Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträge y^jener Diözesangesdiidite ßE I LAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr.3(März 1976) 114. Jahrgang Nr.2 Wien,am 1.März1976 17.Jahrgang Inhalt: 8. Franz Megerle (1649—1705). Ein Vetter Abrahams a Sancta Clara in Österreich. — 9. Zwei charak teristische Gedenktafeln zum Februar 1934. — 10. Zur Baugeschichte des Kollegs St. Michael in Wien. — 11. Fünf Glocken des Stephansdomes läuten zur Weihnacht 1945 (Erlebnisbericht). — 12. Das Wiener Priesterseminar. Seine Entstehung im Jahre 1758 und sein Wandel durch die Jahrhunderte. 13. Die Pfarrkirche in Prein an der Rax. Vom Altbau zum neugotischen Gotteshaus. 1770—1870. 14. 100 Jahre Pfarrkirche Maria vom Siege (1875—1975). — 15. Stockerau. 8. Franz Megerle (1649—1705) Ein Vetter Abrahams a Sancta Clara in Österreich Bischofsvikar Franz Stubenvoll 1. Megerle in Österreich Die Sippe der Megerle in Kreenheinstetten (Pfarre Meßkirch) im schwäbischen Hegau, heute Land Baden, hat im 17. Jh. der Kirche, auch der im heutigen Öster reich, beachtliche Priester geschenkt. Gehörte dieser Ort damals auch zur Fürstenbergischen Grafschaft, so war er vordem habsburgisch gewesen und noch im 17. Jh. umgeben von habsburgischen Grafschaften Vorderösterreichs und darum in guter Verbindung mit anderen habsburgischen Ländern. Zudem war die Donau eine beachtliche Verbindung nach Wien. 1.1. Der berühmteste der Megerle in Österreich ist Johannes Ulrich Megerle, besser bekannt unter seinem Ordensnamen Abraham a Sancta Clara, Unbeschuhter Augustiner in Maria Brunn (heute Wien, 14. Gemeinde bezirk), get. am 2. (1.) Juli 1644, gest. am 1. Dezember 1709^), der berühmteste Kanzelredner zur Zeit der Türkenkriege, kaiserlicher Hofprediger in Wien, ein Meister barodcer Sprachkunst und vielgelesener Volks schriftsteller. Da seine Lebensstationen auch für seinen Vetter Franz bedeutsam wurden, seien einige hier fest gehalten: 1662—1666 Mariabrunn; Noviziat, Theologiestudium und Priesterweihe 1668; 1668—1670 Augustinerkirche Wien, 1670—1672 Wallfahrtsprediger in Taxa, 1672— 1683 wieder in Wien, 1683—1689 Graz, 1689—1709 wie der Mariabrunn und Wien'-^). Ein steinernes Standbild Abrahams (mit Rosenkranz in Mönchshabit) von Hans Schwathe wurde 1928 in Wien I., Ecke Goethegasse— Hanuschgasse enthüllt^). 1.2. Abraham(von)Megerle,ein Onkel des obigen Jo hannes Ulrich (1.607—1680): Studium in Innsbruck (Theologie und Musik), dort Priesterweihe; beliebter und gesuchter Musiker, Mitglied der Hofkapelle in Innsbruck, um 1640 bischöfl. Kapellmeister am Dom zu Konstanz, um 1650 erzbischöfl. Kapellmeister und Kanonikus in Salzburg, 1652 von Kaiser Ferdinand geadelt, kurz darauf Apostol. Protonotar, zuletzt Kano niker am vornehmen Kollegiatstift Altötting, hier bis zum Tode unermüdlich in der Wallfahrerseelsorge tätig. Er hinterließ an die 2000 musikalische Kompositionen, verfaßte Gebetbücher, speiste Tausende arme Wall fahrer und war ein Helfer seiner großen Verwandt schaft^). Die ungetrübteste Freude seines Alters war sein Neffe Abraham a. S. Clara; dieser ist auch der einzige, der seinem Onkel in dankbarer Gesinnung er geben blieb''). 1.3 Sigmund Megerle, ein Stiefbruder des Abraham von Megerle, reg.Chorherr des berühmten Stiftes Dürnstein in der Wachau in Niederösterreich, später Pfar rer in Großglobnitz, 1672—1689 im Wallfahrtsort Hoheneich, 1670—1689 auch Provisor in Kirchberg am Wald im westl. Waldviertel in Nö., hier auch am 17. Dezember 1689 begraben'"'). In edler Weise nahm sich der ältere Stiefbruder seiner an und holte ihn zu den Chorknaben nach Salzburg. Er unterstützte ihn „in die 18 Jahr", ließ ihn auf seine Kosten studieren, mußte aber klagen: „Hat sich ybel verhalten noch in seiner Jugendt""). Er machte aber trotzdem seinen Weg, wurde sogar Dechant im Stift Dürnstein und war ein guter Kanzelredner. Abraham schreibt von ihm 1665: „Nach dem H. Br. Sigmundt alß Dechant zu Tirnstein am St. Franziscitag allhie bei den H. Franziscanern gebredigt... dermaßen ein solches Lob er halten, ds man sich auf heintigen tag nit genueg ver wundern vund daruon reden thuett; wann Ers hett hergeben, wolt ich Truckhen lassen'"^). Sein in Geld sachen nie verläßlicher Charakter scheint ihm eine Exekution durch seine Mitbrüder gebracht zu haben. Abraham enterbte ihn zunächst, d. h. er sagt; „Er hat sich selbst muethwilliger weiß enterbt." Später aber erfaßt den „guten Onkel" wieder das Mitleid: „Man sollt ihm etwas von der Verlassenschaft zukommen lassen."") 1.4. Franz Megerle, ein Vetter (Cousin) des Abra ham a S. Clara (1649—1705), ein bisher unbekannter Priester, der in je drei Pfarren in Niederösterreich und in der Steiermark gewirkt hat. Wahrscheinlich hat er aus besonderer Verehrung später den zweiten Ruf namen „Joseph" angenommen und unterschreibt sich auch so, wie er auch seiner Mutter mehr Rufnamen gibt, als in den Matriken standen. Z, Eltern und Geschwister des Franz Megerle 2.1. Franz Megerle wurde am 11. Mäi'z 1649 in Kreenheinstetten geboren und am selben Tag in der Pfarrkirche zu Meßlürch getauft. Taufpaten waren Lucius Frey und Anna Maria Gaugerin, seine Eltern hießen Philippus Megerle und Catharina, geb. Baumanin, bei Taufen weiterer Kinder auch Baumerin, Baumin geschrieben.'^") Franz war das älteste Kind unter mindestens weiteren neun Geschwistern. 2.2. Vater Philipp Megerle ist um 1618 geboren.Seine Abstammung und genaue Verwandtschaft in der gro ßen Sippe der Megerle ist kaum zu klären. War er ein Bruder oder Stiefbruder des Matthäus, des Vaters des Abraham a S. Clara? Der Musiker Abraham nennt ihn aber auch einen „Vötter". In den ersten Jahren der Ehe wohnte die Familie in Kreenheinstetten, spätestens 1652 übersiedelte sie nach Meßkirch. In dieser Zeit war der Vater eine Art Lager verwalter, „Khasten-Khnecht bey Ihro hochgräfl. Eczellenz Herrn Landtgraffen"^^) Christoph Graf zu Fürstenberg. Philipp kam um die Mitte des Jahres 1680 mit seiner Frau und mindestens zwei Kindern auf Wunsch seines geistlichen Sohnes „aus dem Reich von Mösskirch yber 100 meil weit herunder"^'^) nach Poysbi'unn in Nö., wo er schon am 17. November 1680 62jährig an der Pest starb.''-'^)

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