4. Adalbert Anderl und sein zehnsprachiges Krankenbuch Dr. Franz Lo i d 1 Geboren i. J. 1860 zu Hoschlowitz, Pfarre Ottau im Böhmerwald, Gymnasiast in Krumau (CSR.) und Linz, drei Jahre im Zisterzienserstift Hohenfurth, war Anderl u. a. Kooperator in Oberleis, Mannswörth und St. Josef, Wien II., zweimal Provisor und schließlidi Pfarrer von Kammersdorf (März 1900 bis Mai 1902) und Mitterndorf a. d. Fischa (Dekanat Weigelsdorf), wo er am 11. April 1906 erst 46 Jahre alt starb und begraben wurde, nachdem ihm „den sehr rührigen und im besten Mannesalter Stehenden ein Schlagan fall zu dreijähriger Untätigkeit und eben so langem Leiden verurteilt hatte." .,Eine mehr selbständige Natur", litt es ihn nie lange auf einem Posten, den er daher öfter wech selte^). Auch war ihm keine lange Wirksamkeit bescieden^) und wäre wie viele in der cura ordinaria der Vergessenheit anheimgefallen,„wäre er nicht durch ein Werk in weiten Kreisen des Clerus dadurch be kannt geworden"^), hätte er nicht das „Praktische Promptuarium für Pfarrprovisoren und Nebenbenefiziaten^)" und vor allem sein „zehnsprachiges katholi sches Krankenbuch zum Gebrauche für die Kranken seelsorger sowie für alle Krankenfreunde und für die Kranken selbst" verfaßt. Er gab es als Kooperator von St. Josef zu Pfing sten d. J. 1897 heraus*^), nachdem er sich mit sprach kundigen Doktoranden aus den einzelnen Kronlän dern im Höheren Priesterbildungsinstitut Frintaneum eingehend beraten hatte"^). Es erschien in einem Band''), war jedoch auch in Einzelheften zu beziehen. Das Werk wurde vom f. e. Ordinariat als neu und originell belobt und dem Druck und der Ausstattung wegen als vorzüglich empfohlen®). Hält sich der erste, in Latein abgefaßte Teil (auch Heft), an das Rituale Romanum und ist es mit seinen sechs Artikeln und weiteren sechs Kapiteln eine aus führliche Instruktion'") für den Seelsorger, so ist der zweite, d. i. der deutsche Teil"), die praktische Aus führung hiezu, wie aus Uberschrift und Inhalt gleich ersichtlich ist: „Der bis zu seiner Auflösung Gott er gebene und betende Kranke. Der Krankenbesuch und der Beistand im Sterben. I. Trost-, Lehr- und Mahn worte (Unterricht) füij Kranke; II.Verschiedene Kran kengebete (Übung des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe, der Reue, der Geduld, der Ergebung in den Willen Gottes; III. Beichtgebete (Gewissenserfor schung, Erweckung der vollkommenen Reue); IV. Communiongebete; V. Gebet zur letzten Ölung; VI, Ablaßgebete; VII. Lehr- und Trostworte füi; Schwer kranke. Gebet für Schwerkranke. Seufzer eines ge fährlich Kranken; VIII. Gebet für Sterbende. Bei stand im Sterben." Die übrigen acht Teile bzw. Hefte in französi scher'"), italienischer'"), tschechischer'*), kroatischer'"), polnischer'"), slowakischer''), slovenischer'®) und un garischer*®) Sprache sind dann nur mehr getreue Übersetzungen des deutschen Textes. Weiters wurde noch je ein Teil oder Heft in kleinrussischer und eng lischer Sprache angekündigt*"). Dieses vielsprachige Werk ist so recht ein Ab bild der einstigen Österreich-ungarischen Völkermon archie mit ihren aus zwölf Nationen bestehenden und sich auf 19 Kronländer verteilenden rund 50,000.000 Reichsangehörigen"), von denen nicht we nige als Zivilisten oder Militärs, Kleriker und Laien nach der Reichs-, Haupt- und Residenzstand strebten oder kamen und damit mehr oder weniger, auch mit der Seelsorge der Wiener Erzdiözese in Berührung standen, und eine den schlichten Priesterverfasser wie die Wiener Erzdiözese gleich ehrende literarische Seelsorgsleistung. Quellen u. Literatur: Eao Personal-Täib. VII 29; Personalstand d. Erzd. Wien; Wiener Diöz. El. 1885/ 144, 1900/72, 1902/120, 1906/96; Pfarrchronik Kam mersdorf; Memoralienbuch der Pfr. Mitterndorf,I.Teil; Correspondenzblatt f. d. kathol. Clerus Österreichs, Jg. 1906, Nr. 11; Kelters Kathol. Literaturkalen der 1907 (VIII). Anmerkungen:') Zählte etwa 350 Seelen u.hatte eine einklassige Volksschule. — ^) Sh. Memorabilienbuch Mitterndorf; Correspondenzbl. — •"*) Die beiden Pfarrchroniken berichten nur von kleineren baulichen Unternehmungen. — ■*) Correspondenzbl. — ®) Mit einigen Artikeln 1896 im Klerus-Kalender, d. i. in dessen Beilage, erschienen. — ®) Merkwürdigerweise ist ausgerechnet Anderl mit keinem Wort in der Pfarrchronik daselbst erwähnt. — ') Krankenbuch, lat. Vorwort S. 6 f. — '^) Im Eigenverlag; Hofbudidruckerei Carl Fromme, Wien. — ®) Wr. Diöz. Bl. 1898/60: „Kernige katholische Krankengebete, Unter weisungen und Belehrungen mit ganz besonderer Sorgfalt ausgewählt, machen das aus der Praxis ent standene polyglotte Krankenbuch für die Ausübung der Seelsorge, insbes. im vielsprachigen kathol. Öster reich zu einem Inventar Stück jeder Pfarrkirche, fer ner zu einem unentbehrlichen Handbuch für den Seelsorger, für jede Familie, für die Kranken, für alle Militär-Seelsorger und Spitäler. Die Herausgabe .. . ist nicht auf pekuniären Gewinn berechnet, sondern stellt sich ganz in den Dienst der kathol. Seelsorge. Wir können allen Seelsorgern dieses billige u. sehr praktische Krankenbuch für diesen wichtigsten Teil der Pastoration auf das Wärmste empfehlen". — *®) Mit Vorwort u. Sachindex 68 S. — **) 43 S. — 45 S. — ") 42 S. — 'lÜ 41 S. — ^5) 39 s. — i») 44 S. — ") 42 S. — *8) 40 S. — *®) 37 S. — 2®) Wr. Diöz. Bl. 1898/60. — ") Funder Friedr., Vom Gestern ins Heute. Wien 1952, S. 841 5. Vom weiteren Schicksal der Kuratie im Adlitzgraben (1855/61)'^ Dr. Franz L o i d l Mit der letzten Eintragung ins „Ingedenkbuch" vom 8. Juni 1855 beschloß Kurat Johann Sedlak fak tisch seine vierjährige Seelsorgstätigkeit im Adlitz graben am Semmering. Sein Nachfolger wurde Josef Bodenberger, gebürtig aus Katscher in Böhmen (CSSR), weshalb er die böhmische Sprache beherrschte. Am 20. Juli 1846 im Stephansdom zum Priester geweiht, war er erst/ Kooperator in Hochneukirchen und Schott wien, dann vorübergehend f. e. Zeremoniär und Sek retär im Ordinariaf^lund übernahm nach der Provisur in Großstelzendorf 1855 die Kuratie. Seine Wirksamkeit währte zwar fast um zwei Jahre länger als die seines Vorgängers, doch hat er sich auf einen nur drei Seiten umfassenden Bericht beschränkt. Gleich die erste Aufzeichnung aus dem J. 1856 führt an, daß zu den Unannehmlichkeiten der 48
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