Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträge zur Wiener Diözesangesdiidite BE I LAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr.11 (November 1976) 114. Jahrgang Nr. 6 Wien, am 1. November 1976 17. Jahrgang Inhalt; 40. Eine Neuerscheinung zum Konziliarismus der Wiener Universität im 15. Jahrhundert und zur Wissenschaftsgeschichte der theologischen Fakultät.— 41. Pastoralpsychiatrie als Proprium Viennense. Zur pastoralpsychiatrischen Differentialdiagnose pseudoreligiöser Phänomene. — 42. Zum Tod Kaiser Franz Josephs I. vor 60 Jahren. — 43. Karitas einer Frauenkongregation (Eine aus vielen). — 44. Lei dige Pfarrchronik(?!). — 45. Kanonikus Karl Dittrich als Pfarrer von Altottakring (1874—1889). Fort setzung. — 46. Uber Flüchtlingsseelsorge in Niederösterreich während des Ersten Weltkrieges (1914/ 1918). 40. Eine Neuerscheinung zum Konzilia rismus der Wiener Universität im 15. Jahrhundert und zur Wissenschafts geschichte der theologischen Fakultät Isnard W.Frank OF., Der antikonziliaristische Domini kaner Leonhard Huntpichler. Ein Beitrag zum Konzi liarismus der Wiener Universität im 15. Jahrhundert, Ardiiv für österreichische Geschichte, Bd. 131 (Wien 1976), 415 Seiten Die vorliegende Untersuchung will den Beitrag Huntpichlers (c. 1400—1478) in der theologischen und kirchenpolitischen Auseinandersetzung um das Basler Konzil erfassen und darstellen. Da der Dominikaner seit 1449 an der theologischen Fakultät der Wiener Universität lehrte, werden seine ekklesiologischen Aussagen in Zusammenhang gebracht mit dem wirk lichen oder vermeintlichen „Wiener Konziliarismus" seiner Zeit. Die Untersuchung versteht sich als Beitrag zu dieser in der bisherigen Forschung mehr voraus gesetzten als wirklich bis ins einzelne hinein unter suchten und bewiesenen Auffassung. Schließlich wird versucht, an Hand von Huntpichlers Kirchenverständ nis Antwort zu geben auf die wichtige und einem grö ßeren Zusammenhang zuzuordnende Frage, warum der Konziliarismus Basels im Verlaufe des 15. Jahrhun derts zerfallen mußte. Die angegebene Zielsetzung wird in zwei Schritten zu erreichen versucht. Der erste Teil der Arbeit befaßt sich mit der Sammlung und Siditung des umfang reichen und nur handschriftlich überlieferten Schrift tums Huntpichlers. Im zweiten Teil geht es um die systematische Auswertung seiner Aussagen zu Kirche, Papst, Konzil und Kirchenreform. Die für den angeschnittenen Fragekreis wichtigste Schrift ist der 1447/48 abgefaßte Tractatus de auctoritate ecclesiastica. Mit dieser Abhandlung wollte Huntpichler zunächst nur die 1447 durch Friedrich III. vollzogene Obödienzerklärung für Papst Nikolaus V. verteidigen. Da aber mit der Obödienzleistung auch die Aufgabe der bisherigen Neutralität und die Unter drückung der Basler R.umpfsynode verbunden war, weitete Huntpichler das Thema aus und griff die konziliaren Prinzipien überhaupt an. In späteren Abhand lungen zum gleichen Thema vertiefte Huntpichler sei nen „papalistischen" und betont antikonziliaren Stand punkt. Im ersten Kapitel (Der Tractatus de auctoritate ecclesiastica) wird diese wichtige Schrift nach Uber lieferung, Aufbau, Abfassung sowie nach der Ver anlassung und Zielsetzung ausführlich behandelt. Da Huntpichler in der Schrift die Sache so darstellt, als ob mit der Obödienzleistung auch ein Verzicht auf das Konzil und die konziliare Autorität verbunden ge wesen wäre, ergibt sich die Zielsetzung für das zweite Kapitel (Obödienz und konziliares Prinzip). Es ist zu untersuchen, ob Huntpichler mit dieser Meinung in Übereinstimmung der Theologen in Deutschland und besonders in Wien steht. In der Form eines Uberblickes wird diese Aufgabe im ersten Abschnitt angegangen. Ähnliches gilt auch für den zweiten Abschnitt, der sich dem vielzitierten „Wiener Konziliarismus" zuwendet. Dieser Abschnitt ist zugleich als Exkurs gedacht, der auf die noch vorhandenen Forsdiungslüdcen und die ein seitigen Urteile über Wien als „Hochburg des Konzi liarismus" aufmerksam machen will. Der dritte Ab schnitt befaßt sich mit Thomas Ebendorfer, einem her vorragenden Wiener Theologen und Exponenten der konziliaren Theorie. Derselbe wandelte sich in seinen Auffassungen im Laufe der Jahre jedoch nicht wenig. Diese Wandlungen werden als Korrektur und Ergän zung in das bisherige und einseitige Bild über Ebendorfers Konziliarismus eingefügt. Vom Hintergrund des eingeschobenen zweiten Kapitels her ergibt sich, daß der Verfasser des Traktates über die kirchliche Autorität im Gegensatz steht zu der in Deutschland und auch in Wien noch weitverbreiteten „konziliaren Gesinnung". Er gehört also zu den erklärten Antikonziliaristen, die es damals in Deutschland gab. Für Wien dürfte der betont papalistisch denkende Theologe vereinzelt dastehen. Mit den im 3. Kapitel besproche nen weiteren Schriften des Dominikaners zur Kirchen verfassung und zur Reform kann die getroffene Fest stellung noch weiter erhärtet werden. In den Reform schriften spielt das Konzil überhaupt keine Rolle mehr. In den sehr wichtigen Quaestiones de auctoritate ecclesiastica (1452/61) macht er sich die scharfe anti konziliaristische Position eines Heinrich Kalteisen und des Verfassers von „Quoniam, ut ait beatus Hierony mus" zu eigen. Durch einen Vergleich der genannten Traktate konnte die Abhängigkeit Huntpichlers von diesen nachgewiesen werden. Im zweiten Teil geht es um die systematische Er fassung der Auffassungen Huntpichlers über Kirche, Paust, Konzil und Kirchenreform. Diese Aufgabe ist mit einer weiteren verbunden: Wieweit färbte auf den Wiener Dominikaner die zeitgenössische Auseinander setzung zwischen „Konziliaristen" und „Papalisten" ab? Mit diesen beiden Aufgaben wird noch ein dritter Ge danke verbunden: Wieweit erfaßte Huntpichler die zeitbedingten Argumente der konziliaristisch denken den Kanonistik und Theologie seiner Zeit? Dieser sich dreifach überschneidende Zusammenhang wird im Rahmen einer problemgeschichtlichen Analyse des Konziliarismus, der sich über den „Konziliarismus der Tradition" zum „Basler Konziliarismus" entwickelt hatte, untersucht. Dies gilt vor allem für das 4. Kapitel (Zum Kirchenverständnis Huntpichlers). Huntpichlers Kirchenbegriff ist juridisch; auf die sichtbare und autoritative Leitung der Congregatio fidelium durch die Praelatura kommt es dem Domini kaner ausschließlich an. Die Praelatio aber hat im höchsten Maße der Papst inne. Darum dreht sich alles. 41

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