was Huntpichler zur Kircäie sagt, um das päpstliche Amt. Im ersten Abschnitt (Sichtbare und autoritative Leitung) wird darüber gehandelt. Der sich anschlie ßende zweite Abschnitt (Korporatives und organologisches Kirdienverständnis) setzt mit einem fundamenta len Kontroverspunkt der damaligen Ekklesiologie ein. Es geht um die Plenitudo potestatis papalis. Diese leugneten auch die Konziliaristen nicht. Aber sie sahen in ihr nicht die Quelle der kirchlichen Gewalt. Sie dachten weiter über das Verhältnis von gesamtkirch licher und päpstlicher Autorität im Rahmen der dem Mittelalter geläufigen Korporationsvorstellungen. Huntpichler jedoch lehnt (mit den übrigen Papalisten) diese Vorstellungen ab und sieht im Papst die Quelle aller kirchlicher Autorität. Er denkt nicht mehr kor porativ, sondern organologisch und personalistisch. Nach diesem Verständnis aber ist der Papst nicht mehr der der Gesamtkirche verantwortliche Administrator (Rector, Minister etc.), sondern tritt dieser als Monarch gegenüber. Organologische, unitaristische und personalistische Gedanken bestimmen also das Bild. Diese Gedanken überlagern bei Huntpichler den juridischen und in der Praelatio gipfelnden Kirchenbegriff. Von diesem Verständnis her spricht er auch dem Konzil den Anspruch ab, es repräsentiere die Gesamtkirche. Mit den für diesen Zusammenhang wichtigen und für das spätmittelalterliche konziliaristische Selbstverständnis äußerst folgenreidien Fragen befaßt sich der dritte Ab schnitt (Zur Repräsentation der Kirche).Im spätmittel alterlichen Konziliarismus geht es um den Streit zweier Repräsentationsvorstellungen. Die eine folgt dem kor porativen Ordnungsmodell; diesem war der „Konzilia rismus der Tradition" verpflichtet. Im Zuge der Ver schärfung des Kampfes Konzil—Papst reicherten aber verschiedene Konziliaristen (besonders Basels) diese Repräsentationsvorstellung mit Gedanken den organologischen Repräsentation an und fanden damit jene Argumente, mit denen sie die Identifizierung von Konzil und Kirche auf die Spitze treiben konnten. Gegenüber dem Konziliarismus der Tradition bestand in dieser Weiterentwicklung des konziliaren Gedan kens eine „Neuerung", die von den „Papalisten" vor allem bekämpft wurde. In diese Front ist auch Hunt pichler einzuorden. Organologische Gedanken läßt er nur in bezug auf den Papst gelten; das Konzil ist weder Repräsentant der Gesamtkirche, nodi kann es ohne den Papst verbindliche Aussagen treffen. Huntpichler ent kleidet das Konzil jeglicher übernatürlicher Autorität. Diese aus dem 4. Kapitel zu ziehenden Folgerun gen werden im 5. Kapitel näher belegt und einzeln be handelt(Vom Consilium ecclesiae universalis zum Consilium papae): 1. Das Konzil ist nur in Verbindung mit dem Papst handlungsfähig; Einberufung usw. sind in das Belieben des Papstes gestellt. Es ist letztlich nichts anderes als eine nützliche (aber nicht notwendige) Einrichtung. Denn zur Kirche gehört nicht die sich in Konzilien zeigende Konziliarität. 2. Dieser Auffassung entspricht auch, was Huntpichler zur Verbindlichkeit der Konstanzer Dekrete sagt. „Frequens" ist für ihn nur ein unverbindliches Gesetz, dessen Anwendung ins Belieben des Papstes gestellt ist. Zu „Haec sancta" äußert sich der Dominikaner überhaupt nicht. Es scheint für ihn vielmehr eine ausgemachte Sache zu sein, daß die Väter in Konstanz nicht im geringsten daran dachten, das Konzil dem Papst überzuordnen. Wenn also für Huntpichler das Konzil zu einer zwar nützlichen, dennoch aber nicht notwendigen Ein richtung des kirchlichen Lebens geworden ist, dann stellt sich die Frage: Wie dachte er über die von seinen Zeitgenossen gehegte Vorstellung, daß das Konzil un erläßlich sei für eine Reform der Kirche? Für den Dominikaner haben Reform und Konzil nichts mit einander zu tun. Diesem ebenfalls zum spätmittelalter lichen Konziliarismus gehörenden Bereich widmet sich das 6. Kapitel (Reform des christlichen Lebens). Der Konziliarismus versuchte auch um der Reform willen die Superiorität des Konzils über den Papst zu dekre tieren. Mit Hilfe der Lehre vom Papa haereticus sive malus sollte dieses Ziel erreicht werden. Huntpichler jedoch leugnet mit den Papalisten seiner Zeit ein gesamtkirchliches Gericht über den Papst: Weder Häresie noch auch schlechter Lebenswandel können Ab setzungsgründe bilden. Denn keines von beiden füge der Kirche unheilbaren Schaden zu. Wenn also Hunt pichler mit einem schlechten und für die Reform nicht aufgeschlossenen Papst rechntet, wer ist dann für die Kirchenreform, mit der es der Dominikaner ernst meint, zuständig? Die Antwort ist einfach: Huntpichler gehört zu den Anhängern einer Selbstreform der Glie der und ist dafür innerhalb seines Ordens und in Österreich tätig, wie im zweiten Abschnitt gezeigt wird (Selbstreform der Glieder). Doch diese Selbstreform wurde vor allem als Ordensreform von den Landes fürsten energisch gefördert. Diese hatten daran ein großes Interesse. Von dieser Einsicht her ergibt sich der Fragekreis des letzten Abschnittes (Die Christenheit unter landes fürstlicher Obhut). Die dazu gehörenden Fragen wer den in ihrer grundsätzlichen Bedeutung herausgestellt. Natürlich erkannte der Wiener Dominikaner nicht, daß das zu seiner Zeit sich kräftig entwickelnde landes fürstliche Kirchenregiment ein neues Kapitel der Kirchengeschichte eröffnete. Daß die Fürsten ihre Interessen und nicht die des päpstlichen Kirchenver ständnisses vertraten, begriff er nicht. Er sah in den Fürsten vielmehr die Bundesgenossen des Papstes, die im Verein mit diesem den Konziliarismus — diese ge fährliche Neuerung — überwinden halfen. Die Fürsten waren in Huntpichlers Augen nur die Garanten der „alten Ordnung". Mit diesen Überlegungen, in denen die kirchenpolitischen Gründe für das Scheitern des konziliaren Kirchenkonzeptes im Spätmittelalter an gedeutet werden, schließt die Untersuchung. Dr. F. L. 41. Pastoralpsychiatrie als Proprium Viennense Zur pastoralpsychiatrischen Differentialdiagnose pseudoreligiöscr Phänomene Dr. med. Gottfried Roth Im Zuge von Studien für eine psychiatrische Dämonologie erschien es wie immer notwendig, histo rische und psychiatriegeschichtliche Überlegungen an zustellen und Quellen nachzugehen, die eine gleich artige Thematik beinhalten. Die scholastische Psychopathologie war, was nicht oft genug betont werden kann, streng somatisch orien tiert; demzufolge sind in der Sicht des Petrus Hispamts diejenigen krankhaften Erscheinungen, die wir heute als Psychosen bezeichnen, Krankheiten somatischer Entstehung und Art mit einer spezifischen Behinde rung der Geistsphäre des Menschen. Die Besessenheit hingegen ist „eine Unsinnigkeit, die sich darin äußert, daß es zum Ausbruch einer Unordnung der sittlichen Person kommt. Die Ursache muß in außerhalb des Menschlichen liegenden Gedanken und Handlungen gesehen werden"^). Im gleichen Verständnisbereich wird bei Wernherus medicus, einem Mönchsarzt aus Kremsmünster, die Epilepsie als Fallsucht (morbus caducus dictur) und Gehirnkrankheit (habet principium in cerebro) aufgefaßt, nicht als Besessenheit, folgerichtig ist die angegebene Therapie diätetischer Natur, entsprechend den damaligen Möglichkeiten, und kein Exorzismus^). Von besonderem Interesse ist, nicht zuletzt im Ver gleich mit der Gegenwart, die Dämonologie in der Ver sion österreichischer Aufklärung, wie dies aus zwei Notizen der Kaiserin Maria Theresia deutlich wird, die sich mit dem Problem der Besessenheit befaßte. Die Kaiserin führt in ihrer ersten handschriftlichen Notiz zunächst Klage darüber, daß die Behörde in einem schlesischen Falle von Exorzismus 1755 nicht informiert gewesen wäre, und fährt fort: „unsere Reli gion braucht nicht mehr solche Überzeugnisse (Über42
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