Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

45. Karitas einer Frauenkongregation (Eine aus vielen) In der Notzeit der Arbeitslosigkeit und Wirtschafts krise der dreißiger Jahre kam es auf jede noch so kleine soziale Hilfeleistung an. Und sie wurde von zahllosen kleineren und größeren katholischen Ver einigungen wie hier geleistet. Am 8. Jänner 1930 wurde an der St. Clemens Maria Hofbauer-Kapelle (Barackenkii-che am Gatterhölzl, Wien XII-Meidling), die von einem Rektor geleitet wurde, eine Frauenkonkregation unter dem Titel: Maria von der immerwährenden Hilfe, gegrün det. Die 17 Sodalinnen, die bereits einer anderen Kon gregation angehörten, bildeten den Grundstock. „Schon am 8. Mai d. J. gaben wir 78 Erstkommu nikanten ein Frückstück, ein Brauch, der nun jedes Jahr bis zur Unterbrechung durch die NSDAP 1940 wiederholt wurde. Manchmal zählten wir an die 300 Kinder. Am 1. April trat eine Eucharistische Sektion ins Leben mit dem Zweck, durch Gebet und Opfer viele Priesterberufe zu wecken, auch arme Priesterstudenlen zu unterstützen. Ihr folgte eine ArmenseelenSektion, deren Mitglieder den Verstorbenen übers Grab hinaus geistliclie Hilfe zukommen lassen wollten. Auch der Kindergroschen wurde monatlich an die Pfarre (damals noch die Pfarre Meidling, ab 1935 wurde Gatterhölzl Pfarre) abgeliefert, um die Erhaltung und Errichtung von Kinderheimen und Horten zu unter stützen. Als am 1. Apx'il 1932 die Namen Jesu(Not-)-Kirche bei der Philadelphiabrücke (Wien XII) eingeweiht wurde, spendeten wir die Kränze und Girlanden zur Ausschmückung. Alljährlich veranstalteten wir ein Gartenfest und mehrere Theateraufführungen, um mit dem Reinertrag dem Missionär P. Neuhaus den Ankauf eines Motor bootes zu ermöglichen, damit er seine Filialen auf suchen konnte. Im Winter 1933 haben wir einen Kongregations tisch ins Lebens gerufen. Durch freiwillige Spenden der Sodalinnen und vieler Freunde war es möglich, täglich 40 bis 45 Armen des XII. Bezirkes ein warmes Mittagessen zu bieten. Im Winter brachten wir es auf etwa 6000 Mahlzeiten. Auch eine reichliche Weihnachtsbeteilung der Armen fand statt. An die VinzenzKonferenz sandten wir öfter Spenden von 20 Schilling. Am 11. Jänner 1934 konnten wir Kardinal Innitzer 525 Schilling für arme Priesterstudenten übergeben. Am 30. Mai 1935 bekamen 206 Erstkommunion kinder das Frühstück. Im Winter 1935/1936 nähten die Sodalinnen für die Karitas gespendete Kleider und Wäschestücke. Da wir an die Leitung des Ignatiusbundes der Patres S. J. in Lainz und an das Knabenseminar in Hollabrunn einen monatlichen Beitrag schickten, be schlossen wir jetzt, einigen Studenten den Aufenthalt in einem Priesterseminar der Patres Kapuziner (die inzwischen die Seelsorge in der Kirche am Gatterhölzl übernommen hatten) zu bestreiten. Für die Neuanschaffung von Kirchenbänken und Fenstern (der baufälligen, aus dem I. Weltkrieg be stehenden Barackenkirche) spendete die Kongregation 300 Schilling sowie für den Ferienaufenthalt der Heimkinder 100 Schilling an unsere Pfarre." (Aus dem Kongregationsarchiv, Frau Berta Preisegger, Präfektin). Dr. F. L. 44. Leidige Pfarrchronik (?!) „Einen groben Schnitzer habe ich auch schon zu stande gebracht. Ich, der ich den Beruf zu einem Chro nikverfasser in mir fühlte, verbrannte seiner Zeit, nocli anno 1898, sämtliche Verkündbücher bis auf zwei, die von den Jahren 1807 und 1809. Erst als ich diese beiden näher durchlas, sah ich, welch' werthvolles Material für die Chronik darin enthalten sei und welch' werth volle Dinge ich seiner Zeit verbrannte. Wie gern würde ich sie heute ausgraben! Indem ich nun mit der Be wältigung des Aktenmaterials fertig bin, bemerke ich, daß leider von meinen Vorgängern ohne Ausnahme (es waren zehn) viel zu wenig aufgeschrieben wurde. Es ist nichts vorhanden als der Verkehr mit den vor gesetzten Behörden, von Kastner (Pfarrer von 1866/ 1873) angefangen, auch davon nur ein kleiner Teil. Das wichtigste und Interessanteste der Chronik muß ich auf anderem Wege erfahren. Hr. Pfarrer Berger (von 1874/1893), der noch lebt und mich über viele Dinge aufklären könnte, gibt mir keine Antwort. Die Schrif ten, die ich zur Anlegung dieser Chronik alle durch gelesen habe, sind, soweit ich sie nicht als gänzlich werthlos vernichtete, periodisch zusammengebunden. Ich fand untrügliche Zeichen dafür, daß diese Akten von meinen Vorgängern nie durchgelesen worden waren. Es waren auch ganze Stöße von Regierungsver ordnungen vorhanden. Ich vernichtete sie als unnützen Ballast bis auf einige wichtige und besonders inter essante, die eigens zusammengebunden nun vorliegen." (So schrieb Pfarrer Anton Lehner, Vorsteher der jose finischen Pfarre Hinterstoder, Diözese Linz, auf Seite 134, der während seiner Wirksamkeit von 1898 bis 1919 mit der Abfassung der Pfarrchronik begann und von der Frühzeit an bis in seine Zeit durch müh selige Sammel- und Forschertätigkeit aus schrift lichen und mündlichen Quellen unter genauer Nen nung der verläßlichen Gewährsmänner aus seiner Pfarre alles Erreichbare zusammentrug und dadurch eine der mustergültigsten, übersichtlichst gegliederten und Stoffreichsten Pfarrchroniken verfaßte, die mir je unter die Hände kam. Sie liegt auf 216 großformatigen Seiten vor. Ich stieß während einer diesjährigen (1976) Seelsorgsaufhilfe — Pfarrervertretung — darauf und studierte sie gründlichst.,— Beschämend und leider durch andere Vernichtungsmaßnahmen wiederholt, ist was auf Seite 161 im Jahre 1904 von Genanntem fest gehalten wurde: „Die alte Schmiedin, die lange Magd im Pfarrhof war und darum über Pfarrverhältnisse gut instruiert ist, behauptet, daß Pfarrer B... (1874/ 1893) Stöße von Akten seiner Vorgänger in die Steyr werfen ließ". — Mögen solche oder ähnliche „Räumun gen" nie mehr vorkommen!) Dr. Franz Loidl 45. Kanonikus Karl DIttrich als Pfarrer von Ältottakring (1874—1889) (Fortsetzung) 1887 Da die acht vorhandenen Schulen für die auf 8000 Köpfe angewachsene Kinderzahl nicht mehr aus reichten, wurde eine Bürgerschule errichtet und am 6. Februar 1887 eröffnet und in feierlicher Weise ein geweiht. Ich wurde wieder ersucht, die Einweihung vorzunehmen und eine Ansprache zu halten. Mein Thema war: Die dreifache Einweihung durch Priester, Lehrer und Schüler. Die beiden Kooperatoren assi stierten. Am 14. April fand die Grundsteinweihe der Redemptoristenkirche in Hernais durch Se. Eminenz statt. Wir litten viel durch die große Kälte — Se. Emi nenz ließ sein Erscheinen bei der Festvei'sammlung des ersten katholischen Arbeitervereines absagen — ich hätte mich auch gern entschuldigt, doch ich konnte den 45

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