Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

5. Pläne zur Studienreform an der katholisch-theologischen Fakultät der k.k. Universität Wien,1887—1918*) Johann Liharzik Die Arbeit beschäftigt sich mit Plänen zur Re form. der theol. Studien, die in der genannten Zeit im ProfessorenkoU^ium der Fakultät entstanden sind. Das Anliegen geht schon weiter zurück. Die 1887 in Geltung stehenden Verordnungen stammten aus den Jahren 1851 und 1858 und berücksichtigten sowohl die Diöz^an- und Klosterlehranstalten als auch die Fakultäten. Schon Kardinal Rauscher strebte für Wien die Errichtung eines höheren theologischen Studiums an und erreichte hiefür auch die Zustimmung von Kai ser Franz Joseph I. Leider blieb es kein dauerhafter Erfolg. Die zwei zusätzlichen Dogmatiklehrkanzeln waren noch vor dem I. Vatikanum wieder unbesetzt und das zusätzlich geschaffene Dekretalenrecht wurde wieder mit dem Kirchenrecht vereinigt. Die Erneuerung wäre dringend gewesen wegen der allgemeinen Entwicklung der Universität einerseits, andererseits auch deshalb, weil in- Wien durch das Frintaneum und das Pazmaneum zwei Institute von überregionaler Bedeutung existierten, die eine höhere Ausbildung von qualifizierten Kandidaten der Theolo gie zum- Ziele hatten. Das Anliegen wird zunächst von Carl Werner auf gegriffen, der erfolgreich versucht, bei Freiwerden von Lehrkanzeln die Berufung von ausgezeichneten Fach kräften zu erreichen. Die Berufung des Alttestamentlers Wilhelm Neumann und die Berufung des Philoso phen Laurenz Müllner ist auf diese Tätigkeit Werners zurückzuführen. 1887 betritt Franz M. Schindler die Szene, der maßgeblich an der Bemfung des Kirchen historikers Albert Ehrhard beteiligt ist. Zunächst entsteht der Plan, wissenschaftliche Seminare an der Fakultät einzuführen, wobei Neumann sehr engagiert ist. Die Einführung dieser Einrichtung gelingt. Dadurch stellt sich aber heraus, daß eine Ge samtreform wünschenswert wäre, um die Wirkung voll zum Tragen kommen zu lassen. Neumann, Schindler und Ehrhard arbeiten Pläne zur Reform der Studienordnung, der Prüfungsordnung und der Rigorosenordnung aus. Die Pläne wollen der Wissenschaftlichkeit der Theologie im Hinblick auf die weitergegangene Entwicklung der Universität und be sonders der philosophisdhen Fakultät dienen. Aus der theologischen Fakultät sollen die Einrichtungen ge schaffen werden, die auch 'die Heranbildung eines wis senschaftlich befähigten Nachwuchses möglich machen. Von der Mehrheit des Professorenkollegiums werden die Pläne unterstützt. Die Unterrichsverwaltung zeigt ebenfalls grund sätzliche Bereitschaft. Die grundlegende Reform wird aber durch bischöfliche Beharrungstendenzen verhin dert. Es kommt wohl zu einer Neugestaltung der Rigo rosenordnung. Die Vermehrung von Lehrkanzeln und Fächern wird angestrebt, Privatdozenten nach der Habilitationsordnung werden ernannt. Schwierigkeiten ergeben sich bei der Prüfungsord nung, wo drei Qualiflkationsprüfungen die Semester prüfungen eisetzen sollten. Die Bischöfe entscheiden sich für ein Mittelding, nämlich Fachprüfungen nach Abschluß der jeweiligen Fächer. Die gleiche Organisa tion für Diözesan-Klosteranstalten und Fakultäten bleibt die tragende Idee. Das grundsätzliche Anliegen wird weiterverfolgt. ♦) Auszug aus der Diplomarbeit, eingereicht an der kath.-theol. Fakultät Wien 1975, 81 Seiten, darin auch die Quellen^ und Literaturangaben. Franz M.Schindler widmet das Thema seiner Inaugu rationsrede 1904 dem Anliegen und bleibt auch mit dem Kirchengeschichtler Albert Ehrhard in Brief wechsel. Der letztgenannte, nach Erscheinen seines Buches „Dei Katholizismus und das 20. Jahrhundert im Lichte der kirchlichen Enwicklung der Neuzeit" wegen Auseinandersetzungen darüber vorschnell aus der Fakultät ausgeschieden, lieferte schon. 1898 Ideen zur Reform der theologischen Studien. Der Wechsel im Pontiflkat von Leo XIII. auf Pius X. war den Reform plänen nicht günstig, und so blieb die Gesamtreform der theologischen Studien der Studienordnung 1969 vorbehalten, wo wesentliche Ideen der Reformpläne von 1898 verwirklicht wurden. 6. Das Wiener Notkirchenbauwerk (Fortsetzung) 11. Zwei weitere Kirchenbauplätze und Gottesdienst stätten in Floridsdorf In der Zeit, in der die Maria-Goretti-Kirche an der Erzherzog-Karl-Straße gebaut wurde, war es dem Er bauer gegönnt, zwei weitere Kirchenbauplätze für die Erzdiözese zu sichern oder käuflich zu erwerben: den ersten Platz an der Gerasdorfer Straße, wo sich heute zwei große Siedlungen ausdehnen, die nach Gottes dienststätten riefen; auf dem einen Platz in der Holetschekgasse war ein Bäcker daran, sein Geschäft fertig auszubauen. Da hiezu seine Mittel bei weitem nicht reichten, konnte ihm durch den Abkauf seines Besitzes ein Dienst erwiesen werden. Hier ist dann vom Kirchenbauverein das St.-Josefs-Kirchlein samt einfacher Priesterwohnung erbaut worden, wo jahrelang Hoch würden Franzi') wirkte. Der zweite Kauf erfolgte am Schnittpunkt der Siemensstraße und der Nordbahn. Es handelte sich um eine Villa mit Weinkeller'^), wo .später eine moderne Betonkirche gebaut wurde. 12. Die St.-Anna-Kirche am Laaerberg Ein „christlicher" Favoritner Bezirksvorsteher, der den Namen Christ hatte, so ist mir berichtet worden, war der Erbauer der netten und niedlichen Kapelle zwischen der Laaerbergstraße und der Ostbahn. Man nennt jene Gegend den Böhmischen Prater und es ist dieser die Südgrenze der gepflegten Eigenheimsied lung, die den Namen „Laaerwald" führt. Die Kapelle hatte der brave Erbauer wohl seiner Frau Anna zulieb der hl. Mutter Anna weihen lassen. Um die Jahrhundertwende ist dortselbst wohl noch regelmäßig an den Sonntagen für die Siedler und die außerhalb der gepflegten Siedlung wohnenden Katho liken die hl. Messe gefeiert worden. Als aber der brave Erbauer gestorben war, hat man ihm wohl einen Ge denkstein nicht weit weg gesetzt, doch seiner schönen Tat gedachte man halt nimrner. Ja, es kam so weit, daß dieses nette Heiligtum seiner hohen Bestimmung beraubt, entweiht und an einen Mann aus dem Volk als Schlaf- und Werkraum abgegeben wurde. So stieß ich eines Tages auf meiner Suche nach Kirchenbauplätzen und Heiligtümern auf die einstige St.-Anna-Kapelle. Es gelang unschwer, dem Bewohner und seiner Frau ein bereits fertiges Siedlungshäuschen zu verschaffen und das Heiligtum freizubekommen. Wieder begann nun das Glöclclein im Turm über die schöne, aus Sicherheitsgründen abgeschlossene Sied lung hin zu läuten. Einige Zeit hindurch hatte ich Glücklicher täglich in der Kapelle das hl. Opfer ge feiert. Später mußte ich aber größere Gemeinden und Siedlungen versorgen, doch wird jährlich der Annatag am 26. Juli festlich in der Kapelle begangen mit einem hl. Meßopfer und Predigt über die hl. Mutter Anna. Es wäre zu wünschen, daß dieser Gottesdienst in der Laaerwald-Siedlung zu einer Art Volksgottesdienst würde, zu dem von den umliegenden Favoritner und Simmeringer Pfarren die Festtags-Annen freudig her

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