Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

und Sebastian, von Xystus Schier ob der vortrefflichen Geistes- und Charakteranlagen besonders geschätzt, war auch bei der Ausübung dieses priesterlichen Liebesdienstes sein Gehilfe und Begleiter"®-). Als das sogenannte Faulfieber im Jahre 1772 wütete, war Schier „nicht zufrieden mit dem pflichtmäßigen Bei stand an den Erkrankten in den Privathäusern", und erbat sich von seinem Oberen die Erlaubnis, auch den in den öffentlichen Krankenhäusern Dahinsiechenden Trost und Hilfe zu bringen. Mit heiligem Eifer schenkte er sich ihnen bis zuletzt. Auf dem Wege zum Krankenhause sprach er heiter zu seinem Begleiter [P. Chai-us]: ,Wie glücklich wären wir doch, könnten wir als Opfer der Liebe sterben!"'®®). Dieser Wunsch ist in Erfüllung gegangen, weil beide Augustiner vom tödlichen Fieber angesteckt wurden. P. Charus starb am 15. März 1772, und als der kranke Schier den Tod seines Freundes erfuhr, deutete er den biblischen Spruch Davids über Saul und Jonathan an: „Sie liebten einander im Leben und sollen auch im Tode nicht getrennt sein"®''). Sechs Tage später, am 21. März, starb auch P. Xystus®"). Kare war erst 36, Schier 45 Jahre alt. Ohne Vorbehalt kann man dem Urteil Rosnäks beistimmen, wenn er vom frühen Tode dieser zwei Mitbrüder spricht: „Wäre ihnen ein längeres Leben beschieden gewesen, hätten sie dem Orden Ruhm und dem Nächsten Segen in noch größerem Maße ge bracht"®®). Weil Kare Mitglied der Wiener theolo gischen Fakultät — das ist, des Kollegiums der Wiener theologischen Doktoren — war, wurde auf Anlaß der Faicultät am 23. März eine Seelenmesse zelebriert®'^). Obwohl unsere Quellen es nicht sagen, können wir leicht annehmen, daß Kares jüngerer Bruder, der Augustiner P. Gaudiosus Kare, der Messe beiwohnte. Er war sieben Jahre jünger als sein Bruder P. Charus, dessen fiüher Tod ihm das Erlebnis des Untergangs ihrer geliebten Ordensprovinz ersparte. P. Gaudiosus erreichte ein ziemlich hohes Alter und starb 1808, ein Jahr vor der Beschlagnahme seines Klosters auf der Landstraße durch die Franzosen und der daraus fol genden „Spitalkranitheit", welche die Hoffnung des Weiterlebens der österreichisch-ungarischen Provinz vereitelte®®). Anm.: ®^) Obwohl P. Gaudiosus einen Nachfolger als Provinzoberer nach seinem Tod im Jahre 1808 bekam, nämlich den Wiener P. Melchior König, war dieser nicht Provinzial, sondern Vücarprovinzial bis zum fol genden Provinzkapitel, das im Jahre 1809 gehalten werden sollte. Aber die Franzosen nahmen Wien im Mai 1809 ein und so konnte kein Provinzkapitel statt finden. — ^) Das erste Datum wird im Wiener Uni versitätsarchiv, Acta facultatis theologicae V. 443 an gegeben, das zweite von Schier im ÖNB 7272. 19 v. Es ist möglich, daß Kare am 13. geboren, am 20. getauft wurde, obwohl man zu jener Zeit gewöhnlich nicht solange mit der Taufe wartete. — ®) Augustinergeneral archiv, Rom, Ff 52.171 v. — ^) Ebda. — ®) ÖNB 7372.19 V. — ®) Augustinergeneralarchiv, Rom Ff 52.101 v.— 102 r. — ') Ebda. 98 rv. — ®) Ebda. 170 v. — ®) ÖNB 7372.19 V. — ^") Augustinergeneralarchiv, Rom, Ff 52.263 V. — ^^) Wiener Erzbischöfliches Archiv, Protocollum ordinatorum 1751—1822. 110, 137, 153, 162. — ") ÖNB 7372. 19 V. — ^®) Augustinergeneralarchiv, Rom, Ff 52.420 V. — ^^) Wiener Universitätsarchiv, Protocollum sacrae facultatis, Actus et tentamina 5. — ^®) Ebda. 17. — ^®) Augustinergeneralarchiv, Rom, Ff 50.89 r. — ^''') Ebda. 141 r und 281 v. — ^®) Wiener Uni versitätsarchiv, Protocollum sacrae facultatis, Actus et tentamina, ad diem. — i®) Ebda, ad dies. — Wiener Universitätsarchiv, Matricula inclytae facultatis theologicae 1611—1851, 168. — ^^) Ebda., Protocollum sacrae facultatis, Actus et tentamina, ad annum et dies. — Ebda., Acta facultatis theologicae V. 418 v; ÖNB 7372.19 v. — ^)F.Fallenbüchl, Az Agostonrendiek Magyarszägon, Budapest 1943, 62, der das Manuskript dieser Disputation 1943 in der Bibliothek des unga rischen Nationalmuseums in Budapest sah. — ^) Augustinergeneralarchiv, Rom, Ff 50.393 r — ^) Ebda. — ®®) ÖNB 7372.19 v; Wiener Universitätsarchiv, Acta facultatis theologicae V. 443. — ^") ÖNB 7238.16.71 r. — -®) Ebda. — 2®) Heute ist diese Arbeit in der ÖNB, Hs. 7638.15 v-17 r zu finden. — ®0) Augustinergeneral archiv, Rom,Ff 50.437 r. — ®^) Ebda. — ®®) M. Rosnäk, im Vorwort zum Buch von Xystus Schier, Reginae Hungariae primae stirpis, Viennae 1776, 10; deutsche Version (korrigiert von A. Zumkeller) in F. Miksch, der Augustinerhistoriker Xystus Schier 1727—1772, Würzburg 1969, 71, Fußnote 186. — ®®) Rosnäk, a. a. O. 10; Miksch,a. a. O.71. — ®'') Rosnäk,a. a. O.10; Miksch, a. a. O. 71. — ®®) Rosnäk, a. a. O. 10. — ®®) Rosnäk, a. a. O. 10; Miksch, a. a. O 71. — ®*) Wiener Universi tätsarchiv, Acta facultatis theologicae V. 440. — ®®) Für die Biographie von Gaudiosus Kare,siehe J. Gavigan, „Gaudiosus Kare, letzter Augustinerprovinzial", in Festschrift Franz Loidl VI, Wien 1975. 25. Ein moralisch-religiöser Wider standsplan 1958 Wien, 20. 12. 1938. Vorschläge um Mariazell im ersten nationalsozialist^chen Jahr! Schreiben an Kardinal Innitzer. Einige Gedanken für das Entscheidungsjahr 1939! „Im besonderen möchte ich vorschlagen: 1. Österreich soll wieder ganz marianisch werden! Gottesmutter soll wieder voll und ganz als magna matcr Austriae und patrona Austriae geehrt werden. Der gewisse Boykott des österreichischen Marienheilig tums Mariazell, veranlaßt durch gewisse imleidliche Verhältnisse dortselbst^), soll wieder aufhören und neue Pilgerscharen nicht in großen Prozessionen, nicht in demonstrativen Männer-Fahrten u. dgl., sondern in möglichst kleinen Pilgci^ruppen (aber auf alle Wochen des Jahres verteilt), die in größter Stille und möglichst ohne alles Aufsehen nach dem Gnadenorte kommen, um dort zu sühnen, zu opfern und zu beten für Volk und Vaterland, sollen wieder ohne Unterbrechung nach Mariazell wallen. Die liebe Gottesmutter wartet darauf mit allen Gnadenschätzen und mit ihrer Wunderkraft, die ihr der Heiland in Seiner Güte und Barmherzig keit für uns anvertraut Jiat! Und die Ungarn und Slovaken kämen auch gerne wieder. Von Mariazell aus aber soll diese neue marianische Bewegung weiter hinausgreifen über ganz Süd- und Westdeutschland, von Altötting bis Kevelaer (an der holländischen Grenze) und nach Schlesien und Polen (Czenstochau) und nach Ungarn und Siebenbürgen, über ganz Mitteleuropa (vom Rhein bis zu den transylvanischen Alpen). Dieses ganze Mitteleuropa, derzeit seelisch in einer gewaltigen Umgestaltung begriffen, soll in Nachwirkung des Eucharistischen Kongresses®) unter den Schutz der Königin des Himmels, der Hilfe der Christen, der Mutter vom guten Rat durch Ver tiefung und Wärme des Glaubenslebens zu neuer ka tholischer Blüte gelangen. T^cspolitik muß bei dieser kirchlichen marianischen Bewegung unbedingt aixsgeschaltet bleiben, und soweit es sich um die pflicht gemäße Wahrung der Rechte der Kirche und der unveräußeidichen Freiheit des katholischen Lehr- und Hirtenamtes gegenüber den staatlichen Gewalten han delt, gebührt die Führung in Wort und Tat niemals irgend welchen sog. katholischen Politikern vom Vor märz (das würde nur das Gegenteil bewirken), son dern nur den Bischöfen und ihren allernächsten Be auftragten im Gottesreich auf Erden, die Schritt für Schritt, in Geduld und christlicher Klugheit, mit Stark mut und Standhaftigkeit, gestützt auf eine stille, aber getreue Gefolgschaft tiefgläubiger katholischer Christen, mit stärkstem Gottvertrauen gewappnet, ruhig und würdevoll die Sache der hl. Kirche zum Siege führen werden. Heilige Maria von Zell, bitte für uns! 2. Es soll mit allem Nachdruck getrachtet werden, vom Jahre 1939 ab wenigstens einen großen Maricn-

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