Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

22. Wiener Erlebnisbericht 1944/1945*) 1944 Sonntag, 16. Juli war um -'//.lO Uhr Fliegeralarm. Die hl. Messe um 10 Uhr mußte entfallen. Flieger alarm dauerte bis ^^12 Uhr. Beim Fliegeralarm am Sontag, den 10. September, suchten die Gläubigen in der Unterkirche Zuflucht. Es ging alles klaglos und ohne Zwischenfall. Gott sei Dank ist bei diesem schweren Angriff, der in Wien so viel Schaden anrichtete und Opfer forderte, in unserer Pfarre nichts geschehen. Bei den Angriffen feindlicher Flieger auf Wien am 7., II., 13. und 17. Oktober ist in unserer Pfarre Gott sei Lob und Dank nichts geschehen. Luftangriffe hatten wir in letzter Zeit viele. Be sonders schwer war der vom Sonntag, dem 5. Novem ber, und Montag,6. November, bei welchem die Kirche St. Anton im 10. Bezirk zerstört wurde. Unsere Pfarre blieb verschont. Gott sei Dank und der lieben Mutter Gottes. Nach einigen Tagen der Ruhe waren am 13., 17. und 22. November wieder schwere Angriffe auf Wien. 1945 Seit dem Luftangriff vom 18. Dezember 1944 hatten wir einige Zeit Ruhe. Am 15. Jänner war wieder ein schwerer Angriff auf Wien, ebenso am 21. Der am 15. Jänner war fast der ärgste Angriff überhaupt. Unsere Pfarre blieb wieder verschont. Gott sei Dank und seiner hl. Mutter. Wir beten um weiteren Schutz! Am 6. Jänner wurde ein junger Holländer, der im Einsatz hier ist, in die Kirche aufgenommen, bedingt getauft und ging bei der Abendmesse zur hl. Kommu nion. Seine (17) sämtlichen Kameraden waren dabei. Hat auf die Gläubigen großen Eindruck gemacht. Am 2. Februar war abends um Uhr Kerzen weihe und Lichterprozession. Obwohl die Straßen beleuchtung fehlte und auch in der Kirche wegen Stromausfall kein Licht war, war der Besuch der Gläubigen sehr gut. Wunderschön und ergreifend war die Lichterprozession in der finsteren Kirche. Dienstag, 6. Februar, Angriff auf Wien. Mittwoch, 7. Februar, war wieder ein schwerer Angriff feindlicher Flieger auf Wien. Von bis V44 Uhr nachmittags. Bei uns Gott Lob nichts ge schehen. Auch Donnerstag war ein Angriff. Dienstag, 13. Februar, wieder ein schwerer Angriff! Dann täglich Angriffe, und zwar am 14., 15,, 17., 18., 19., 20., 21. und 23. Februar. Am Mittwoch,21. Februar,fielen die ersten Bomben in der Pfarre! Völlig zerstört wurde das Gasthaus Bisinger! Der Wirt und drei Angestellte sind tot! Sechs Bomben fielen teils im Friedhof, teils in Gärtnerei betriebe in der Nähe des Friedhofes. Der Luftdruck war sehr stark beim Pfarrhof und bei der Kirche zu spüren. Gott Lob und Dank, daß Kirche und Pfarrhof nichts geschehen ist. Donnerstag, 1. März, war Fliegeralarm von V2II his V24 Uhr nachmittags. Der längste Alarm seit Kriegs beginn. In Wien wurden keine Bomben geworfen. Freitag, 2. März, Herz-Jesu-Freitag, war das Allerheiligste wieder den ganzen Tag ausgesetzt zur Sühne anbetung. Abends um 6 Uhr Kreuzwegandacht, nachher Sühnemesse. Wir wollen dem Herzen Jesu Sühne dar bringen, daß das heiligste Herz unsere Kirche und die ganze Pfarre bewahre vor allen Schäden des Krieges. Montag, 12, März, ein schwerer Angriff auf Wien. Die Staatsoper wurde zerstört, die obere Sakristei von St. Stephan erhielt einen Treffer, Kärntnerstraße, Augustinerkirche u. v. a. •) Pfarr-Administrator G. R, Karl Maria Walcher im Gedenkbuch der Pfarre Altottakring, Bd, II. (1871—1953). War von 1. 9. 1935 fast bis zu seinem Tod am 2. 6. 1971 an dieser Pfarre eifrig tätig. H.H.Pfarrvikar Sch. hält die Sühnebetstunden mit den Kindern, Frauen und Männern. Der allmächtige Gott und alle seine Heiligen mögen uns auch weiter beschützen! Mittwoch, 21. März, wieder ein schwerer Angriff. Auch in Ottakring, in unserer Pfarre, fallen Bomben. Die Kirchenfenster wurden stark beschädigt, im Pfarr hof waren mehrere Fenster zerschlagen und drei Tür stöcke herausgerissen. Donnerstag, 22. März, wurde Neulerchenfeld stark zerstört! Auch in Hernais u. a. die Kalvarienbergkirche schwer getroffen. Am Palmsonntag war um ^//.lO Uhr Palmweihe und Prozession. Die Teilnahme der Gläubigen war sehr groß, auch viele Kinder. Gott sei Dank ging alles klaglos. Alarm war erst um V4I2 Uhr, als alles schon gut vorbei war. Montag, 26. März, Alarm von 10.25 bis 15,25 Uhr! In Wien wurden keine Bomben geworfen. Die Karwoche verlief schön und ruhig... Der Be such am Sonntag war sehr gut, überaus viele Kom munikanten. Während des Hochamtes, beim Credo, war Fliegeralarm. Das Hochamt wurde abgebrochen und abends um 6 Uhr gehalten. Das Abendhochamt war dann sehr gut besucht und sehr feierlich. Heute brin gen die Zeitungen die Nachricht, daß die Russen vor Wiener Neustadt stehen. Wien wird also auch Front stadt! Gott schütze unsere Stadt und unsere Pfarre!! Ostermontag war Gottesdienst wie an Sonntagen. Da Arbeitstag war und viele Sängerinnen (Chor) arbeiten mußten, entfiel das Hochamt. Um 10 Uhr war Klein alarm, die hl. Messe wurde gehalten. Auch die V2I2Uhr-Messe. Um 12 Uhr war Vollalarm. Gott sei Dank gingen die Osterfeiertage gut vorbei. Wie ein drohendes Unwetter lag über allen die Nachricht vom Anrücken der russischen Verbände! Denn Wien wird nach Beschluß der nationalsozialisti schen Leitung bis zum letzten Haus verteidigt werden! Dienstag, 3. April, meldet der GKW-Bericht die Einnahme von Wiener Neustadt durch die Russen! Und dann ging es Schlag auf Schlag! Russische Ver bände gehen auf Baden vor! Andere auf Preßburg. Infolge der Nähe der Front überfliegen ständig russi sche Tiefflieger die Stadt und werfen sogenannte Teller bomben. Ecke TKaliastraße und Maroltingergasse wur den drei Personen zerrissen. Am 5. April fiel Baden! Die Russen rücken näher an Wien heran! Ihre Spitzen sollen schon am Laaerberg stehen! Am Freitag, 6. April, wird Preßburg erobert, Bruck a. d. Leitha, ödenburg und Eisenstadt folgen! Die Russen stoßen nun von allen Seiten auf Wien vor! Samstag, 7. April. Russen rücken über den Laaer berg in die südlichen Vororte Wiens ein! Schwere Kämpfe! Die Russen rücken auch von Mariabrunn her gegen Wien!! Wir richten für alle Fälle die Unterkirche her, um dort Schutz zu finden!Die Geschwister B...lassen sich in der Unterkirche häuslich nieder. Die Straßen sind abends hell erleuchtet von den Bränden um und in Wien! Unruhige Nächte! Ununter brochen schießt und hämmert die Flak! Russische Flieger umkreisen die Stadt. Der Gottesdienst aber geht normal weiter. Nur ist er begreiflicherweise sehr schlecht besucht. Tabakfabrik und andere Firmen (Meinl) und Ge schäfte werden geplündert. Die Nacht von Samstag auf Sonntag ist sehr arg! Die Kanonen dröhnen! Gott stehe uns bei! Mutter Gottes hilf! Breite deinen Mantel aus über unsere Pfarre, über unser liebes schönes Wien, über unser armes, armes Land! Am 8. April, Weißer Sonntag, haben wir normalen Gottesdienst! Nur die Predigt bleibt aus. Die Leute sind zu unruhig. Das Schießen dauert an! Die Russen sind über die Hütteldorfer Straße in die Stadt eingedrungen. In der Stadt wird schwer ge22

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