Anregungen und Vorschläge zur Abhilfe der Kirchen- und Priesternot in Wien Im Jahre 1924 (Fortsetzung und Schluß). Das ist im wesentlichen die Methode gewesen, welche den Katholiken Berlins in relativ kurzer Zeit zu einer stattlichen Zahl von geräumigen und meistens auch gefalligen Gotteshäusern verhelfen hat. Indem wires wagen,dasholländische und deutsche Beispiel aufunsere Wiener Ver hältnisse anzuwenden,sei es gestattet,im Sinne einer möglichst raschen und wirk samen Abhilfe unserer Kirchen- und Priestemot folgende Vorschläge ganz ergebenst zu unterbreiten: 1. Die Errichtung einer jeden neuen Wiener Kirche und Pfarrei werde be trachtet und behandelt als eine Angele genheit der ganzen Wiener Erzdiözese, welche von den obgenannten Wegen,ob Bettelbriefe, Kirchen- oder Hauskollek ten, vorzugsweise eingeschlagen werden können, das zu entscheiden wäre natür lich Sache des erzbischöflichen Ordina riates. 2. Die Errichtung einer jeden neuen Wiener Kirche und Pfarrei gelte aber ferner auch als eine Angelegenheit des gesamten katholischen Österreich. Es bedarf wohl nicht vieler Worte zur Be gründung dieses. Ob die Landeshaupt städte Wien, das ein Drittel von Öster reichs Einwohnerzahl beherbergt, die Mehrzahl seiner Bewohner nach see lisch-religiös verkommt oder nicht, kann den übrigen Katholiken des Landes we der vom natürlichen noch vom überna türlichen Standpunkte aus gleichgültig sein. Wie stark übrigens der Zuzug vom Landein die Hauptstadtwarund ist,weiß man ja. Wo die Stadt es nicht kann oder doch faktisch nichttut,bestehtwohlauch für die Länder die moralische Pflicht,für die Belehrung der geistigen Not ihrer in der Stadt weilenden Kinder nach Kraft mitSorgezutragen.Eine Regelung dieser Frage (wie auch der folgenden) müßte wohl auf dem Wege über die österreichi schen Bischofskonferenzen versucht werden. 3. Im Sinne einer Abhilfe der augen blicklich herrschenden Priestemot möge in Erwägung gezogen werden,ob nicht an Priestern reiche Länder,so na mentlich Tirol mit Vorarlberg, einzelne, vor allem tüchtige und opferbereite geist liche Herren an Wien abgeben könnten. Solange die Seelsorgeverhältnisse und damit das warm pulsierende religiöse Le ben in Wien, trotz besten Wollens und Könnens der Seelsorgekräfte weithin so sehr im Argen liegen, ist natürlich nicht daran zu denken,daß Wien und die Wie ner Erzdiözese als solche den erforderli chen Priesternachwuchs hervorzubrin gen selberimstande wären.Entfalten sich im Zusammenhang mit der Erweiterung und VertiefungderPfarrseelsorge wieder allgemein katholisches Denken und Le ben,so wird es auch an den Priesterberu fen nicht mehr fehlen. Das katholische Berlin hat gegenwärtig, soweit der Schreiber das gelegentlich beobachten oder doch erfahren konnte,eine erfreuli che Anzahl von Priester- und Ordensbe rufen aufzuweisen. 4.Um bei der Schaffung derInteressen der sog.Gottessledlungen,aus denen die neuen Pfarreien hervorgehen sollen, gleichsamzweiFliegen miteiner Klappe zu schlagen, sei die Anregung gestattet, zu erwägen, ob nicht vielerorts wenig stens, mit dieser Aktion die der „Frohen Kindheit" sich verbinden ließe. Der Raum oder die Räumlichkeiten, welche an Sonn- imd Feiertagen zur Abhaltung des Gottesdienstes bereitständen, hätten während der Wocheden Kindern Obdach und Heim zu bieten. Mit der Beteiligung der im Laufe der letzten Jahre auf Wiener Boden(X. Be zirk) und Menda-Pavillon (XU. Bezirk) hatderSchreiber dieser Zeilen mehr oder weniger entlegenen und verwahrlosten Distrikts Wiens an einzelnen eifrigen und opferfreudigen Seelen nicht gefehlt, die bereit sind, an den lebendigen Grund stockfüreine Gottessiedlung und füreine neue Pfarre zu bilden. Aber ebenso klar ist es ihm geworden,daß eine allgemeine Hilfe und umfassende Organisation un erläßlich ist, soll die Sache wirklich er sprießlich gedeihen.Sollten die in diesen Ausführungen niedergelegten Anregungen und Vorschläge den maßgebenden Faktoren, aber auch nur zum Teil, brauchbar erscheinen, und,worauf es ja ankommt,auch wirklich aktuiert werden können,so wäre das dem Verfasser, der bei seinem gegebenen Berufe leider nur im Nebenamtean dem Gotteswerk der di rekten Seelsorge teilnehmen kann,der allerschönste und der allertröstlichste Lohn. DAW,Bischofsakten Piffl, 1924. Franz Heckenast-ein Soldatenmärtyrer Mathias Hofer Wenn im „Rupertusblatt" vom 1.Mai d. J. erfreulicherweise an das Martyrium des Hl. Florian erinnert wurde,so ist es angebracht, das Augenmerk auch aufei nen Soldaten zu richten, der vor noch nicht vielen Jahren ebenfalls sein Leben für den Glauben verlieren mußte; es ist dies Oberstleutnant Franz Heckenast, von dem der frühere Wiener Ordinarius für katholische Kirchengeschichte,Franz Loidl,in einem Beitragzur Wiener Diözesangeschichte schreibt*,daß wiresin die ser Offiziers-Persönlichkeit mit einem Beispiel zu tun haben, „das wir ... als christliches Mannesbekenntnis betrach ten und in etwa dem Soldatenmartyrium Florians...an die Seite stellen dürfen." Der in Komorn 1889 geborene, in der k.u. k. Armee im I.Weltkrieg gediente Artillerieoffizier Heckenastwurde 1920in das nun aufgestellte Bundesheer der 1. Republik übernommen.Wie als Soldat bewährte er sich nicht weniger als über zeugter Katholik und Anhänger der Kir che, wobei ihm Hauptverdienste um das Entstehen und Wirken in der von Papst Pius XI. propagierten Katholischen Ak tion zukamen. Diese Katholische Aktion im Bundesheer,zu welcher der „katholi sche deutsche Soldatenbund" erklärt worden war,fußte aufeiner vom damali gen Militärvikar und Seckauer Bischof Ferdinand Pawlikowski gegründeten Marianischen Kongregation, arbeitete eng mitdem Reichsbund und dem Kathotlischen Gesellenverein zusammen,deren Mitglieder, soweit sie in das Bundesheer eintraten,als Sauerteig die Massen durch religiöse Beispielhaftigkeit zu beeinflus sen suchten und somit die Hauptstütze der katholischen Militärseelsorge bilde ten. Nicht nur als guter Organisator-als Bundesobmann des KdSb leitete er u. a. 1933 den Ordnerdienst während des gro ßen Katholikentages in Wien -vielmehr durch seinen unermüdlichen persönli chen Einsatz in Form abendlicher Schu lungen bei den einzelnen Ortsgruppen, Vorträgen bei Rekrutenexerzitien, prak tischen Vorschlägen zur Durchführung desLaienapostolates usw.warer bemüht, die „Jungmänner im Waffenrock" gegen glaubens- und vaterlandsfeindliche Lockungen widerstandsfähig zu machen, was bereits 1933 äußerlich durch die Ver leihung der päpstlichen Auszeichmmg „Pro Ecclesia et Pontifice" gewürdigt wurde. Sein entschlossenes Auftreten auch ge gen den Nationalsozialismus, den er im mer mehr als großen Feind für Religion und österreichische Heimat erkannte, sollte ihm letztlich auch zum Verhängnis im irdischen Dasein werden: Als für Glaube und Vaterland Einsatzwilliger und alsBeisitzerim Militärgerichtshofbei Prozessen gegen Nationalsozialisten, wie nach dem Dollfuß-Mord,zog er sich den Haß ehemaliger Heeresangehöriger, die zur nationalsozialistischen Untergrund bewegung übergelaufen waren, zu. So wurde Heckenast mit zwei seiner Kame raden bereitsam 15.März1938„mitsofor tiger Wirkung" und wie es weiter im be treffenden Verwaltungsakt ironischer weise heißt,„mit späterer Regelung der Ruhegenüsse und Versorgungsansprü che" aus dem Militärdienst ausgeschie den, was auch mit Einlieferung in das Wiener Landesgericht verbunden war. Dort bestätigte er sogar noch den Erhalt seines Pensionsdekretes! Die „Ruhege nüsse" wurden ihm kurz darauf im KZ Buchenwald zuteil, die erkein Jahr über lebte. 38
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