in der alten Heimat wenig taugten. Viele von ihnen scheinen nur um die „Wolle der Schäflein" inter essiert"'*). Die geringe Bildung des Seelsorgeklerus be günstigt das Eindringen protestantischen Gedanken gutes, wobei die theologischen Grenzen so unsicher waren, daß man kaum feststellen kann, ob es sich um einen katholischen Priester oder einen Prädikanten handelt. Der Zölibat der Priester ist für längere Zeit prak tisch nicht vorhanden und wird erst allmählich von der Obrigkeit wieder gefordert. Das allgemeine sitt liche Niveau auch der Priester ist tiefstehend. Die Pfar rer sind den Schikanen seitens der Grundherrschaft fast schutzlos ausgeliefert. Als Folge von all dem ist das Ansehen der Priester im Volk gering; bezeichnend, wenn der Dorfrichter den Pfarrer in sein Amt einführt, während keine 100 Jahre vorher ein Pfarrer Besitzer der Herrschaft war! Das allmähliche Erstarken der staatlichen Stellen bietet den Dienern der Kirche gegen Ende des Jahrhunderts Schutz und Sicherheit; die Weisungen des Konzils von Trient, die auf einen ge regelten Studiengang abzielen, beginnen, nicht zuletzt durch die Arbeit der Gesellschaft Jesu, Früchte zu tra gen. Die ärgste Verwirrung und der Tiefstand scheint überwunden und die Erneuerung der Kirche wird auch am Bild ihrer Priester sichtbar. III/l Eine erfolgreiche Tätigkeit im Dienste der katholischen Erneuerung entfaltet Pfarrer Georg Kras ser, präsentiert am 1. August 1608®-). Unter ihm konnte am Sieg des Katholizismus kein Zweifel mehr herr schen. Der protestantische Besitzer der Herrschaft Neu haus Wollzogen ließ für seine Glaubensgenossen eine Kirche bauen und in Fahrafeld um die Kapelle einen Friedhof anlegen, in dem ein Prediger beerdigt wurde®'*). Als der Pfarrer deswegen den Friedhof sperrte, befahl WoUzogen nicht nur das Schloß weg zureißen, sondern zugleich Türe und Torpfosten nieder zuwerfen. Da aber die Macht des Staates hinter dem Pfarrer stand, blieb dem Herrschaftsbesitzer, um seines Patronatsrechtes nicht verlustig zu gehen, und nach der Ausweisung aller nichtkatholischen Religionsdiener, nichts übrig, als Pfarrer Krasser für seine Kirche zu präsentieren. Die Begrenzung seiner Macht und die Be einträchtigung seiner religiösen Freiheit wurde Hans Paul Wollzogen so unerträglich, daß er 1628 nach Mei ßen auswanderte und 1631 seine drei Herrschaften (Neuhaus, Fahrafeld und Arnstein) an Kaiser Ferdi nand II. verkaufte. Der Abzug protestantischer Adeli ger mußte die Reformbemühungen des Pfarrers wesent lich erleichtern. Nicht weniger schwierig war das Ver hältnis Pfarrer Krassers zum Nachfolger Franz v. Pizins, Jonas v. Heißperg Herr auf Merkenstein, ge nannt „infidelis et inimicus totius cleri"®^). Er schreckte vor Gewalttaten nicht zurück; so ließ er den Pfarrer Michel von Gainfarn in Eisen schlagen und mehrere Wochen im ärgsten Gefängnis der Feste Merkenstein bei Wasser und Brot darben, weil dieser mit hitzigen und zornigen Worten die Unbilligkeiten des Grund herrn beredet hatte®®). In die Rechte des Pottensteiner Pfarrers griff Heißperg ein, indem er dessen „Holden" für sich roboten ließ und sich über die Kirchen von Pottenstein und St. Veit Vogteirechte anmaßte. Pfarrer Krasser blieb auch hier erfolgreich, da die staatlichen Behörden 1622 Heißperg in die Schranken wiesen; „daz er sich unter 200 ducaten Poenfahl in die aufnehmung der Kirdien Raittung, wie auch ersezung der Schull und Kirchen Ämbter... genzlich enthalten" solle®®). Schließlich beugte sich die Familie Heißperg dem staat lichen Drude und wurde katholisch. Ja sogar der alte Brauch, Stiftungen zu machen, lebte wieder auf. Die Witwe des älteren Heißperg heiratete den Bürgermei ster von Wiener Neustadt Hans Wilhelm Praittenmacher von Praittenau und stiftete viele hl. Messen zum Seelenheil ihres verstorbenen Gemahles®*). Die Tochter Heißpergs heiratete den Freiherrn von Concin auf Schloß Enzesfeld und machte eine große Stiftung zum Unterhalt von Clarissen, die 1624 vor König Ste phan Boszkai aus Preßburg geflüchtet waren®®), Kraft einer Schenkung sollte die Hofkammer der Pfarre Pottenstein 3024 fl auszahlen. Durdi die Nöte des Drei ßigjährigen Krieges mußte der Pfarrer lange auf ein zelne Raten warten; noch 1631 klagt er: „Biß dato weder in Geldt oder salz nit bekhomen khan." Erst 1631 war die ganze Summe aus den Einnahmen des Salzmonopoles bezahlt®®). So konnte Krasser eine gründ liche Wiederherstellung von Kirche und Pfarrhof durchführen, alles zur „pflantzung aines neuen Christ lich Gott wolgefälligen eyfers"®®). Dem selben Zwecke diente die Wiederbelebung der „uralten" Sebastianibruderschaft, die 1623 vom Bisdiof Leopold v. Passau approbiert wurde. Ihr Schutzpatron war der vielver ehrte Nothelfer in den Zeiten der immer wiederkeh renden Pestseuchen. Die Bruderschaft sollte auch ein Bollwerk gegen die Ansteckung durch die Pest der Ketzerei sein. In Anliegen der Bruderschaft richtete Krasser zahlreiche Bittgesuche an die Hofkammer „weillen gemcllte Bruederschaft so ganz erambt, dieselbige aber wiederumb zu erheben, mit allerhand Nottuerften zuversorgen, den Hey. Gottesdienst fortzupflantzen, die grosse Andacht vnd Eyfer zu erhal ten"®*). Er legte auch ein schönes in rotem Samt ge bundenes und mit Silber beschlagenes Buch als Sam melregister an, in dem die Namen aller Mitglieder, an der Spitze die hochherzigen und hociigeborenen Stifter, eingetragen sein sollten. Pfarrer Krasser flehte den Kaiser an, einen rühmlichen Anfang zu machen, seine „miltreiche Hanndt aufthun und sollicher Erarmbten Bruderschafft zu ihren grossen mangell und noth, mit einer freiwillküerlichen Christlich vnd Kayl. Hüelffe vnd beysteuer (Lohn alles masgeben), damit auch anndere desto mehr darzue angeraitzt wurden vnd vrsach betten, in gleichem fall, nach dero VeiTnügen etwas bey zueschiehsen"®^). Als die Bitte erhört war, folgte eine glänzende Reihe von Namen der Wohltäter. Allen Mitgliedern wurde in einer Bulle Papst Urbans VIII. mehrere vollkommene Ablässe gewährt. Aus Dankbarkeit gegen das Kaiserhaus, weil es „meniglichen bewusst, auch weltkündig, dass Röm.Kay. Mtt Zue Aufferbaw vnd erhebung der Gottshäuser ein sonder grosse Lieb vnd affection tragen", wurde am Donnerstag in der ersten Fastenwoche regelmäßig ein Requiem für die Verstorbenen des Hauses Österreich feierlich gesungen®®). Ein weiteres Mittel der katholischen Erneuerung war die Wiederbelebung der Wallfahrt nach Potten stein. Um Pilger anzulocken, bemühte sich Pfarrer Krasser erfolgreich um die Gewährung eines vollkom menen Ablasses und rühmte, daß hier „vill krankhe Persohnen... dahin Walfart gangen, Iren gueten gesundt wiederumb erlangt"®"*). Zur Ordnung der wirt schaftlichen Verhältnisse diente die klare Festlegung der Einkünfte und Rechte der Pfarre; daher legte der Pfarrer ein neues Grundbuch an. Ebenso begann er, gehorsam einem Hirtenbrief des Kardinal Klesl. 1630 mit der Führung der Pfarrmatriken. Im gleichen bis heute erhaltenen Budi stehen auch die Namen aller Pfarrangehörigen, die die hl. Ostersakramente emp fingen®®). Dank der eifrigen Tätigkeit des Pfarrers nahm das katholische Leben bedeutenden Aufschwung,so daß der Visitationsbericht den Pfarrer als ehrlich, fromm und fleißig beschreibt. 1642 resignierte Krasser wegen Altersbeschwerden, die kirchliche Erneuerung ging aber weiter®®). III / Zusammenfassung. Das Erscheinungsbild des Pfarrers zeigt, daß die katholische Kirche gegenüber der Reformation, sowie der Staat gegenüber den Stän den siegreich ist. Die Pfarrer sind so gut ausgebildet, daß sie eine methodisch neugeordnete Seelsorge regel mäßig und sorgfältig ausüben können. Der obrigkeit liche Drude, aber noch mehr die barocke Entfaltung geistlichen Lebens, vermag Adel und Volk zu erfassen. Die Pfarrer sind hochgeachtete und den Untertanen gegenüber gebietende Persönlichkeiten geworden. Die von der weltlichen Obrigkeit erhaltene Hilfe bringt den Priester in eine devote Abhängigkeit zum Kaiserstaat, als dessen Diener er sich als treuer Sohn seiner Kirche fühlt. Die Lebensführung der Geistlichkeit gibt kaum 39
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