Beiträge zur Wiener Diözesangesdiidite BEI LAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr.7 (Juli 1976) 114. Jahrgang Nr.4 Wien,am 1. Juli 1976 17.Jahrgang Inhalt; 24. Nur Heimatkundlerlos? — 25. P. D. Florentius Schilling, Prediger bei St. Michael (1636—1667). — 26. Pfarrer Emanuel Paletz als verdienter Schulmann Ottakrings (1848—1873) (Fortsetzung). — 27. Vom liberalen zum christlich-sozialen Wien. — 28. Der Kampf des Liberalismus gegen die Ordens genossenschaften, besonders im Spiegel der Protokolle de.s altösterreichischen Reichsrates. — 29. Noch mals Geschichte der Pfarre Hüttcldorf. — 30. Wiener Pastoralkonferenzen (1867—1967). Ubersicht. — 31. Trost- und Huldigungsfahrt zu Pius IX. im Jahre 1871. — 32. Nationalsozialistische Predigtwar nung 1940. 24. Nur Heimatkundlerlos? Löbliche Gemeinde Vorstehung Ottakring! Johann Gansky unterbreitet sein Ansuchen um einen Vorschuß von 100—200 fl. zur Drucklegung der Geschichte von Ottakring (14. 5. 1888): Es ist bereits eine vollendete Thatsache, daß selbst Ortschaften, die an Häuser- und Seelenzahl sehr klein, sich dennoch einer Geschichte des Ortes erfreuen, und zu Nutz und Frommen der Bevölkerung dient. Besonders für die Gemeinde Vertreter ist so ein Buch von unschätzbarem Werthe, wenn man über Vorfallenheiten der Vergangenheit einen klaren Einblick genießt. Diesem Uibelstande abzuhelfen, habe ich seit 20 Jahren es unternommen, Notizen zu sammeln und zu einem harmonischen Ganzen zu vereinigen. Durch einen kleinen Auszug der Geschichte habe ich bereits den Beweis geliefert, daß jeder, der die Geschichte gelesen, ein großes Interesse bekundete und das Verlangen kundgab, etwas Vollendetes zu besitzen. Diesem allgemeinen Wunsche zu entsprechen, ist nur die Drucklegung zu veranlassen. Ich bin in der angenehmen Lage, das nöthige Materiale zu besitzen, welches so vollständig ist, daß kein besonderer Umstand vergessen wurde, daher vollstän dig zu liefern, welches keine andern Geschichten ent hält. Daß ich aber die Drucklegungskosten nicht er schwingen kann, ist bei dem bescheidenen Einkommen und dem Familienstande kein Wunder. Ein praktischer Vorschlag wäre es aber, daß 100 Stück gedrückt würden, und hievon 30 auf die Vor stehung, 10 Armenräthe, Aerzte gerechnet, der Uiberschuß für neu eintretende Mitglieder reservirt bleiben. Mit 100—200 fl. wäre es möglich, 10 Bogen zu drukken und nach Belieben in der Folge fortzusetzen. Hiemit wäre der Anfang gemacht, und das Inter esse in allen Kreisen würde bald entscheiden, eine Fortsetzung zu veranstalten. Die Aneiferung zur Sammlung von Notizen würde bald rege werden, und für die Zukunft etwas Gedie genes hervorzubringen. Jetzt, wo meine Tage gezählt sind, wäre es nur vortheilhaft, den Druck zu veranstalten, weil ich es be sorgen und überwachen könnte. Ob nach mir eine Per sönlichkeit sich findet, solches Werk zu unternehmen, ist sehr zweifelhaft, da es nur viel Mühe und Plage erfordert, aber kein Dank zu erhoffen ist. Ich stelle daher demüthigst die Bitte: Die löbl. Gemeinde Vorstehung geruhe, mir zu obigem Zwecke einen Vorschuß per 100—200 fi. geneig test zu bewilligen, und verpflichte mich, denselben ä 5 fl. monatlich abzuzahlen. In Deutschland, Frankreich etc. erleben solche Werke mehrere Auflagen, nährt den Mann, und wer den geschätzt und geachtet, da nur Wenigen es beschie den ist, solche Werke schreiben zu können. Bis jetzt habe ich ein sdimeidielhaftes Schreiben und Abonnement erhalten. Unterschrift:J.G. Beilage im Gedenkbuch der Pfarre Altottakring, Bd. II, 1871—1953. Dr.F.L. 25. P. D. Florentius Schilling, Prediger bei St. Michael(1656—1667) F. Dr. Waldemar Posch SDS „Für Wien ist Schilling insofern von Bedeutung, als erst durch seine Berufung nach Wien der Plan Ferdinands II. — die Hofkirche St. Michael zu einem Zentrum der RekathoUsiei'ung zu machen — verwirk licht werden konnte. Außerdem sind die Predigten Schillings eine wertvolle Quelle für die Zeit- und Kul turgeschichte des Dreißigjährigen Krieges." Einige Jahrzehnte bevor Abraham a Sancta Clara in der Augustinerkirche seinen Ruhm als Prediger be gründete, war Wiens bedeutendster Kanzelredner der Barnabit Don Florentius Schilling. Sein Auftreten fiel in die Zeit, da die aus Italien herbeigerufenen Barnabiten die Seelsorge in der Hof kirche St. Michael übernommen hatten, aber vielfach die deutsche Sprache nicht beherrschten. In Floren tius Sdiilling gewannen sie jenen Mann, der „als Pre diger den Zulauf einer begeisterten Gemeinde hatte und nicht selten den Kaiser mit dem Hofstaat zu seinen Füßen sah"^). Schilling stammte aus Scherweiler im Elsaß-). Sein Geburtsjahr ist unbekannt, doch gibt uns die Tatsache einen Anhaltspunkt,daß er 1617 in Molsheim bei Straß burg „Syntaxin gehört""). Molsheim war unter Johann von Manderscheid, Bischof von Straßburg, durch die Gründung eines Jesuitenkollegiums im Jahre 1580 zu einem Zentrum der religiösen Erneuerung im Elsaß geworden'), Gerade während der Studienzeit Schillings erlebte Molsheim einen neuerlichen Aufschwung. 1618 wurde die an das Kolleg anstoßende spätgotische Kirche eingeweiht, die neben der Kölner Jesuitenkirche als der bedeutendste spätgotische Bau des 17. Jhs. im deut schen Sprachraum gilt. Gleichzeitig mit der Einweihung dieser Kirche wurde das Kolleg mit Genehmigung Pauls V. zur Akademie erhoben''). Aber weder die Jesuiten, noch seine elsässische Heimat konnten Schil ling festhalten — ihn zog es in die Ferne. 1629 legte er zu Zagarolli in Italien seine Profeß ab —, er war Barnabit geworden"). Mit Rücksicht auf sein Her kunftsland erhielt er den Ordensnamen Florentius. Dieser Heilige war einst Bischof von Straßburg ge wesen"'). 25
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