Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

gedruckt zu Schiers posthumem Werk Reginae Hungariac primae stirpis, das Rosnäk im selben Jahr in Wien edierte. Hier brachte Rosnäk die Liste der handschrift lichen und gedruckten Werke von Schier heraus, und Miksch hat diese Liste übernommen und teilweise kommentiert. Weil der sehr kurze Aufsatz über Schier in Wurzbach (29,288) ziemlich fehlerhaft ist, können wir froh sein, daß ein Buch in unseren Zeiten der Gestalt des tüchtigen Historikers Schier gewidmet wor den ist, auch wenn wir bedauern müssen, daß der Wert der großen Zahl von nützlichen Tatsachen, Titeln und Handschriften, die in Mikschs Arbeit vorkommen, durch unquellenmäßige Übertreibungen und sogar positive Irrtümer vermindert worden ist. Diese Kritik muß besonders an die Beschreibung einer von Schier angeblich geleiteten Schule der augustinischen Theologie — die zu Schiers Zeit einfach in Wien nicht existierte — verwendet werden. Schier war ein sehr fähiger Historiker, und hier ist Miksch ein nützlicher, wenn nicht immer fehlerfreier Führer. Aber Schier war kein Fachtheologe, und es ist ganz irreführend, der Gruppe von Augustinern, die mit Schier auf der Landstraße wohnten, den Namen einer Schule von augustinischer Theologie zu geben. Ihre Schriften bestanden vielmehr aus Reden, Predigten, Heiligenleben, geschichtlichen und asketischen Büchern, als aus Werken, die man als theologisch qua lifizieren könnte. Nur die drei italienischen Theologen, die zu Schiers Zeit an der Wiener Universität dozier ten — Azzoni, Gervasio und Bertieri — verdienten irgendwie den Titel von Fachleuten in der Theologie, und sie waren in der Theologie sicher nicht von Schier beeinflußt! Deswegen sehen wir, wie vorsichtig man die unbe dingt nützliche Doktorarbeit von Miksch benützen miiß. Währendihr Hauptwert in der faktischen Beschreibung eines verdienstvollen Historikers liegt, leidet sie an einer großen Schwäche durch die zahlreichen unbeleg ten Übertreibungen über Schiers Verdienste in der Schule, welche Miksch als theologisch qualifiziert, während sie gar keine theologische Schule war! Obwohl diese leider notwendige Kritik den Ein druck erwecken kann, daß Mikschs Arbeit gar nicht zu benützen wäre, wiederholen wir, daß das Werk ein Verdienst wirklich hat: daß es uns nämlich die sym pathische Gestalt eines zur selben Zeit frommen und gelehrten Ordensmannes des Spätbarocks vorstellt. Schier wurde am 19. Juli 1727 in Bruck an der Leitha geboren. Der Priester, der ihn taufte, und zwei andere, die ihn Latein und Religion lehrten, waren Augustiner aus dem dortigen Kloster. Nach den Humaniora in Preßburg trat Schier 1745 in den Augustinerorden im Wiener Kloster auf der Landstraße ein (neben der auch heute benützten Kirche der hl. Sebastian und Rochus). Hier und in Graz widmete er sich den vorgeschriebe nen theologischen Studien und am 19. September 1750 wurde er im Stephansdom zum Priester geweiht. Zwi schen 1752 und 1755 wohnte er im Brucker Kloster als Sakristan und Aushilfspriester. Im guten Klosterarchiv schrieb er sein erstes wichtiges historisches Werk, nämlich die Geschichte des Brucker Klosters von der Gründung an bis zum 17. Jahrhundert. Das Provinz kapitel Jahres 1755 versetzte Schier als Historiker, Subbibliothekar und Submeister für die Novizen auf die Landstraße. Zwischen diesem Jahr 1755 imd seinem Tode im Jahre 1772 übte Schier eine außerordentlich fruchtbare Tätigkeit als frommer Ordensmann, eifriger Seelsorger, fieißiger Forscher und kritischer Historiker aus. Die überraschend große Zahl von gedruckten Büchern und besonders von Handschriften bezeugen seine unermüdliche Arbeit im Kloster auf der Land straße. Die mühevolle Sammlung der Titel dieser Werke ist, wie gesagt, der Hauptwert von Mikschs Dok torarbeit. Was man früher während langer Stunden in Wiener Bibliotheken und in der Handschriftensamm lung der ÖNB aussuchen mußte, kann man jetzt auf bequeme Art in Mikschs Buch finden. Das Buch stillt nicht unsere Sehnsucht nach einer kritischen und voll ständigeren Biographie von Schier, aber hat dieses unleugbare Verdienst. Wir müssen aber hinzufügen, daß die nützliche Liste von Handschriften unter einem großen Defekt leidet: Miksch macht in der langen Liste fast nie den notwendigen Unterschied zwischen den Handschriften, die Schier selbst schrieb,imd denen, die von anderen geschrieben wurden. Aber der kriti sche Leser wird schnell darauf kommen, daß viele von den hier zitierten Handschriften unmöglich von Schier kommen, z. B. die Hss. ÖNB 5811 und 10.084. Die erste ist einfach die Reihe von Provinzkapitelakten zwischen etwa 1595 und etwa 1636 und wurde von mehreren Provinzsekretären geschrieben. Die zweite Handschrift ist das Werk von Martin Rosnäk, wie aus dem Inhalt und der Schreibweise klar hervorgeht. Statt zu versuchen, nach seinen fleißigen Studien eine persönliche Zusammenfassung über Schier zu geben, ist Milcsch damit zufrieden, daß er ein Urteil von Martin Rosnäk über seinen geliebten Mitbruder wiederholt, öbwohl wir noch nicht eine zufriedenstel lende Monographie über Schier besitzen, sind wir nichtsdestoweniger dem jetzt (1974) verstorbenen Verfasser dieser Doktorarbeit dankbar, daß er uns nützliche Materialien für eine solche Arbeit gesammelt hat. P. Johannes Gavigan, Ö.SA. Augustinerkonvent,Wien 28. Über Desertation und Asyirecht im XVlil.Jahrhundert Dr. Franz Loidl Die Augustiner nahmen diese Anordnung zur Kenntnis. Es wird weiterhin kein Fall mehr von Asylgewährung gemeldet. Vier Jahre später — am 16. Juni 1756 — wurde dann das am 22. Februar d. J. von Maria Theresia und F. W. Grafen v. Haugwitz gezeichnete Dekret oder Patent wegen der Deserteure den Städten und „Marktflökhen" „zur ordentlichen Publication" und den Kirchen- und Klostervorstehungen zur Kenntnisnahme zugestellt, das die „vorhinnigen Verordnungen er neuerte, erklärte und von nun an allergerechtest in neun Hauptpunkten statuirte" mit dem Ziel, „von Forthelff und Verheelung deren Deserteure abzu schrecken und zu deren Verfolgung, Anhaltung, Ein bringung oder Angebung aufzumuntern". Nach Punkt 1—3 wurde mit der Todesstrafe belegt (und zwar sollte der Mann durch den Strang, die Frau durchs Schwert hingerichtet werden), wer einen „zu der Fahn schon würklich geschworenen oder schon assentirten KriegsMann" zum Ausreißen oder einen zur Desertation be reits „schliessigen" zur Annahme eines fremden Kriegs dienstes „aufredet" oder mit Rat und Tat verhelfe; ebenso wer sich dem „nachstellenden Militär-Commando" gewaltsam widersetze oder „einen Lärmen macht und dadurch einen Auflauf oder Zusammenrot tung des Volks verursacht"; 4. wer einem Deserteur wissentlich an die Hand gehe, gleichgiltig, ob er ihm die Montur und das Gewehr abkauft oder abtauscht oder nichts von beiden unternehme; 5. wer ihn auf irgendwelche Weise der Festnahme entziehe oder Vor schub leiste, solle, wenn's im Desertationsort geschieht, auf zehn, sonst auf fünf Jahre „zu einer in eisen und banden zu verrichten habenden inländischen Schantzarbeith und zum Schadenersatz von 24 Gulden (bei einem Reiter,der mit dem Pferd entwichen,zu 40 Gul den) verurteilt werden"®);Punkt 6 ist an die geistliehen und weltlichen öbrigkeiten, aber auch „Höchern Standts- und Adeliche Personen" gerichtet und be stimmt, falls sie sich „disfalüs verfänglich machten", für jeden Deserteur neben dem oben erwähnten Er satz eine Zusatzstrafe von 1000 Gulden, ja Arrest und noch schärfere Bestrafung; begüterten Geistlichen oder Klöstern sollen die Temporalia gesperrt, den .,unvermöglichen" oder Mendikanten die Sammlung einge stellt und den „dieses Verbrechens sich theilmachenden" Pfarrern, Kaplänen oder sonstigen Weltpriestem, 23

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