Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

durch des Priesters Handt Ehelichen copuliert und.zusambeii gegeben worden sey."'. Die weiteren Lebensumstände für die nächsten zwanzig Jahre sind nur wenig greifbar. Er zog mit dem kaiserlichen Heer-wohlnach 1683-nach Ungarn und blieb bei demselben in den Türkenkrie gen und anderen Kriegenfür viele Jahre®. Seinen Reichtum erwarb er nicht durch einen Glücksfall, sondern durch harte Arbeit in seinem Schuhmachergewerbe. AusDankfür den Segen Gottes,der über seinen Angelegenheiten und Geschäften lag,ließ er später in aller DemutdasZei chen seines Berufes-einen Schuh-in die von ihm gestifteten Glocken eingießen. Michael Sailler dürfte demnach als HeeresHeferant die kaiserliche Armee mit Schuhwerk versorgt haben. Am 3. Jänner 1698 kaufte das Ehepaar Johann Salier (Sailler) und Eva Sara die neu erbaute Behausung „Zum Blumen stock"®. Sailler bezeichnet sich hier als Handelsmann.Dieses Haus wurde später zur Unterscheidung vom „Großen Blu menstock" gegenüber der Mariahilferkirche „Zum Kleinen Blumenstock" ge nannt'.Es befand sich Ecke der heutigen Stiftgasse 11 und Lindengasse 1 nahe der Stiftskirche. Die Bewohner dieses Hauses scheinen sich keines guten Rufs erfreutzu haben.1716 klagt der ErzhanswurstAnton Stranitzky(1676-1726)® über diese„Comödianten,dieim Blumenstock und im Zeißlischen Hause eingewirthet seyen und unter dem Vorwand Passions spiele aufzuführen,das ganze Yar zusamben geklaubte ärgerliche Materien gespiehlet und noch dato spiehlen,dabei sie aber keine sonderliche Qualität haben als daß theUs Verständige kommen ihre Ein falt anzusehen,theils aber und die mehristen als lüderliches Gesindel um ihreZo ten anzuhören." Leopold Schmidt glaubt in den Stuckgruppen,die sich in den Ni schen der Stiftskirche befinden und Pas sionsszenen darstellen,gewisse Hinweise auf das volkstümliche Treiben in der Nähe der Kirchezu erkennen(z. B.Hen kersknechte zeigen Christus die lange Nase usw.)®. 1708kaufte Sailler,dernun als„hausge sessen im Scheff bezeichnet wird, ge genüber der noch unausgebauten Mariahilferkirche einen Grund zur Erbauung eines Hauses'®. Es entstand in der Folge ein sehr stattliches, dreigeschossiges Ge bäude, genannt „Zum Großen Blumen stock"an der Ecke der heutigen Mariahilferstraße Nr. 50 und der Kirchengasse". Derebenerdige Teil war-wohlmitRück sicht auf die Wallfahrer, die sich beim Gnadenbild Mariahilf einfanden - dem Gastbetrieb gewidmet. Es befanden sich dort eine Schankstube mit fünfFenstern und eine Küche mitzwei Fenstern aufdie Gasse; ein Zimmer mit vier Fenstern, zwei in den Hof und zwei auf die Gasse; ein kleines Gewölbe mit Eingang und Fensteraufdie Gasse;eine großeSalaterrena mit acht Fenstern; ein kleiner Neb'enkeller zum Biereinlegen und Fleisch aufhängen, ein großer Keller, ein Stall und zugleich ein Holzgewölbim Hof.Fer nerein Garten mit„zweySchmaräcklund zwey Budl Köglpläz,samt Spatium noch aiif2Schmaräcklpläz"'^. 1717starb die Gattin Saillers.Er wurde nun Alleinerbe der Häuser zum Großen und zum Kleinen Blumenstock'®. Durch rechtliche Erkenntnis der Grundobrig keitkam 1718einimKollergem gelegenes Haus (heute Esterhazygasse 24) an Mi chaelSailler.Er behieltes rüchtlange.Be reits am 30. September 1719 wurde es durch Kauf vom Domkapitel erworben. 1720 wurde dieses Gebäude auf Grund landesfürstlicher Verordnung zu einem Spital gewidmet". Seit dem Tod seiner Gattin scheint Mi chael Sailler mit dem Kolleg Mariahilfin engere Verbindung getreten zu sein. Die Bamabiten \vußten die Freundschaftdie ses so wohlhabenden Nachbarn sehr zu schätzen. Waren doch die Bewohner die ser Gegend nach dem Urteil des Superintendanten und Spitalmeisters des Bür gerspitalsarme Leute,für die es nichtein malrentabelwareineneigenenFriedhofzu errichten". Der Mann aber, dem es gelang, diesen ausgezeichneten Wohltäter zu gewinnen, warP.Don Johannes Lang.Er wurdeam 26. Februar 1676 zu Wien geboren,legte am 18. AprU 1694 seine Profeß ab imd wurde am 8. September 1700 zum Prie stergeweiht".Mitguten Umgangsformen begabt,erwarb er sich um die Ordensge meinschaft viele und glänzende Verdien ste.Über20Jahre war er in Mariahilfund St. Michael als eifriger Prediger tätig'®. 1716 übernahm er als Superior die Lei tung des Kollegs und verblieb in diesem Amt bis zum Jahre 1722'®. Zwar konnte derBau der Mariahilferkirche noch unter dem tatkräftigen SuperiorDonKarlJosef Jung 1715 beendetund dieTürme mitdrei von Johann von Enzing gestifteten Glokken am 8. August 1715 versehen wer den'®,aber esfehlte noch vieleszur weite ren Ausstattung. Zum besseren Zusammenklang der Glocken war die Ergänzung durch eine größere notwendig.Und hier trat Michael Sailler zum ersten Mal als Mäzen in Er scheinung. Er stiftete 2000 fl. zum Guß der 35 Zentner und 20 Pfund schweren Glocke zu Ehren des hl. Michael. Sie wurde1719vomkaiserlichenStückgießer Leopold Michael Heyiii gegossen". Ne ben den üblichen, meist lateinischen In schriften verlangte Sailler vertraglich noch folgende deutsche Inschrift: „Der helfferin deren Christen Undt Michaeli Erzenglischen Fürsten,schütz herren im letzten streidt zu besonderer ehre hatt dieser Michaeliß glocken der Wohl Edle Undt gestrenge herr Michael Salier, deß hochwürdigen Domb Capitelichen Gerichtß in schöff bestend Verdienter H. Senior auß sonderlicher freygebigkeit Verfertigen lassen 1719"". Geweiht wurde die Glocke am 5. Mai 1719 von Emeric Esterhäzy,Bischofvon Agram". In die Sagengeschichte Wiens aber ist Michael SaiUer mit der Stiftung der Glocke B.V.Auxiliatrix-im Volksmund heute „Schustermichel" genannt-einge gangen.Sailler spendete für diese Glocke 4000 fl.Sie wurdeim kaiserlichen Arsenal gegossen und gleich dort vom Abt von Göttweig benediziert". Gottfried Bessel (1672-1749), seit 1714 Abt von Göttweig, hatte 1719Lukasvon Hildebrandtfürden Neubau des Stiftes gewonnen. Die Aus führung wurde dessen Bauführer Franz Jänggl(Jänckl)übertragen".Jäncklhatte 1711-1715 nach seinen eigenen Plänen den Bau der Mariahilferkirche zu Ende geführt. Wohl auf Veranlassung Jänckls, ersuchten die Barnabiten Gottfried Bes sel die Weihe dieser monumentalen Glocke vorzunehmen". Außer der PummerinzuSt. Stephan gab eskeineschwe rere, übertraf aber diese an Klang. Nach Mitteilung der GlockengießereiPfundner besteht die Legierung der Glocke aus Zinnbronze. Das Gewicht beträgt 4445 kg, der Durchmesser 193 cm, die Tonhöhe a-1 (mit Unterton b, dadurch nach oben erhöht). Am oberen Glockenrand stehen die Worte:„Goss mich Leopold Halill kayserlicher Stuckgiesserin Wienn 1720.Ich bin zu Gottes Ehr und Menschen Dienst be reit und gebe wanich soll,den Todten das Geleit. Wigt 7939 Pfund". Am Glocken mantel sind außen vier Embleme: das Gnadenbild Mariahilf, rechts davon ein miteinem Pfeil durchbohrter Schuh,fer ner der ApostelPaulus mitdem Schwert symbol und die Gründer der Regularkleriker des hl. Apostels Paulus.Unter dem Marienbild steht in deutscher Sprache das Chronograph: „aVs LIebrelCher h. MIChaeLIssaLLerfrelgebigkelt bin ICh aVCh hie her gehenC ket(die Großbuch staben ergeben die Jahreszahl 1720). Am 18. Jänner 1721 riß ein heftiger Sturm einen derTurrahelrhe von ddf Kir che herab.Michael Saüler kam nicht nur für die Kosten der Wiederherstellung auf, sondern ließ alle Türme mit Kupfer dekken".1723 waren diese Arbeiten beendet. Im Mai 1725 begann man mit der Aufstel lung der Statuen an der Westfassade. Bei der finanziell schwierigen Lage des Barnabitenkollegs, konnten diese aufwendi gen Arbeiten nur im Vertrauen auf die Beihilfe Saillers unternommen worden sein. Darum die große Bestürzung, als sich 1726 der Gesundheitszustand Saillers plötzlich verschlechterte. In aller Eile wurde ein Bote nach Mistelbach gesandt, wo sich damals der mit Sailler befreun deteDon JohannesLang befand'®.Sobald aberderTod eintrat,brachteein reitender Bote diese Hiobsbotschaft nach Mistel bach.Die Kollegsakte'® nennen als seinen Sterbetag den 9. Juli 1726.DasTotenpro tokoll der Stadt Wien gibt unter dem 10. Juli 1726 „Schlagfrais"als Todesursa che an®®. Gegen Mitternacht traf P.D.Johannes Lang von Mistelbach ein.MitRechtkonn ten die Barnabiten Michael Sailler als ih ren Schutzherrn und allerfreigebigsten Wohltäterbezeichnen,dersie soliebtewie seine eigenen Söhne und dies bis zu sei nem Ende, da er die Gottesmutter von Mariahilf zur Universalerbin eingesetzt hatte®'. Am 11. Juli gaben diejenigen,die dem großen Wohltäter im Leben nahege standen, vom Trauerhaus zur Mariahil ferkirche das Geleite: die Armen, die Karmeliter und die Barnabiten. Die Bar nabiten aber nahmen nach dem Requiem

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