Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Kontakt mit dem Augustinerorden war seine im Sep tember 1763 eingereichte Bitte um Aufnahme als Novize. In diesem Monat hielt die österreichisch ungarische Provinz der beschuhten Augustiner-Ere miten ihr Intermedium (Zwischenkapitei) im Kon vent auf der Landstraße, neben ihrer den heiligen Rochus und Sebastian geweihten Klosterkirche, die auch heute noch benützt wird. Wahrscheinlich melde ten sich viel mehr Kandidaten als die Provinz aufneh men konnte, weil die Kapitelakten so sagen: „Viele be gabte Jünglii^e baten um Aufnahme. Unter ihnen wurden folgende, die durch Charakter und Fortschritt in den Studien, besonders in der hebräischen und der griechischen Sprache, ausgezeichnet waren, aufgenom men..."^) Unter den sechs aufgenommenen Kandida ten stand Anton Kare an fünfter Stelle. Alle sechs be kamen die Erlaubnis, das Noviziat im Wiener Kloster zu beginnen, während drei andere Kandidaten für ein Probationsjahr ins Grazer Kloster geschickt wurden^). So begann der junge Kare am 28. Oktober 1756 sein Noviziat im Kloster auf der Landstraße xmd emp fing den Klosternamen Charus°). Während dieses Noviziatsjahres sollten die Novizen in die Ordensregel und -Geschichte eingeführt werden und, seit den Stu dienreformen des Jahres 1752, die 1754 auch in den Klosteranstalten verwendet wurden, hatten sich die Augustiner entschlossen, das Studium der hebräischen Sprache während des Noviziatjahres obligat zu ma chen^). Kare hatte, wie gesehen, dieses Fach schon be gonnen. Novizenmeister zu dieser Zeit war seit 1755 P. Peregrin Platner, dessen Assistent P. Xystus Schier auch Historicus und Bibliothekarassistent war'). Im September 1756, kurz vor Kares Eintritt, wurde der Augustiner Achaz Bohn, der erst am folgenden 18. De zember die Priesterweihe im Stephansdom empfing, als Lektor oder Dozent für die Novizen auf der Landstraße in den hebräischen und griechischen Sprachen er nannt®). In diesem Jahre, wenn nicht schon früher, begann die Freundschaft zwischen dem Novizen Kare und dem Subnovizenmeister Schier, die bis zum früh zeitigen Tode der beiden dauern sollte. Am 30. Oktober 1757 legte Frater Charus die Ordensprofeß ab®). Er blieb im Kloster auf der Land straße und widmete sich den vorgeschriebenen philo sophischen und theologischen Studien in der Kloster anstalt. So wurde er durch das im April 1758 in Baden gehaltene Provinzkapitel als Philosophiestudent in Wien bestätigt^"). Wahrscheinlich begann er das Theo logiestudium im Wintersemester 1759 in derselben Klosteranstalt. Weil Kare die ganze Studienzeit in Wien verbrachte,empfing er sämtliche niederen und höheren Weihen in derselben Stadt. Außerhalb der Subdiakonatsweihe, die er in der erzbischöflichen Haus kapelle empfing, wurden ihm alle anderen Weihen im Stephansdom an folgenden Daten erteilt: erste Tonsur und niedere Weihen am 17.Dezember 1757;Subdiakonat am 21. September 1758; Diakonat am 22. September 1759; Priestertum am 31. Mai 1760"). Am Tag nach der Priesterweihe, das ist am 1. Juni, Fest der allerheiligsten Dreifaltigkeit, zelebrierte der junge P. Charus sein Primizamt in der Kirche der Elisabethinnen auf der Landstraße^^). Als Priester führte er die Studien weiter. Das im April 1761 in Graz gehaltene Provinzkapitel hatte den jungen P. Charus als Theologiestudenten auf der Land straße bestätigt"). Er wurde von seinen Oberen für das theologische Doktorat bestimmt und begann nun die durch die Studienreform des Jahres 1752 vorge schriebenen Prüfungen an der Wiener Universität ab zulegen: am 20. Februar 1761 bestand er die Prüfung in der hebräischen Sprache"); am 14. November 1764 im Kirchenreeht^°). Das im Mai 1764 in Wien gehaltene Provinzkapitel hatte ihn zum Correpetitor in der Klosteranstalt auf der Landstraße ernannt, und im selben Kapitel hielt P. Charus mit dem P. Leo Gerst mayer eine theologische Disputation über das Geheim nis der Menschwerdung de augustissimo incamationis mysterio — unter der Leitung des Korneuburger Klosterlektors P. Franz Kapier^®). Das im September 1765 gehaltene Zwischenkapitel beförderte Kare zum Philosophielektor in der Klosteranstalt auf der Land straße. Das folgende Provinzkapitel fügte im Mai 1767 noch zwei andere Ämter hinzu: nicht nur blieb P. Cha rus als Lektor für Philosophie, er wurde auch als Lek tor für biblische Sprachen und Direktor des Professoriums (Klerikats) bestellt^'). Zusammen mit seiner Arbeit auf der Landstraße widmete sich P.Charus den Doktoratstudien regelmäßig weiter. Am 14. Februar 1767 bestand er die Universi tätsprüfung in der Heiligen Schrift^®); am 30. April 1768 die Prüfung für den actus parvus, den er am 4. Mai mit Erfolg hielt^®), so daß er am 1. Juli desselben Jah res den Titel eines Bakkalars in Theologie an der Uni versität erwarb-®). Im folgenden Jahre, 1769, konnte Kare alle noch bleibenden Vorschriften erfüllen. Am 4. Mai hielt er den actus magnus, dann am 15. Mai die Punctura aus der Summa Theologia und am 18. Juli das Rigorosum aus der Summa-^). So wurde er am 20. Juli zum Doktor in Theologie promoviert, und am folgenden Tag bekam er Sitz- und Stimmrecht im Wiener theologischen Doktorenlcollegium-^). Im selben Jahr war Kare der Direktor einer theologischen Dis putation zwischen den zwei Augustinerstudenten, Patritius Treher und Prosper Lechner, mit dem Titel Gratia divina secundum doctrinam Sancti Augustini^). P.Charus war jetzt im Jahre 1769 ein junger Theo logiedoktor mit 33 Jahren. Es sah aus, als ob er noch viele Jahre innerhalb seiner Ordensprovinz tätig sein sollte, aber es blieben ihm nur mehr zwei Lebens jahre, wie wir jetzt sehen werden. Das im Monat 1770 in Wien gehaltene Provinzkapitel verlieh ihm drei Ämter im Kloster auf der Landstraße: Lektor für Heilige Schrift, Novizenmeister und Decisor casuum oder Entscheider der moralischen Fälle, die jede Woche zu halten und zu lösen waren'^). Es ist merkwürdig, daß sein leiblicher Bruder, P. Gaudiosus Kare, durch dasselbe Provinzkapitel des Jahres 1770 zum Lektor und Direktor des Professoriums im selben Kloster, und der gelehrte und fromme P. Xystus Schier als Haupt bibliothekar und Historicus ernannt wurden^). Auch außerhalb des Klosters bekam P. Charus am 30. No vember 1770 ein Amt, und zwar als Prokurator der österreichischen Nation an der Wiener Universität^®). Im selben Jahre schrieb er hach dem Bericht seines intimen Freundes Schier einige Reden, die mit den Namen von anderen Verfassern herausgebracht wurden^'^). In seinem eigenen Namen aber brachte Kare im Jahre 1771 als Prokurator der österreichischen Nation die Lobrede zum heiligen Leopold herai:is^®). Weil die Gnadenfrage zu dieser Zeit eine Hauptrolle in den Kontroversen zwischen den verschiedenen Schul theologien spielte, schrieb P. Kare eigenhändig ein Manuskript des Jesuiten P. Theodor Mayer ab: Dissertatio an doctrina de gratia per se et natura sua cffieaei faveat Jansenistis'-^®). Letzte Jahre und Tod Das im September 1771 in Wien gehaltene Zwi schenkapitel ernannte P. Paulinus Hagen zum neuen Novizenmeister®"), so daß die Arbeit des P. Charus im Konvent etwas erleichtert wurde. Er bekam aber zur selben Zeit eine neue Aufgabe: der Frater Franz Ressel wurde zum Prokuratorassistenten ernannt und sollte von P. Charus in Moraltheologie instruiert werden, so daß er nach der Priesterweihe auch im Beichtstuhl aushelfen könnte®^). Wie in vielen anderen Priesterleben ist die seel sorgerische Tätigkeit des P. Charus außerhalb des Klosters als eine Selbstverständlichkeit von den Histo rikern übergangen worden. Glücklicherweise aber hat P. Martin Rosnäk, der erste Biograph von Xystus Schier, ein rührendes Bild über den Tod von Schier und seinem lieben Freund,P. Charus,für uns erhalten. Erstens spricht Rosnäk auf diese Weise von Kare, der mit P. Xystus als freiwilliger Diener der Pestkranken diesen die Sterbesakramente unter eigener Lebens gefahr brachte: „Charus Kare, Doktor der Theologie, Lektor der Hl.Schrift, Novizenmeister (!) zu SS. Rochus 18

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