Beiträge zur Wiener Diözesangesdiidite beilaqe des wiener diözesanblattes Nr.2 Wien 1.März1962 3. Jahrgans; 3. Der junge Gruscha und der Armen-Pfarrer Kriesche Dr. Franz Lo i d I In der Denkschrift zur feierüchen Inthronisation Kardinal Fürsterzbischofs Anton Josef Grusdia 6.Juli 189(F) und 21 Jahre später im Nachruf nach dessen am 5. August 1911 auf dem f. e. Schloß Kranichberg bei Gloggnitz erfolgten Tod, wird ein Onkel genannt, von dem es heißt, Gruscha sei zum Priestertum zu nächst durch den frommen Sinn seiner Eltern, dann aber auch durch einen priesterlichen Onkel angeregt worden, der als Pfarrer von Rodaun und (Wiener) Neudorf sehr seeleneifrig gewirkt und sich durch seine heroische Diebe zu den Armen, die audi am Allerhöchsten Kaiserhof Aufsehen erregte, den Ruf eines mustergültigen, ja heiligmäßigen Seelsorgers verschafft habe^}. Der soll nun dem elfjährigen Hand werkerssohn den Übertritt von der St. Anna Schule (in der Inneren Stadt) auf eine Freistelle am Akademi schen Gymnasium (an der Jesuitenkirche am alten Universitätsplatz) vermittelt haben^"). Da Gruscha als Begründer der katholischen Ge sellenvereine in der Österreich-ungarischen Monarchie (ab 1852) dem eigentlichen, ihm befreundeten „Gesel lenvater" Adolf Kolping ebenbürtig zur Seite stand, als Apostolischer Feldvikar von 1878 bis 1890 der ge waltigen Armee, d. i. von Heer und Marine, und schließlich als Fürsterzbischof und Kardinal zu den poßen Österreichern zu zählen ist und gezählt wird*), ist es bestimmt angebracht und von Interesse, wie bei allen bedeutenden Persönlichkeiten, auch über seinen angeblichen Förderer und vorbildlichen Priesterbe rufsanreger einiges zu klären. Gemeint ist die Person des Anton v. Padua Kriesdie, geb. am 8. September 1795 zu Wasslowitz (Herrschaft Neuschloß, Kreis Leitmeritz, heute CSR.). der 1818 ins Wiener Alumnat eintrat, 1822 im Ste phansdom zum Priester geweiht wurde, Kooperator in Wilfersdorf und Inzersdorf war und endlich als Lokalkaplan, bzw. 10. Pfarrer in Rodaun (vom 15. März 1831 bis 10. Oktober 1843) und als Pfarrer in Wiener Neudorf bei Mödling bis zu seinem Tode am 19. November 1854 wirkte^). Leider ist nichts Näheres über verwandtschaftliche Beziehungen oder den An laß des Bekanntwerdens zu erfahren und schweigen sich Quellen wie etwa die Chroniken von Rodaun und Neudorf darüber aus. Es handelt sich deshalb mehr um eine „Wahlverwandtschaft" oder einen „Wahlonkel" als um eine tatsädiliche Verwandtschaft oder möglicherweise gar nur um Namensgleichheit; denn wäre Pfarrer Kriesche wirklich Gruscäias Onkel ge wesen, so hätte bestimmt Prälat Sebastian Brunner dies hervorgehoben«), zumal der mit Gruscha schon im Alumnat und dann erst recht nach dem Revolu tionsjahr 1848 ideell und freundschaftlich verbunden war. Interessanterweise vermögen nun zwei Briefe Kriesches an Grusdia angeführt zu werden, wodurdi zwar keinerlei verwandtschaftliche Bindungen bestä tigt, aus denen aber dafür geistig-freundsdiaftliche Beziehungen erkannt werden können^). Gruscha hatte am 31. Juli 1849 den Doktor der Hl. Theologie er worben und die gedrudcten Thesen seiner approbierten Dissertation®) gelegentlich auch Kriesche gewidmet, worauf ihm dieser mit Datum vom 9. September 185{) aus Neudorf sich bedankend antwortete: „Lieber Gruscha! Mit Deinem neuesten Werk hast Du mir eine sehr große Freude gemacht. Die Güntherische Philosophie") auf solche Weise angewandt kann nur gute Früchte bringen. — Daß dieses Werk mehr als nur eine Auflage erleben wird, meine ich Dir prognoscieren zu können, wobei Du Dich bei dem Nädisten nicht zu schämen brauchst, den Doktor an der Spitze zu nennen. Einige Druckfehler über Übersetzungen dpften dann verbessert werden. - Aus Deinem Werke gelernt zu haben, dürfte bald mancher 55jähnge Theologe (Anspielung auf sich) anerkennen ~ Daß Du die Exercitien gemacht, beweist nur daß Du auf dem rechten Boden stehst.-Ich kam mit meiner Abmeldung leider zu spät. — Dir mehrmals dankend und um den 2. TheÜ seiner Zeit bittend verbleibe ich Dem alter Freund und Bruder in Christo A. K. Pfarrer. NB. Herrn Dr. Brunner meinen ef. Gruß." — Der zweite Brief ist datiert vom 5. Mai 1851 und handelt von einem für Unterrichtszwecke verfaßten Leitfaden mit dem Titel „Katholischer Firmunterricht 0)« aus der Feder des Katecheten Gruscha. Wahrend seines Universitätsstudiums hatte sich der junge Gruscha einst zunächst in der Hauptsache dem Erlernen der biblischen Altsprachen, d. i. des Chaldaischen und Syrischen, gewidmet. Es scheint, daß er — vielleicht gerade durch seinen „Wahlonkel" beeinflußt, dessen Lieblingsgebiet solche Sprachstu dien für die Mußestunden bildeten") — sogar ein be sonderes Interesse für das Alte Testament an den Tag gelegt hatte^^j Pfarrer Kriesches Besonderheit und Ruf bestanden aber m seiner selbstlos-karitativen Seelsorgstätigkeit, 45
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