ausführlich behandelt. Dabei werden Migazzis standes gemäße Repräsentationssorgen finanzieller Art, die durch seine Promotion zum Kardinalspurpur akut ge worden waren, ebenso eingehend beachtet und' u. a. auch am Beispiel seiner prunkvollen Autfahrt „nachher Hof" zur Inauguration dargelegt, wie auch sein etikettemäßig genau festgelegtes Entree in die kaiser lichen Zeremonialräume der Wiener Hofburg, wobei zur leicheren Orientierung beim Lesen dieser zeit genössischen Berichte auch eine schematische Darstel lung der damaligen' Zeremonialräume in der Hofburg einschließlich genauer Beschreibung verhelfen soll. Aber auch verschiedene liturgische Ehrenrechte der Krone innerhalb der Feier eines Hochamtes finden in der Beschreibung von Migazzis Purpur-Ehrung Erwäh nung. Nach dem Tode Kaiser Franz' I. folgen die sechs Biret-Erteilungen Kaiser Josefs II. und die „Übersied lung" dieser kirchlich-dynastischen Solennität von der Augustiner Hofkirche in die Hofburg-Kapelle, wie denn unter Josefe II. „unglücklichem Neuerungsgeist" über haupt kaum noch etwas beim alten blieb... Ob es sich nun um die am kaiserlichen Hof so überaus hohe Wel len schlagende und auch den äußeren Glänz der kaiser lichen Inaugurationen der Kardinäle beeinträchtigende Abschaffung der traditionellen kaiserlichen „distin guierten Hofkleidung" — das Josef so sehr verhaßte „Mantelkleid" — handelte oder um Josefs mangelndes Verständnis für die Vol^frömmigkeit und das religiöse Brauchtum der vergangenen Epoche, um seine abrup ten und impulsiven Reformen ohne Rücksicht auf histo risch Gewachsenes,seine autokratische Handlungsaveise auch bei seinen kirchenpolitischen Reformen:es führte alles immer wieder zu vielen und nicht nur „mit seiner Frauen Mutter gehabten Contrasti". In der josefinischen Zeit der verabsolutierten Staatsräson war wohl das äußere Zeremoniell der Kardinalsbiret-Aufeetzung noch immer dasselbe ge blieben, doch wird in dieser Arbeit versucht — auch an Hand der gewandelten offiziellen Berichterstattung — aufzuzeigen, wie sehr sich trotz gleichbleibender Form diese kirchlich-dynastische Solennität in ihrer inhaltlichen Auffassung durch den allseits rationalisie renden Geist der neuen Ära verändert hatte: Was für Maria-Theresia noch glanzvolle, barocke Festesfreude bedeutet hatte, war für Josef II. zur nüchternen kirch lich-dynastischen Pflicht geworden. Zur klaren Übersicht dient eine Zusammenfassung aller Kardinalsbiret-ErteLLungen, die in den Regie rungszeiten Maria-Theresias und Josefs II. stattfanden. In den Anmerkungen sind u. a. die wichtigsten biographischen Daten, Ereignisse und die Regierungs zeiten der im Text ei*wähnten Römischen Kaiser und anderer gekrönter Persönlichkeiten angeführt; Details zum Orden vom Goldenen Vließ und aus dem Leben der Kardinäle Sigismund Graf v. Kollomtsch und Christoph A. Graf v. Migazzl. Historische Elinzelheiten aus der Geschichte der Hofkirche zu St. Augustin im Zusammenhang mit dem kaiserlichen Oratorium und mit der Kirchen-Verbindiung zur Wiener Hofburg (dem „Augustinergang") werden ebenso angegeben wie das ursprüngliche, spanische Schema für die kaiserlichen Wohn- und Zeremonialräume in der Burg. Auch die erste fürstbischöfliche Investitur und Belehnung durch Maria-Theresia als Herrscherin — an den Fürstbischof von Oknütz, Ferdinand J. Graf v. Troyer,am 11. Okto ber 1746 — wird in den Anmerkungen nach zeitgenös sischen offiziellen und inoffiziellen Berichten ausführ lich beschrieben. Maria-Theresias erster öffentlicher Kirchengang als Herrscherin und vor allem natürlich viele kirchlich-kaiserlich-zeremonlellen Ergänzungen zum Haupttext werden auch hier noch angeführt. Besondere Berücksichtigung in der ganzen Arbeit fand der zwdschendurch immer wieder geschilderte, jeweils herrschende Zeitgeist — und zwar auch durch wörtlich zitierte Beschreibungen zeitgenössischer Publizistik und aufschlußreiche Bemerkungen aus Khevenhüllers Tagebüchern —, denn nur in der Sprache der damaligen Zeit und ihrer Atmosphäre scheint auch die Denkungsart von damals (und ihre Konsequenzen in den historischen Begebenheiten), zu mindest teilweise, auch heule noch geistig nachvoll ziehbar zu sein. 2. Kardinal Innitzer und die NS-Zeit (Zur 100. Wiederkehr des Geburtstages am 15.XII.1875) „Ich schreibe diese Zeilen hier als einer, der da mals(am 7. Oktober 1938) selber dabei war (wenn auch nicht unter den eigentlichen Jugendlichen; bin Jahrgang 1904). Ich möchte dabei erwähnen, daß ich die Ansprache des Kardinals an die Jugend zwar mit Freude und Begeisterung aufgenommen, sie aber gar nicht etwa besonders radikal gefunden hatte, im Ver gleich zu Predigten, die ich in Bayern um diese Zeit vernommen hatte. (Ich war eben von einem kurzen Besuch in einem Pfarrhaus von dort zurückgekehrt, u. a. auch in München gewesen). Trotzdem erfolgte ja am nächsten Tag dann der bekannte STURM (der HJ) auf das erzbischöfliche Palais und darauf die aus gesprochene Hetzrede „Gauleiter" Bürckel. Ich selber hatte indes Gelegenheit, einige Zeit später Kardinal Innitzer zu besuchen, d. h. bei ihm erlaubterweise vorzusprechen — ich war ihm nicht ge rade fremd — und dabei bescheiden zum Ausdruck zu bringen, daß es mich gleich anderen sehr schmerzlich berührt hatte, ja daß es uns einfach unfaßbar schien, als die österreichischen Bischöfe ihren Aufruf zum 10. April 1938 zugunsten der NS veröffentlicht hatten und Se. Eminenz sogar mit „Heil Hitler" ergänzend un terzeichnet hatte. Kardinal Innitzer hörte zu und er widerte u. a., man habe damit Schlimmeres verhüten, dem Ganzen gleichsam ,die Spitze abbrechen' wollen, fügte aber hinzu, und das gereicht ihm wohl zur ganz besonderen EHRE: Wir haben uns aber ge täuscht!" —. Hierauf zeigte er mir das beschädigte, geschändete KRUZIFIX und einige zerstochene Ölgemälde (einiger früherer Wiener Ei'^bischöfe, näm lich deren Bildnisse). Ich stand zutiefst ergriffen da,hatte dann in den fol genden Jahren noch einige Male Gelegenheit, Kardinal Innitzer u. a., als ich als „unfreiwilliger Diener" in Berlin (zur Wehrmacht emgezogen) auf Urlaub in Wien weilte, wo er mit besonderer Freude vernahm, da ich ihm berichten konnte, daß die Hirtenbriefe des Münste rer Bischofs Graf Galen unter den Soldaten in Berliner Kasernen zirkulierten. Ich habe für diese Gespräche mit Kardinal Innitzer freilich keine Zeugen, aber es Ist mir in lebendiger Er innerung geblieben und verdient festgehalten zu wer den. Jedenfalls hat Kardinal Innitzer dann nach 1938 nicht Geringes getan, geleistet, in entschiedener, muti ger Haltung eben hilfebereit, noch zur „Hitler-Zeit", auch gegenüber OPFERN des Nazismus. Dies ver dient ebenfalls Erwähnung! Auch vom Priesterd'ichter Ernst Thrasolt und von Dr. Max Metzger (der als Märtyrer des Friedens Christi am 17. April 1944 starb) konnte ich ihm anläßlich meines unfreiwilligen dienstlichen (vielleicht aber doch geradezu provldentiellen) Aufenthaltes in Berlin man ches berichten. Nach dem Krieg aber hatte ich wiederholt Ge legenheit, bei Kardinal Innitzer empfangen zu werden im Zusammenhang mit seiner großen Förderung der Arbeit für die internationale Sprache Esperanto und dde katholische Esperanto-Tätigkeit*), was Weihbischof Dr. Moser bestätigen kann, Walter Mudrak. •*) Schreiben vom Juni (Poststempel 6. Juli) 1975 an Schriftwalter Dr. F. L. — Sh. Beiträge z, Wr. Diözesangesch. 1966, 3, 22 (Sturm auf das eb. Palais); ebda 1967, 3, 17—21 (Die katholische Esperanto-Bewegung in Wien und Österreich 1912—1966). — Dr. F. L. ■2
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