liehe Abendland — wie es im Jahre 1683 der Fall war." Ich schloß damals meine Tagebuchnotiz mit dem, wie ich annehme, ernst gemeinten Wunsch: „Ach, daß wir Priester und Laien in dieser Welt doch Heilige wären." Einen Monat später schwelgte der Flötzersteiger Bauherr förmlich im Glüdc und es drängte den Knecht der hohen erhabenen Frau, der er das Fatimakirchlein weihen lassen hat dürfen, seinem Herzensjubel mit den Worten Luft zu machen: „Des Herrn süße Wonnen koste ich", wieder einmal in einem ungewohnten und unverdienten Ausmaß. Die beiden Notkirchenbauten — das Fatimakirchlein und eine Gottesdienststätte in Stadlau — beanspruchen mich von der Früh bis zur einfallenden Dunkelheit fast lOOprozentig und ich bin, wenn ich allein bin, mit solcher Freude bei der Arbeit, daß ich wirklich von einem Zwischenaufenthalt im Paradiese reden kann, in welchem ich die Idee vom christlichen Leben als ein Leben in Freude verwirk liche. Gib, Gott, mir hiezu Deinen Segen! Am hohen Feste der Unbefleckten Empfängnis erreichte die Hochstimmung des Herzens gewissermaßen ihren Höhepunkt. „Fast 90 Kinder", so lese ich im Tagebuch, „konnte ich aus der Kirchengemeinde am Baumgartner Spitz am Nikolaustag beschenken.80 Kin der zählte ich am Sonntag darauf beim Gottesdienst und der Gedanke an die baldige Fertigstellung der Fatimakirche, wo Meister Pellmann beim Eingang zur Zeit die liebliche Szene der wunderbaren Erscheinung am 13. Mai 1917 malte, versetzte mich vollends in Para diesstimmung." Dieser Herzensjubel erreichte seinen Höhepunkt, als am 18. Jänner 1959 Kardinal König die Weihe der Fatimakirche vornahm und das Gotteshaus dem Un befleckten Herzen der Mutter Maria weihte: „Dort will ich", so bemerkt mein Tagebuch, „die Herz-MariaeBruderschaft errichten lassen und ein Blatt schreiben zum Triumph des makellosen Herzens. Wie schön, wie unaussprechlich schön ist es hier." So schloß ich in meinem übergroßen Glück, für Gott und Maria leben und arbeiten zu dürfen! 18. Die Mariahilfkirche in Stadlau Vom Bundesheer wurden mir für Kirchenbauten Objekte aus dem Depot in Komeuburg angeboten. Ich besichtigte das dort aufgelassene Militärlager und fand eine ganz aus Eisenblech bestehende Halle, die für Kirchenbauzwecke geeignet schien. Mein damals noch gesunder Bruder Hermann aus Lochau erklärte sich bereit, diese solide Halle abzubrechen.(Es ist zu fürch ten, daß er sich bei diesen schweren Arbeiten den frü hen Tod geholt hat. Bald darauf ist er nämlich gestor ben. Gott wird dem Guten, dem zweitletzten von zehn Geschwistern, den verdienten Lohn nicht vorenthalten haben.) Ich ließ das wertvolle Material nach Stadlau in die Erzherzog-Karl-Straße führen, wo unbedingt eine Gottesdienststätte geschaffen werden mußte. Zugleich mit dem Bau der Fatimakirche schenkte ich dem Bau dieser ,.feuersicheren" Kirche große Auf merksamkeit. Es war im Frühjahr 1959, da saß ich in den Vormittagsstunden fast durchwegs am Schreib tisch beim Verfassen meines Buches „Papst und Kirchengeschichte", während ich zur Nachmittagsarbeit weit hinaus nach Stadlau auf meinem Roller fuhr, um dort in die Fußstapfen meines hohen Namenspatrons, des hl. Zimmermannes von Nazareth, zu treten. Diese Wochen und Monate waren — wie ich in der Tagebuchnotiz vom 2. März lese — „ein Wandel im himmlischen Jerusalem". Am 19. Juli 1959 ist dann die neue Eisenkirche geweiht worden. Der Bericht hierüber hat in meinem Tagebuch folgenden Wortlaut: „Der Tag der Kirchenweihe war ein religiöses Erlebnis für viele hundert Katholiken von Straßäcker, wie diese Sied lung heißt. Ich fühlte mich wie kaum einmal in einer traumhaft schönen Stimmung. Die erschienenen Katho liken schätzte man auf 500 Personen. Da sich die Her ren Bischöfe auf Urlauf befanden, war es mir, dem wohl Infel-, aber in bezug auf meine kirchlichen Voll machten ziemlich Schrankenlosen gegönnt, den kirch lichen Weiheakt voi*zunehmen und an die zahlreichen Festgäste frohe Worte zu richten." „Deo sit gloria" — Gott die Ehre und der Ruhm." So begann und schloß ich, meinen Gefühlen Ausdruck gebend, die Predigt. Die Patres des heiligen Don Bosco in Stadlau übernahmen die neue Seelsorgestation. Nur an den Sonntagabenden behielt ich mir für den An fang vor, so lange ich dazu die Kräfte spürte, den Gottesdienst mit Kurzpredigt zu übernehmen. Es war immer ein wonnesames Schaukeln hinaus über die Donau, wo es mir auch gegönnt war, eine dritte Sonn tagsmesse zu persolvieren — ein Glück, das ich un gemein hoch schätzte, auch später noch, als ich in den Westen Wiens übersiedelte. 19. Die Eisfabrik-Kirche in der Brigittenau Zu den unnatürlich großen Wiener Pfarren zählte von jeher die St.-Brigitta-Kirche im 20. Bezirk. Daher erwies es sich als unbedingt notwendig, in der Gegend der ehemaligen Eisfabrik'-'') eine Gottesdienststätte zu errichten. Die Direktion der Werke übergab uns die ehemalige Maschinenhalle. Alsogleich begann wieder das Gott ebenso liebliche, wie den Geistern der Unter welt betrübliche Spiel der Adaptierung des großen, sehr nüchternen Raumes zu einer überaus würdigen und gex-äumigen Andachtsstätte. Es war diese Arbeit, wie ich in der zweiten Augusthälfte 1959 schrieb, ein fast traumhaft schönes Tun inmitten der dort im Um kreis wohnenden Katholiken, die sich über ihre bald beziehbare eigene Steinkirche königlich freuten. Schon in der zweiten Septemberhälfte näherten wir uns in der Brigittenau dem Endspurt. Der Hauptaltar war bereits fertig, die fast mannshohe Verkleidung gemacht, der neue Boden gelegt. An die Herstellung eines bescheide nen Türmchens wurde schon gedacht. Ich drängte auf einen raschen Abschluß der Arbei ten. da mich um diese Zeit die Lust anwandelte, in Abessinien, in Aquatornähe, einen gottesdienstlichen Raum für die Aussätzigen zu schaffen. Die Missions zeitung brachte einen diesbezüglichen Aufruf und ein Artikel im Vorarlberger Volksboten hat, wie ich in meinen Aufschreibungen lese, eine heilige, unblutige Revolution in mir hervorgerufen, so daß ich bereits um nähere Daten nach Wüi-zburg an die zuständige Mis sionsanstalt schrieb. „Im Namen und zu Ehren der Königin von Afrika",lese ich in meinem Tagebuch vom 22. September, „konnte ich den Gedanken, dorthin zu ziehen und für Aussätzige ein Kirchlein zu bauen, be jahen." Es ist aber zu keinem Jasagen gekommen. Der Herr wußte, warum der Seitensprung an den Äquator nicht gelang. Wohl deshalb nicht, weil Gott mich weiterhin als das schnellfüßige Wesen benützen zu können für gut hielt, als das mich am 11. Oktober, am Tage der Weihe der Eisfabrik-Kirche, der hochwürdig ste Herr Erzbischof Dr. Jachym in seiner Festansprache bezeichnete; Ich sei der „Spürhund" der Diözese. Hund läßt man sich sonst von einem hohen Herrn nicht gerne nennen: in diesem Zusammenhang aber mit dem be kannt lieblichen Lächeln, mit dem mein verehrter oberster Chef mich so nannte, tat mir die „Ehren bezeichnung" ungeheuer wohl, so daß meine Wert schätzung des hochwürdigsten Herrn — wäre meine Zuneigung zu ihm einer Steigerung fähig gewesen — auf diesen Ehrentitel hin noch einige Grade höher ge stiegen wäre. Als einen der frohesten, glänz- und gottvollsten Tage meines Lebens bezeichnete ich in meinem Tage buch diesen Weihetag: Als Beweis dafür und wie hoch die Katholiken jener Gegend diese Gottesdienstmög lichkeit einschätzten, mag die Tatsache gelten, daß nach einem verläßlichen Bericht gegen 5000 Menschen am Weihetag der einstigen Maschinenhalle, der nun neuen Wohnung des eucharistischen Gottes, einen Be such abstatten und bei dieser Gelegenheit ihr Vater unser frömmer, als sie es gewöhnlich zu tun pflegten, gebetet haben. „Die Abendmesse" — so lese ich im Weihebericht — „ist mit der einschlägigen Predigt des Erzbischofs Dr. Jachym über alle Beschreibung er hebend und stimmungsvoll gewesen." Die Kirche ist der 6
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