Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

hielt er sich an die Agende Veit Dietrichs, des ehemali gen Sekretärs Luthers, alle übrigen Zeremonien seien außer Gebrauch gekommen. Selbstverständlich sei er verheiratet. Schließlich machte es der Dechant, Pfarrer von Leobersdorf, genauso und es wäre niemand gegen ihn eingeschritten, da er versprochen hatte, einen katholischen Kaplan zu halten. Pfarrer Nullanus wurde vom Consistorium abgesetzt, um so leichter, da man bereits einen neuen Mann hatte. ____ II/6 Egidius Kritzky, 1579—1583, hatte (30. April 1579) um die Pfarre Pottenstein angesucht: „Eur Durchl. geruen mir Catholischen Priester... der seine ordentliche Auffrechte formata vnd anderr ante actae Vitae vnnd Erbares Verhaltens guette Testimonia" die Pfarre zu verleihen. Dafür versprach er eine christ liche Seelsorge, mit Predigt und Sakramentenausspendung nach katholischer Ordnung zu halten. Die Klosterräte konnten ihm nur das beste Zeugnis aus stellen: Er stammte von katholischen Eltern aus Preußen, war vor sieben Jahren ordiniert worden und hatte unter dem frommen, katholischen Herrn Chri stoph von Puechheim zur allgemeinen Zufriedenheit den Gottesdienst gehalten. Seine Lebensführung war tadellos und seine Bildung über dem Durchschnitt. In der Beschreibung heißt es, daß er „nicht allein in humanibus literis, sondern auch in studüs theologiae dermassen versiert, daß er auf die befragten Punkt und Artikel der kath. Lehr fast wohl und geschickt geant wortet hat^®). So wurde Kritzky zum Pfarrer von Pot tenstein ernannt und der Abt von Mariazell mit Hanns Schwarz, dem Hofmeister von Heiligenkreuz, erhielten den Auftrag, den Nullanus abzuschaffen und Kritzky in sein Amt einzuführen. Franz v. Fizin betrachtete dies als Eingriff in seine Rechte und Ehre, da ihm, wie er behauptete, von Kaiser Ferdinand die Lehensherr schaft über die Pottensteiner Kirche verliehen worden und diese seither in seinem ruhigen Besitz gewesen. Den Nullanus habe er selbst „nit gedulden khünen, sondern unvermaidlich Urlauben müsen. Vnd hab ain andern kathol. länglich wohlgeschickten frommen erbarn Priester an sein Nullani stat An vnd Aufgenomen, dem selben die Pfarr verliehen". Dem widersprachen die Klosterräte mit scharfen Worten: Er habe die Herrschaft nur als „ain gnaden Pfleg" und die Vogtei sei ihm nie bewilligt worden; ja, wenn er sie besessen hätte, dann wäre dies verwirkt, weil er „dise Pfarr nit mit... Catholischen ordentlichen Priestern vnnd Pfar rern, sondern mit... ain Sectisch Polterer vnd Predicantes ersetzt hat"^®). Somit blieb es bei der Ernennung Kritzkys als Pfarrer gegen den Willen des Gutsherrn. In höflicher Weise („Vnsern grueß Zuuor. Wierdig lieber Freund ...") wurde Jodok Nullanus vom Kloster rat am 5. Juni 1579 aufgefordert, eine Inventarisierung des Pfarrhofes vorzunehmen, seine noch ausstehenden Steuern zu begleichen und die Pfarre alsbald zu räu men®®). Die verordneten Kommissare fanden an beweg lichem Gut fast nichts vor: Ein alter Metzen mit einer eisernen Stange, ein alter Trog und ein „Roornabngier" („damit man die Roor so zue den Brunnen gehören durchborrt"). Über den Stand der kirchlichen Geräte war nichts auszumachen, weil der Zechmeister auf Befehl Fizins die Schlüssel nicht herausgab. Von Nul lanus, der noch immer im Pfarrhof war, erfuhr man, daß „ain zlmblicher vorrath" von Ornaten, Kelchen, Monstranzen, Büchern und Chorröcken in der Kirche sei®^). Als endlich die Schlüssel zur Pottensteiner Kir che herbeigeschafft waren, mußte Kritzky den Kampf um die Schlüssel der Kirche von St. Veit aufs neue führen. Völlig unmöglich war es, vom Herrschafts besitzer die pfarrlichen Grundbücher herauszubekom men. Die Schwierigkeiten waren ohne Ende, auch von den Gläubigen her, die vom Klosterrat ermahnt werden mußten, ihrem Pfarrer nicht mit Spott und Verachtung zu begegnen®^). Einmal klagten Richter und Geschwo rene des Marktes den Pfarrer an, er habe ein Gehölz, dessen Ertrag zur Ausbesserung anfälliger Schäden am Pfarrhof bestimmt sei, rücksichtslos Schlägern lassen („jetziger vnser Pfarrer Herr Egidy Crutzkhy an disen gehilz gar vill abgeben..."). Der Pfarrer verteidigte sich,daß er nur um sieben Gulden Holz versilbert habe, um die Steuern zahlen zu können®®). Ein anderes Mal ließ ihm Fizin auf offener Landstraße die Pferde vom Wagen ausspannen, weil er auf der Wolfgeist (nahe Pottenstein) habe Schlägern lassen. Der Pfarrer war seinerseits überzeugt, daß dieser Wald im hundertjäh rigen Besitz der Kirche sei. Der Klosterrat ersuchte die Regierung, daß „im Vicin durch ainen ansehentlich beuelch auferl^t vnd Persöhnlich Citieren wolt, damit Pfarrer zu Pottenstein geschützt vnd geschermt werde"®'*). Kritzky schienen alle diese Schilcanen daher zu kommen,daß man einen Pfarrer wünsche, der „Inen Pfeiffen thät nach Irem "tanzen"®®). In dieser ganzen Zeit stand er bei seiner Obrigkeit in hoher Gunst, und als Pfarrer Georg Ruland von Baden als Ketzer abge setzt und arretiert werden mußte, übertrug ihm der Domherr und Passauer Offizial M. Klesl 1581 auch die Verwaltung dieser Kirche. Fizin mußte wegen seiner Feindschaft gegen den Pfarrer Tadel für seinen „vilfeltigen ungehorsam" hinnehmen, was er „mit hoher Betrüebnuß vnnd grossem Schmerzen vernommen. Jedoch in gebürlicher Reuerenz empfangen",was ihn aber nicht hinderte, gegen den Pfarrer neue Beschuldigungen zu erheben: Kritzky habe sich in eine Amtshandlung des Richters eingemengt, als dieser das Eheweib des Pfar rers von St. Veit Josef Fuxius „aus beweglich Vrsach... angezogen... und gefankhnust"®®). Der Pfarrer wurde durch den beständigen Kampf zermürbt, denn sein Rückhalt durch die staatliche Obrigkeit war noch ungenügend. Auch mochten die Anklagen des Herr schaftsinhabers, dank dessen Beziehungen bei hohen Stellen, Erfolg haben.So zog es Kritzky, der anfänglich sicher guten Willens war, vor, die Pfarre am Georgstag 1583 plötzlich zu verlassen. Uber Laxenburg begab er sich nach Retz, wo er sich der protestantischen Lehre zuwandte®'*). II/7 So stand der Pfarrhof wieder leer und die Ge meinde bat Fizin, einen neuen Priester einzusetzen, da „wir armen Pfan-kinder der Beicht und Empfang des hl. Hochwürdigen Sakramentes und Wort Gottes lange Zeit beraubt... leider Gottes etliche Personen ohne Beicht und Empfang des hochw. Sakramentes aus die ser Welt verschieden". Fizin meinte, daß an allem Unheil Schuld gewesen, daß man ihm „ungnädiger... gar unverschulter Ernstliche Beuelch zuekhumen... Vogtheyen vnnd Lechen ganz vnverdient Aus den Hannden gezogen" und darum wäre Kritzky Pfarrer geworden „nur Mündt Catholischer Freister... ungetrewer Müetling" mit „Ergerlichen Leben... wider mein vorwissen vnnd willen eingesetzt". Die Lösung aus allen Schwierigkeiten wäre, wenn man ihm „Zuörsezung der Pfarn mit Catholischen Priestern die Hannd ungestört nit vorbehält"®®). Der Klosterrat verließ aber den einmal eingeschlagenen Weg nicht mehr. Pfarrer Georg Prießnickh von Enzesfeld suchte am 5. Juni 1583 um die Pfarre Pottenstein an, wurde aber abgewiesen, weil der Passauer Offizial über ihn urteilte, daß er „nit allein mit ainer Concubin, die Er für sein Eheweib halte behaftet, sondern in religione gar nitt lautter"®^). Die Pfarre erhielt schließlich ein alter Mann, Marx Landtrachtinger, der vor 34 Jahren vom Bischof Friedrich Nausea geweiht worden war. Man fand an ihm keinen sonderlichen Defekt und trotzdem, als er schon nach einem Jahre starb (1585), hinterließ er seine „concubin samt dreyen Sonnen", die mit ihren Hausfrauen im Pfarrhof weiterwohnten und eine gar „gross Zörung" machten*®). (Fortsetzung jolgt) Herausgeber, Verleger und Eigentümer: Erzb. Ordinariat, Wien I, Rotenturmstraße 2. — Verantwortlicher Schriftwalter: Archivdirektor Univ.-Prof. Dr. Franz Loidl, Wien I, Rotenturmstraße 2. — Druck und Versendung: Mediitharisten-Buchdruckerei, Wien VII, Mechitaristengasse 4. 32

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