Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Theologischen Fakultät der Universität Wien. S.269—274. Franz Loidl: Kaiser Franz Joseph I. Pre digt zum Kaisertag in Bad Ischl am 18. August 1972. S.275—298. Reinhold Lorenz: Die Votivkirche als sakrales Denkmal Österreich-Ungarns. S.341—383. Otto Kramer: Der christlich-deutsche Studentenbund (C.D.S.B.). S.384—408. Franz Loidl: Der Kirchenhistoriker als lebendiger Zeuge für die Zeitgeschichte (Zwei Erlebnisberichte). 1. Standortpfar rer im Nebenamt für Groß-Wien und Lazarettpfarrer (1941—1945). Ein demüti gender Seelsorgsdienst in härtester Zeit. 2. Seelsorger für Heimatvertriebene in Wien XIII. (1946—1950). Im weiteren Sinn auch: S. 17— 28. Franz Loidl: Römisches Martyrium (Vergleichende Meditation). (Teilergänzimg zu S. 384—408, Nr. 1). S. 39— 67. Anna Hedwig Benna: Fürstliche Heilig keit im Lichte mittelalterlicher Herr schaftszeichen. S.299—323. Gottfried Roth: Solatio Aegrorum. Die Irrenseelsorge im 19. Jahrhundert und ihre Weiterentwicklung, ihre gegen wärtige Problematik. Dr.F.Lt. 20. über Desertation und Asylrecht Im XVlii. Jahrhundert Dr.Franz Loidl Wie im XVIII. Jahrhundert Deserteure das wenig stens noch teilweise nachwirkende Asylrecht oder „die Kirchenfreyung" auszunützen suchten, zeigt die Chronik^) des Augustiner-Eremiten-Klosters bei der Wiener Hofburg an ein paar interessanten Vorfällen: Als nämlich am 29. August d. J. 1738 um ein Uhr mittags 100 neugeworbene Soldaten „mit klingendten Spill unter der Protection der hiesigen Stattquardia" beim Kloster in der heutigen Augustinerstraße (Nr. 3) vorbei und zum Kärntnertor hinausmarschierten, sprang einer dieser Rekruten^), „seinen Vortheil ersehendt, bey der Closterporten herein, umb sich zu salviren. Und weilen er schon in salvo wäre, seindt die anderen fortgezogen, jedoch zwei von benanter Statt quardia außer der porten zur Wacht gestanden und haben aufgepäst". Bei dieser heiklen Angelegenheit schickte nun der Prior sogleich zu Kardinal Siegmund Grafen v. Kollonitz, „umb rath einzuheilen und seinem befelch nachzukommen".Der Oberhirte „erteilte darauf die Ordination", die Augustiner sollten, „um alle Ungelegenheit zu vermeiden, diesen Mann fortzubringen trachten". Das geschah auch. Sie verschafften ihm „schlechte(d. i. alte) Kleidung und entließen ihn abends ums Gebetläuten durch die Kirche beim „Kayserl. Krankhen Häusl". Die Wache war bereits „vor der Spärzeit" abgezogen. „Sein Mondur, gewöhr, ja alles und jedes ist in dem Closter verblieben und hatt sich auch dessen kein Mensch mehr angefraget" (Tom. V. pag. 2711). Dann scheint einige Jahre nichts vorgefallen zu sein — wennigstens wird nichts vermeldet —, bis sich am 21. Dezember d. J. 1747 abends „ein betrunkener Soldat von dem hier in gamlson gelegenen löbl. Kol lowrätischen Infanterie-Regiment bey der pforten in das Closter hereindrunge mit dem Vorgeben, er hätte einen massacrieret". Da der Prior „verspiehret", daß der Kerl nur zu desertieren suchte, „ließ er ihn am nächsten Tag beim Obrist ausbitten", der ihn auch ohne Strafe zur Kompagnie zurückschickte (Tom. VI pag. 115). Gleich am 17. Jänner des folgenden Jahres kam wiederum am Abend ein Infanterist desselben Regiments ins Kloster, von dem man erfuhr, daß er kurz zuvor seinem Kameraden „in Rauffhändlen das Bajonette in die Rippen gerennet, worauf selbiger mit allen HI. Sacramenten hatt miessen versehen werden". Als nun am nächsten Tag „der gemeine Ruff erschal len", der Verwundete sei gestorben — was jedoch nicht zutraf —,ersuchte der Prior den Erzbischof, er möge „bey dem Christen sein Hoches Worth verleichen". Der willfahrte dieser Bitte und so konnte der Prior neun Tage nach der Tat den Mann dem Obersten vorführen, „der dem Delinquenten alle lebens-straff auf Parola nachgesehen und solche nur in eine kurtze zeitliche eines etwelch-tägigen Arrest verwexlet". „Nachher aber haben wür vernehmen miessen", bemerkt der Chronist, „daß sich auff das Neue ein gantz ande res schändliches Verbrechen hervorgethan, umb dessen willen es ihm nicht zum besten ergehen möchte" (Tom. VI pag. 119 f.). Auch bei dessen ei-wähntem Vorgänger aus dem selben Regiment war es nicht anders, der nach den Augustinern dann auch zu den Kapuzinern mit dem gleichen Vorgeben gekommen war und „bey diesen guten geistlichen glauben gefunden, so daß er von ihnen in einen Ihres so genarmten Closters-Manns entlichen (ähnlichen) Kleidt aus der Statt practiciret worden". Da er sich jedoch gleich darauf, „umb ein neues Handt-gelt zum Ludern zu erhaschen, zu Corneuburg anwerben ließ", wurde er schon nach ein paar Tagen bei der hiesigen Assentierung erkannt, airestiert und zum Strang verurteilt. Die Execution — am 22. Februar 1748 — wurde auf der sog. „Gänßwayd unter den Weißgärbern"^) (Wien III.), durchgeführt und der „Argebusirte"^) andern zum Exempel bis zum Abend auf dem Richtplatz liegen gelassen. Wie aber die Totenbruderschaft von St. Augustin") im vergange nen Jahr — nämlich am 4. Jänner 1747 — auf Bitten des Obrists vom Kollowrätischen Regiment zwei hin gerichtete Deserteure von der Richtstätte auf den Got tesacker des Bürgerspitals begleitet hatte (Tom VI pag. 291.)"), so erwies sie auch diesem Unglücklichen den letzten Liebesdienst (Tom. VI pag. 123f.)''). Da aber immer wieder im ganzen Lande solche und andere Flüchtige — und wahrscheinlich nicht so wenige — vom Asylrecht oder von der „Kirchen freyung" Gebrauch machten und auch der Welt- und Ordensklerus aus seiner seelsorglich-caritativen Ein stellung heraus diesen Leuten helfen zu müssen ver meinte und auch tatsächlich half, sah sich die „Kayserliche, Königliche Hoff-Commission oder Repräsen tation" veranlaßt, durch einen ausdrücklichen Befehl dagegen einzuscheiten. In der im Herbst d. J. 1752 veranlaßten Aussendung bedauerte Kaiserin Maria Theresia die verschiedentlichen großen Mißbräuche, die aus den hiesigen „Kirchenfreyungen zum nach stand dero dienstes, zum abbruch deren heilsahmen gesätzen und zur ärgemus des Publici entsprungen"; und da es nun so weit gekommen, daß die Geistlich keit „den vermeinten Kirchen-schutz wie denen ausreissem, also auch denen muthwilligen Deceptoribus, Falliten und Mauth-verschwärtzern oder Defraudanten deren landesfürstl. gefällen angetheyen zu lassen (da eine Unterscheidung nicht immer möglich) selbe in ihre Freyungen einzunehmen und denen gerichten Verfahrungen die Justiz zu entziehen sich anmassen, indem dergleichen Gattung von Verbrechern das Jus asyli nicht verdiene, so sehe sie sich notgezwungen, der gesamten geistlichen Obrigkeit, Pfarrern und Seelsor gern zu befehlen, derlei Leuten kein Asylum zu ge statten, sondern sie bey unbefugter Flüchtung in ihre Kirchen und Clöster sofort den weltlichen Richtern ausfolgen zu lassen". Widrigenfalls würde gegen die bemittelten Geistlichen mit den „wegen deren Deser teurs bereits ausgemessenen Straffen", gegen die Mendikanten aber „mit spöhrung deren Samblungen ohnfehlbar fürgegangen werden" (Tom, VI pag. 605 ff.). (Fortsetzungfolgt) Herausgeber, Verleger und Eigentümer: Erzb. Ordinariat, Wien I, Rotenturmstraße 2. — Verantwortlicher Schriftwalter: Archivdirektor Univ.-Prof. Dr. Franz Loidl, Wien I, Rotenturmstraße 2. — Druck und Versendung: Mechitharisten-Buchdruckerel, Wien VII, Mechitaristengasse 4. 16

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