den Verstorbenen in ihre eigene Begräb nisstätte auf. Am 4. Oktober 1726 wurde die Erb schaft den Barnabiten übergeben®':Nach Abzug aller-nicht gerade geringer Spe sen - verblieben an Bargeld 15.000 fl.®®. ZurErbmasse gehörtenferner dieHäuser zum Großen und zum Kleinen Blumen stock. Das Haus zum Großen Blumen stock zählte22 Mieter®".DerhöchsteJah reszins betrugfüreinen Mieter180 fl.,der niederste 22 fl. Die Gesamteinnahmen kamen jährlich auf 1011 fl. Als regelmä ßige Abgaben an das Domkapitel, den Grundrichter, das eb. Zehentamt, die Gemeinde, den Rauchfangkehrer usw. waren jährlich 104 fl. 44 Kr. zu zahlen. Dazu kamen in manchen Jahren Ausga ben für Reparaturen und andere Ver pflichtungen, die die Einnahmen biswei len beträchtlich überstiegen. So mußten im August 1734 561 fl. als ein von Sailler versprochenes Heiratsgut an ein Mäd chen ausbezahlt werden®®. Das Testament wurde von Catharina Hullin (HÖlin, Hellin), einer Verwandten Saillers, angefochten. Der mißliche Erb streit dauerte elf Jahre. Durch Vermitt lung der Hofkammer fand am 16. April 1737 ein Ausgleich zwischen dem Kolleg und C. Hellin statt®®. Obwohl das Kolleg als Universalerbe anerkannt wurde,mußten der Gegenpar tei 12.000 fl. ausbezahlt werden. Zusam men mit der Einlösung der übrigen Le gate ergab dies eine Summe von 20.000 fl.®'. Infolge der Hofresolution wurde das Haus zum Großen Blumen stock dem Kollegzu Mariahilfüberlassen, aber von selten des Grundbuches dem selben die Gewähr über das besagte Haus nicht erteilt. Das Kolleg wurde angewie sen, das Haus an Private zu verkaufen®®. Eine ähnliche Verfügung betrafauch das Haus zum Kleinen Blumenstock®®. Nach Beilegung der Streitigkeiten errichtete das Kolleg am 10. Juli 1737 für Michael Sailler eine Stiftung von 1100 fl. für ein jährlich am 10. JuligesungenesRequiem, sowie für 40 hll. Messen".Da diese Stif tung formlos erfolgt war, mußte sie am 20. Februar 1767 zu Protokoll gebracht werden^'. Am 2. Juli 1726-wenige Tage vor Sail lersTod-machten sich an der 1719gegos senen Michaelsglocke, bei sonst gutem Ton und bestehender Resonanz,— Schä den bemerkbar. Im November 1731 fiel sie aus. Noch im gleichen Jahr erfolgte durch den GlockengießerJohann Baptist Dival ein Umguß. Mit geringeren Aus nahmen - das Chronogramm von 1719 wurde geändert - blieben die alten In schriften. Der Umguß kostete 650 fl. Die Glocke wog nun 40 Zentner und 43 Pfund^'. Diese 2377 kg schwere Stun den-Schlagglocke mußte im Kriegsjahr 1916 abgeliefert werden. Am Sonntag, dem 9. September 1916 ertönte nach dem abendlichen Ave-Maria zum letzten Mal der eigentliche „Schustermichel" über den Dächern Wiens. Die Sage vom „geizigen Schustermi chel" entstand zwischen 1726 und 1731 und bezog sich zunächst auf die 1719 ge gossene Michaelsglocke. Ihre Schäden und ihr Umguß wurden vom Volk mitder Krankheit und dem Tod Michael Saillers in Zusammenhang gebracht. Ab 1731 wurde allmählich der Name „Schuster michel" auf die im Jahre 1720 gegossene Glocke übertragen, die einst aufden Na men der „seligen Jungfrau Helferin"(impositum nomen B. V. Auxiliatricis)^® ge weiht worden war. Die vorliegende Arbeit hat es sich zur Aufgabe gemacht, Dichtung und Wahr heitin bezug aufden bürgerlichen Mäzen der Mariahilferkirche voneinander zu scheiden. Der Reichtum Michael Saillers in der sonstso armen Gegend,seineenge Verbindung mit dem Barnabitenkolleg, der langwierige Erbschaftsstreit, das merkwürdige Zusammenfallen der Schäden an der von ihm 1719 gestifteten Glocke mit seiner Todeskrankheit muß ten die Phantasie des Volkes heftig erre gen, so daß es zur Sage vom „geizigen Schustermichel" kam. Die Forschung aber erweist Michael Sailler als einen rechtschaffenen Menschen, der durch Fleiß und Geschick zu Wohlstand ge kommen war.Diesen verwendeteer nicht fürsich allein,sondern trugschonzu Leb zeiten wesentlich zur baulichen Vollen dung der Mariahilferkirche bei. Durch seine letztwillige Verfügung setzte er das Kolleg Mariahilfzum Universalerben ein und botdadurch den Barnabiten die Mit tel, die Innenausstattung der Mariahilfer kirche bis zum Jahre 1730 zu einem vor läufigen Endezu führen.Mitdem „Schu stermichel" aber hat sich Michael Sailler eine gewaltige Glocke als Denkmal ge setzt,die noch heute mit ihrem majestäti schen Klang die aufder Mariahilferstraße vorüberhastenden Menschen aufhorchen läßt. Anm:'Hubert Kaut,Sagen und Legen den. In: Das Wiener Heimatbuch/Mariahilf, Wien 1963, S.172 ff. Der Schuster u. GastwirtSailler veruntreute einenfürdie Mariahilferkirche bestimmten Gold schatz. Am Krankenlager bekennt er seine Schuld,gibtden Schatz heraus.Da von erhält die Mariahilferkirche ihre größte Glocke. Aber aus den dumpfen Tönen hört man das Stöhnen des Schu stermichels von seinem Krankenlager. 'Protoc. Baptiz. 1. Juni 1657 bis 5. AprU 1659,Tom. 23,fol. 245 v.Pfarrar chiv St. Stephan. ® Geburtsbrief, Pergament, H 30cm (+ 5,5cm Einfaltung für Siegel),B 38cm, in anhängender großer Holzkapsel Rats siegelderStadtWien,Mariahilfer Kollegs archiv,Abk.MaKA. *Im Michaeler Trauungsbuch ist keine Eintragung. ® Acta Collegy B. M. V. Auxiliatricis 1692-1730,S.44v,MaKA,Abk.Acta. ® Dienstbuch 9/5, 176; Gewährbuch H7 V, Archiv d. Stadt Wien. Die Dienst bücher des Domkapitels tragen im Stadt archiv die Zahl 9, die Gewährbücher ha ben Buchstaben, Die beigefügten Zahlen gebenjeweils die Seiten r bzw.v an.Abk. Dienstbuch - Db, Gewährbuch - Gwb. Der verdiente, leider früh verstorbene Heimatforscher Prof.Wühelm Pertlik hat mir diese Auszüge aus dem Stadtarchiv freundlicherweisezur Verfügung gestellt. 'Geometrischer Entwurf des Set. Mi chaels Pfarr-Districts ausser der Stadt Wiennvordem Burgg-Thor...vonFratre Thoma Rausch... anno 1736, Plannum mer 41, Michaeler Kollegsarchiv, Abk. MiKA. ® ZitiertbeiLeopold Schmidt,Zwischen Bastei und Linienwall, Wr. Vlg. 1946, S. 100. ®EbdaS. 99 f. Db 9/6, Gwb H 195. Hubert Kaut, a. a.O.S.173 zitiert Gustav Gugitz.Dem nach soll Sailler in einem Häuschen am Kaunitzbergl Nr.25 gewohnt haben. " Bestand-Zinß-Buch (Abk. BZB), Über Das von Herrn Michael Saüler,Der Mariae-HUffer-Kirchen zu Wien ver schaffte Hauß zum grossen Blumenstock alda aufden Grund in Schöfgenant. Neu beschriben und Errichtetden Ersten May Anno 1737, MaKA. "Schmaräckl ist eine Art von Kegel spiel. Mitteilung von Frau ao. Prof. Dr. Maria Homung, Akademie d. Wis senschaften. '® Db 9/5 176,Gwb H 336. "•Db 9,Gwb H 336v u.358. Waldemar Posch, Der Mariahüfer Friedhof^ In: Festausgabe des Mariahilfer Pfarrboten zur 300-Jahr-Feier d. Gna denbildes, Wien 1960,S.4f. Acta 1731-1758, fol. 76 v. "Don Severin Wachtelhofer,Series R. Patrum Barnabitarum... (Abk. SPB), Wien 1864, Nr. 130,MaKA,Handschrift. '® Acta 1731-1758,fol. 76 v. '® Acta 1692-1730,fol. 29 v. Liber Benefactorum Ecclesiae&Collegii Cong.Cler.Reg.S.Pauliad B.V.Auxiliatricem Viennae Austriae conscriptus an.ChristiM DCC LXXIX,p.12 r v.Dazu W. Posch, Quellen u. Daten z. Gesch. d. Mariahilfer Kirche.In: Wr.Gesch.Bl., 10. (70). Jg. 1955, Nr. 1,S.10. "Acta 1692-1730, fol. 44 v u. 45 r u. v. "Ebda fol. 45 r. '® Ebda fol.44 v.Dazu Pius Bonifacius Garns O.S.B., Series Episcoporum, Ratisbonae 1873, p.388. Acta 1692-1730, fol. 50 rv. Emeram Ritter O. S. B., Gottfried Bessel als Bauherr und Kunstmäzen.In: Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte, Bd. 16. Mainz 1972,S.96 f. Waldemar Posch, Quellen u. Daten a. a. O.,S.10 f. "Ebda S.U. '® Empfang undt Ausgaab über die Ver lassenschaft H. J. M. Salier von 9. July 1726... p.65, MaKA.Die Ausgaben f. d. Boten betrugen 1 fl., f. d.Reiter4 fl. 17 Kr., f. d. Postkutsche 5 fl.31 Kr. '® Acta 1692-1730, fol. 82 v. ®® Totenprotokoll d. Stadt Wien, Jahr 1726, fol. 171, 10. Juli 1726. ®' Acta 1692-1730, fol. 82 v.83 r. ®'Ebda 84 r. ®® Triennalakte 1725-1728,p.2 r,MaKA. BZB 1737. D.3 f. ®s Empfangu.Ausgaab.a.a.O.,p.134. ®® Acta 1731-1757,40 v. ®'Triennalakte 1737-1740, p.3 r. ®® Gb 9,H 336. ®® A. a. O.,H 366. Lib.Magistralis Lit.D,fol.393r u.Lib. Mag.Lit. E,1750,Fundationes Nr.35,fol. 385 r, MaKA. Stiftungsprotokoll v. 1697-1919 Nr. 60. MaKA.
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