sie mußten aushalten und gaben mir Beispiel; wir Priester begegnen so vielen tapferen, einfachen Menschen (ja sogar Helden und Heilige darunter), und kön nen die aushalten, kann ich es auch... sagte ich mir und blieb ...Jahre vergin gen, gemischt mit Bitterkeit und Mutlo sigkeit, aber oft war ich doch wieder ge tröstet, wenn nach erfolglosem Bemühen eine Gnade erst späteraufging.Jede Seel sorge muß von der Güte und Langmut Gottesgetragen werden,welchejaderver längerte Arm Gottes ist. Schwere Sorge und großes Anliegen war, daß ich nur ei nem Heimkehrer den Weg zum Priester amt mitbereiten konnte; ich weiß nicht woran es liegt, vielleicht haben wirzuwe nig kraftvoll um Berufung in der Pfarre gebet, oder... es wehte ein anderer, neuzeitlicher Geist durch die Pfarre? Eines habe ich immer hoch geschätzt: die Spendung derSakramente. JedesSa krament,das wirspenden,ist ein Trostfür die Ewigkeit...hat mir mein Chefam er sten Posten eingeschärft.Hiefür nahm ich mir immer gern Zeit, denn Spenden der Sakramente ist ja unsere erste und wich tigste Aufgabe.Taufe und Ölung machten mirimmer tiefen Eindruck und gaben mir neuen Mut und Kraftzum Ausharren. Bis der Herrgott selber Halt geboten und durch schwere Krankheitund begin nendes Ater zum Ablegen der schweren Pfarrpflichten und leichterer Mithilfe in Großstadtpfarre zwang... Jetzt gehe ich gern immeraufdie Friedhöfe meiner Wir kungsstätten... Fast alle Toten sind mir bekannt, sie steigen vor meinen Augen wieder auf, werden lebendig,ich sehe ihr Glück oder Unglück,ihr Ringen und Ver sagen... ihren guten Willen. Ich habe manches Sterben erlebt, das mich tief er schütterte und erbaute,es war die Frucht meinesjahrelangen Ringens um die See len... DerSturm rütteltan die Fenster meines Gefängnisses,oderist esder Atem Gottes, der mich heimruft? Herr, ich will mich gürten und zur Wanderschaft bereitma chen. Oder sind es die Verstorbenen, die ich mit dem hi öle gesalbt und auf die Friedhöfe begleitet habe, kommen sie michabzuholen? Plötzlich geht mir durch den Kopf,ich hätte sie ja viel lebendiger mit der Hoffnung auf die unendliche Freude und Glückseligkeitim Jenseitser füllen sollen. - Während schlafloser Nächte habe ich dieses Vermächtnis überdacht und zusammengestellt, jetzt bin ich müde,es hat angestrengt.Kommt der Tod,bin ich bereit.. vrill mich aber Gott noch einige Zeit hier lassen, bitte ich ihn um nötige Kraftzum Mithelfen beider Seelsorgearbeit..., denn zuschauen möchteich nicht gern...4. bis 5.10.1967. (Hektographische Aussendung.) Nachweise: Personalstand der Erzdi özese Wien.-Wiener Diözesanblatt 1916, S. 98; 1917,26, 169; 1929,75; 1930,73; 116 1945, 25; 1946,62; 1947,49; 1949,91; 1950, 40; 1956,114,134.-100Jahre Bundesgym nasium Hollabrunn 1865/1965, S. 82. - Hans Groer. Hundert Jahre Knabensemi nar der Erzdiözese Wien,1956,Seite 162.- At-Simmeringer Pfarrblatt. Dr.Gertrude Stella: JosefStrohschneider-ein Priester nach dem Herzen Gottes.1967,Nr.1,S.4f. -WienerKirchenzeitung 1967,Nr.43,S.12 mitBüd).-War nur Geistlicher Rat(1947). Dr.F.L. Minister Heimer-Präiat Fried Oskar Helmer Bundesminister für Inneres Wien,am 6. Dezember 1947 Sehr geehrter Herr Prälat! Etwas verspätetkommeich dazu,Ihnen für die mir freundlichst übermittelten Glückwünschezu meinem 60. Geburtstag herzlichst zu danken. In den vielen Jahren unserer persönli chen Bekanntschaft haben wir manches Leid durchzumachen gehabt. Sie haben die letzten Jahre gleichfalls tapfer durch gekämpft In der Notzeit, wo die Gegen sätze geschwiegen haben, ist man sich auch menschlich nähergekommen und ich weiß, daß sich in dieser Zeit mein Freundeskreis sehr erweitert hat. Wenn Sie auch am anderen Ufer stehen,so habe ich doch Ihr Wirken stets beachtetund ge achtet. Dasauszusprechen,ist mirein Be dürfnis. Indem ichIhnenfür die mir stets bewie sene gute Gesinnung bestens danke, be grüße ich Sie herzlichst als Ihr Helmer NB.:Beide waren Opfer der NS-Verfol gung,Helmer war Mitglied der SPÖ.

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