Beziehungen des Brünner Bistums zur Wiener Erzdiözese Dr. Johanri Zabel. Zweihundert Jahre Bistum Brünn 1777-1977. Verlag des Su detendeutschen Priesterwerkes, D-624 Königstein (Taunus), Bischof-KallerStrai3e 3,1976,100Seiten,reich bebildert Preis 75 Schilling (DM 11.-), brosch. 65 Schilling (DM 9.-). Wiener DomBuchhandlung. Die Jubiläumsschrift erscheint zur 200-Jahr-Feier der Diözese Brünn.Sie be richtet von der Vorgeschichte und Grün dung des Brünner Bistums durch Kaise rin MariaTheresia(1777),von den kirchli chen Ereignissen und allen Bischöfen der Diözese und vom Generalvikariat Nikolsburg(1938-1945). Darüber hinaus aber will das Buch für die deutschen Diözesanen, besonders für die heimatvertriebenen Südmährer eine religiös-kirchliche Heimatkunde sein. In gedrängten Ubersichten werden darge stellt: die Propsteien, Stifte und Klöster des Bistums,die Wallfahrtsorte und Wall fahrten, die religiösen Volksbräuche und die katholischen Vereine und Organisa tionen. In Kurzbiographien sind bedeu tendePriester,diein der Diözese wirkten oder aus ihr stammten, angeführt. Das letzte Kapitel berichtet von religiösen Zentren und Feiern nach derVertreibung und verbindetso die Diözesangeschichte mit der Gegenwart. Drei Ubersichtskar ten und 52 Bilder ergänzen und verleben digen die geschichtlichen Darlegungen (Zabel). Nach dieser allgemeinen Ankündigung und Empfehlung des so trefflich ausge statteten Buches sei gleich auf die darin behandelten Beziehungen dieser an das Wiener Erzbistum angrenzenden Diözese hingewiesen, die seit jeher durch die gleichgeartete und nurdurcheine rein po litische Grenze getrennte Bevölkerung Südmährens und des nördlichen Nieder österreichs bestanden. So sei gleich ver merkt, daß von den zwölf Diözesanbischöfen der zweite: Johann Baptist La chenbauer einige Jahre Pfarrer der Karlskirche in Wien, dann Rektor des WienerGeneralseminars(t 1799),und der fünfte: Franz Anton Gindl(t 1841)als Be arbeiter kirchlicher Angelegenheiten an der Wiener Hofkanzleitätig war.Eine en gere Verbindung entstand,als im Herbst 1938 die deutsch besiedelten Gebiete der CSSR, das deutsche Südmähren, zum sog. Reichsgau Niederdonau (Nö.) ge schlagen wurden und ein eigenes Gene ralvikariat Nikolsburg mit Propst Dr. Franz Linke an der Spitze errichtet wurde. Dadurch büdete sich ein lebendi ger Gedanken-imd Erfahrungsaustausch zwischen den dortigen Seelsorgern und dem Wiener Seelsorgeamt heraus. Auch konnten einige gauverwiesene Priester aus der Wiener Diözese dort weiterwir ken. Nach dem Krieg und der Vertrei bung fanden nicht wenige Südmährerim angrenzenden Wein- und Waldviertelund in Wien Aufnahme und sogar eine neue Heimat. Viele von ihnen und schon ihre Vorfahren kannten ja längst die WallUltramontanismus und Staatskirchentum Im Zusammenhang mit Forschungen zur Geschichte der Wiener katholisch theologischen Fakultät veranlaßte der Fund von Prozeßakten in der Bibliothek des Wiener Priesterseminars,im Vatika nischen Archiv,im Staatlichen Zentralar chiv Prag und in diversen belgischen Ar chiven die genaue fragmentarisch be kannten Kirchengeschichtsprofessoren Ferdinand Stöger. Als 1773 die Jesuiten professoren an den theologischen Fakul täten Österreichs entlassen wurden, er hielt dieser über die Protektion des Staatskanzlers Fürst Kaunitz-Rietberg den Lehrstuhl für Kirchengeschichte an der Wiener Universität.Stöger veröffent lichte 1776 eine „Introductio in historiam ecclesiasticam N.T.", gegen die der Wie ner Kardinal Fürsterzbischof Christoph Anton Graf Migazzi, entsprechend der Prozeßführungim absolutistischen Staat, einen Zensurprozeß vor Kaiserin Maria Theresia anstrengte. Der Kardinal klagte Stöger an, daß sein historisches Metho denbuch für Theologiestudenten auf der Basis von protestantischen Lehrbüchern in der kommentierten Bibliographie, die das dritte Kapitel dieses Buches aus macht, hauptsächlich protestantische und jansenistische Kirchengeschichtsbü cher behandle: Damit Thematik,Problemstellung und Argumentation dieses Prozesses erfaßt werden konnten, mußte das Gesamtge flecht der theresianischen Reformen zur Weltpriesterausbildung ab 1750 analy siert und mit neuesten Forschungsergeb nissen zurh österreichischen Spätjanse nismus(Peter Hersche) wie mit den ver schiedenenPositionenzurDiskussionum Josephinismus und theresianischen Re formkatholizismus konfrontiert werden. Daraus ergab sich der im Titel festgehal tene Aspekt, von dem aus sich theresianisch-josephinisches Staatskirchentum und der Reformkatholizismus des 18. Jahrhunderts als zwei Seiten eines einzigen Phänomens erweisen, das aus den Quellen desSpätjansenismusund der abendländischen Aufklärung erwuchs. Diesem steht der Ultramontanismus des 18. Jahrhunderts gegenüber. Der Prozeß gegen Stöger wirft nicht nur ein interessantes Licht auf diese beiden Par teien innerhalb der österreichischen und niederländischen Katholiken, sondern auch aufdie Entwicklung des Verhältnis ses von Kirche und Staat zwischen 1750 und 1787, wie auch auf die Wechselwir kung von Theologie und Politik. Elisabeth Koväcs, Ultramontanismus und Staatskirchentum im theresianisch-josephinlschen Staat, Der Kampf der Kardinäle Migazzi und Franckenberg gegen den WienerProfessor der Kirchen geschichte Ferdinand Stöger(WienerBei trägezurTheologie 52),Wiener Dom-Ver lag 1975,239 S.,öS 250.-. (Mit Erlaubnis der ÖHZ,1. September 1976,S. 19,abgedruckt.)- fahrtsorte Maria Bründl bei Poysdorf, Maria Dreieichen,Maria Taferl,Mariazell und fanden sogar im gleich geübten christlichen Brauchtum hier eine geistig religiöse Heimat (S.53—61). Auch durch katholische Vereine und Organisationen warlängstein Ideenaustausch vorhanden gewesen. Sicherlich auf die wertvollsten Beziehungen zum Wiener Bistum ver weistdasKapitelXI:BedeutendePriester in und aus dem Bistum Brünn(S.70-86), die vorübergehend oder ganz der Wiener Kirche besondere und große Dienste lei steten und durch Kurzbiographien z. T. mit Porträts vorgestellt werden: Johann Bapt Jahn, Professor für Dogmatik, orientalische Sprachen und Altes Testa ment an der Universität (tl816), Beda Diidifc, Professor des historischen Quel lenstudiums ebenda (t 1890), Karl Borromäus Landsteiner, Piarist, Schriftstel ler und Dichter, Propst von Nikolsburg (t 1909), Theodor Deimel, Religionspro fessor, Verfasser religiöser Schriften (t 1952),JohannDanzinger,Religionspro fessor, Initiator der jährlichen großen Südmährerwallfahrten (t 1947), Johann Schmuck, 1945, nach dem „Brünner To desmarsch", Katechet (t 1969), Floridus JohannLeeb,Propst von Klosterneuburg und RektorderUniversität,demzuEhren „Floridsdorf benannt wurde (t 1799), Gaudenz Andreas Dunkler, Propst von Klostemeuburgund Rektorder Universi tät,demzuEhren„Gaudenzdorf'in Meidling benanntwurde(t 1829),Jakob Rudolf Khünl,Pastoralprofessor an der Univer sität und theologischer Schriftsteller (t 1825), Vinzenz Eduard Milden bedeu tendster Pädagoge des 19. Jahrhunderts und erster bürgerlicher Fürsterzbischof von Wien(1832-1853), Matthias Pollitzer, Weihbischof und Generalvikar (f 1850), Wilhelm Ludwig Sedlaczek,Religionsleh rer und Beichtvater der Familie des Erz herzogs Karl und Propst von Klosterneu burg(t 1853),EmestMaria Mülier,Moral professor an der Universität und Bischof von Linz(t 1888),EmestHauswirth,Abt desSchottenstiftes(f 1901),Martinßauer, Dogmatikprofessor an der Universität (t 1921), Laurenz Müllner, Professor für christliche Philosophie und Rektor der Universität(t 1911), Georg Pfeiffer,Pfar rer und Mundartdichter (tl946), Wolf gang Eduard Pauker,Professor und Ver fasser kunsthistorischerWerke,Chorherr von Klostemeuburg (t 1950), Franz Ma rian Wagner, Obdachlosenseelsorger (t 1943) u. n. a. und nicht zuletzt der hl. Klemens Maria Hofbauer(t 1820).„Da die Südmährer schon vor der Vertreibung mit Österreich(genauer mit dem Wiener Bistum) eng verbunden waren, gibt es hier verständlicherweise weit mehr Zen tren religiösen Lebens als in der Bundes republik Deutschland",und zwar sind es: die Wallfahrtskirche Maria Schmerzen (Kaasgrabenkirche,Wien-DÖbling),Maria am Gestadein Wien,Südmährer-Kirchtag in Wien, Südmährerkreuz bei KleinSchweinbarth mit dem herrlichen Aus blick aufNikolsburg und dasso heimelige Südmährerland.-Abschließend die Ein ladung zur Lektüre,ja,zum Studium die ses vorbildlichen Festbuches über das Bistum, das kaum wie ein anderes Aus landsbistum Wien so nahesteht. Dr.F.L.
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