Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Wiener Vorschläge für das Konzil im Jahre 1923 Eure Eminenz! Über Aufforderung Eurer Eminenz, Materien für die vielleicht bevorstehende Fortsetzung des vatikanischen Konzilszu nennen, erlaubt sich gehorsamst Gefer tigter, folgende Gedanken zu unterbrei ten,die nicht mehrals rein objektive Vor schläge enthalten sollen: a) Da in dogmenhistorischer Hinsicht das Lehrgebäude der Kirche genügend klar in seinen Hauptlinien ausgebaut ist und derzeit auch keine häretische Rich tung die Glaubenseinheit innerhalb der katholischen Kirche gefährdet, der Amerikanismus und Modernismus bereits ge nügend zurückgewiesen sind, so wird sich außerden bereitsaufdem ersten Teil desKonzils vorgelegten und nunfertigzu stellenden Schemata kaum eine Notwen digkeitzu anderen Vorschlägen bezüglich neuer Defmitionen ergeben.Gehorsamst Gefertigter erlaubt sich aufdas Wort der französischen Bischöfe hinzuweisen, die vor der Eröffnung des Vatikanums in ei ner Eingabe an den Hl. Stuhl erklärten: „In Anbetracht des gegenwärtigen ZustandesderKirche und der menschlichen Gesellschaft scheint es klug und ratsam, keine neuen Glaubensdefinitionen zu er lassen,wenn nichtdie höchste und augen scheinlichste Notwendigkeit hiezu zwingt,namentlich nicht in solchen Din gen,beidenen gemäß den Umständen der Zeitund desCharaktersder Zeitgenossen geistige Unruhen und Ärgernisse leicht vorauszusehen und zu befürchten sind." Uber diese Zone der Gefahren ragt in des sicherlich die mögliche Bitte um die Definition derleiblichen AufnahmeMaria indenHimmelhinaus.Hier würdenurdie Erneuerung des schon auf dem Vatikanum gestellten Antrags in Betrachtkom men. b)Für Vorschläge in disziplinärer Hin sicht erlaubt sich gehorsamst Gefertigter folgende Gedanken zu unterbreiten; 1. Da Österreich in die Mitte zwischen häretische Länder des Westens und die Schismatiker desOstens gestelltist,bean tragen die österreichischen Bischöfe Maßnahmen des Konzils zur Bekehrung und Gewinnung der Häretiker und Schismatiker.Unter anderem soll ein Or den, z. B. die Gesellschaft Jesu mit Ab haltung von Kontroverspredigten oder ähnlichen Veranstaltungen in allen grö ßeren OrtenEuropasbetrautwerden.Das Konzil möge alle schismatischen Vereini gungen einzeln oder die schismatischen Bischöfe einzeln zum Besuch des Konzils und zur Vereinigung mit der Kirche ein laden. 2. Das Konzil möge ein eigenes Dekret gegen den ungerechten modernen Kapi talismus erlassen,die MöglichkeitderLö sung der sozialen Frageim Sinne der En zyklika Kerum novarum wieder betonen, sowohl Reichen wie den Armen, Arbeit gebernund ArbeitnehmernihrePflichten vorhalten. 3. Für die großen Städte und Indu strieorte mit Nachtarbeit wäre die Er laubnis sehr vorteilhaft,das hl. Meßopfer an Sonn- und Feiertagen auch abends zu feiern mit vorhergehendem vierstündi gem Jejunium für Zelebranten und Kommunikanten. 4. Bestimmte Teile der heiligen Messe soll der Priester im Gemeindegottes dienst in der Volkssprache laut vorbeten oder vorlesen können,wie das Gloria,die Orationen, Epistel, Evangelium und Credo und die Postcommunio. 5. Bei Spendung einiger Sakramente und Weihungen nach dem Rituale Romanum soll der Gebrauch der Volkssprache nach approbierten Ubersetzungen gestat tet werden:So z. B.bei derTaufe,der Eu charistie, der Letzten Ölung; Benedictio apostolica in articulo mortis. 6. Eine approbierte Litanei vom allerheiligsten Sakramente wäre bei der eucharistischenBewegungunsererTagefür die verschiedenen Andachten dringend nötig. 7. Die Bischöfe bitten um Maßnahmen, um den öfteren Empfang des Bußsakra ments durch die Priester ihrer Diözesen durch Strafsanktionen urgieren zu kön nen. 8. Eine Abkürzung des Breviers an hö herenFesten gelegentlich der Reform der Lektionen. Dr. Ernst Tomek,Univ.-Prof., Wien Kardinal PiffI hilft deutschen Diözesen Der Bischofvon Paderborn Paderborn,den 30. Januar 1924. Ew.Eminenz! hatten die Güte, wiederholt reiche Spen den für die Notleidenden Deutschlands an mich zu senden. Für diesen Beweis Hochihrer wohltätigen Gesinnung beehre ich mich,meinen herzlichsten Dank aus zusprechen. Gott lohne Ihre Freigebig keit überreich. Eine leichte Besserung unserer großen Notlage ist, wie Ew. E.bekannt,eingetre ten, seitdem wir nun fast zwei Monate hindurch Wertbeständigkeit in unserem Geldwesen haben.Wie froh sind die Leu te,daß sie nicht zu befürchten brauchen, daß ihnen dasGeld unter den Händen da hinschwindet! Aber infolge der Zerrüt tung der Industrie sind Tausende und Tausende arbeitslos geworden. Ebenso sind sehr viele Beamte wegen der überall einsetzenden Sparmaßnahmen entlassen worden, die regelmäßigen Löhne und Gehälter sind bedeutend unter dem Frie densstande,während die Preise für drin gende Lebensbedürfnisse höher stehen als vordem Kriege.Darum ist überall,be sonders aber in den großen Industriege bieten, die Not eher größer als geringer geworden. Um so dankbarer bin ich all den gütigen Helfern im Auslande und be sonders Ew. E., daß Sie nicht müde wer den, Gaben zu senden. Teilen wir auch fernerhin gemeinschaftlich Freud und Leid miteinander. Genehmigen Ew. E. den Ausdruck meiner ganz besonderen Verehrung und Hochachtung,womit ich bin Ew. E. dankbarst ergebener -I-Caspar Anm.; Nr.6 ist durchgestrichen, dazugeschrieben: bereits geschehen.-DAW, Bischofsakten, Piffl, 1923. - Dreiseitige Handschrift, November 1923. Dr.F. L. An Se. Eminenz dem hochwürdigsten Herrn Fürstbischof(!)von Wien Friedrich Gustav Kardinal Piffl in Wien. Der Erzbischofvon Freiburg Freiburg, den 18.Februar 1924. Ew. E.!Durch dieVerteilungsstelle der Deutschen Bischöfe in Paderborn ging mir dieser Tage als Anteil der Erzdiözese Freiburg aus den österreichischen Sammlungen für Deutschland der Bei trag von 398 Dollarzu.Ich bin tiefgerührt über diese Gabe, die uns in den Tagen großer Not noch von unseren katholi schen Stammesbrüdern in Österreich dargeboten wird. Die Spende hat mich 28

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