Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

(Turnhalle). Um diese Verwundeten nahm sich beson ders der Kurat Knotek an, weil er die slawischen Sprachen beherrschte^'). Im Sept. 1914 kamen 200 ruthenische Flüchtlinge auf den Haschhof. Für sie hielt der griech. — kath. Geistliche, Katechet Patrylo, in der Kierlinger Kirche Gottesdienst, so auch am 7. Jänner das Weihnachtsfest nach griech.-kath. Ritus^®). 1917 nahm infolge der Hungersnot die Sterblichkeit in der Irrenanstalt sehr zu ^®). Nach Ende des Krieges setzte Hilfe aus dem Aus land ein, vor allem half die amerilcanische Kinderhilfs aktion durch Lebensmittel, 1920—1923(am 6. Juni 1922 war die letzte amerikanische Ausspeisung-^®). Aber auch der Kampf gegen die geistlichen Schwe stern in der Anstalt wurde stärker. Die rote Organisa tion des Pflegepersonals ersuchte um Entfernung der Schwestern. Pugl erhielt vom Landesreferenten die Antwort: die Bitte sei abgeschlagen, man dachte viel mehr an eine Vermehrung der Zahl der Schwestern. Dann klagte man über die „feenhafte Beleuchtung des Kinderhauses", man versuchte die Hausgehilfinnen im Kinderhaus zu gewinnen, man ersuchte wieder um Entfernung der Schwestern, die „Vollcsstimme" brachte einen gehäßigen Artikel. Der Vorsitzende des Betriebsrates, zugleich Obmann der Organisation, Brunner (der mit seiner Familie aus der Kirche aus getreten war und zum Abfall aufhetzte), wollte die Schwestern zur Betriebsratswahl nicht zulassen. Er sagte: „Die schwarzen Seelen müssen hinaus." Ver geblich"^^). Mehrmals wurde ein Streik organisiert, so am 30. Juli 1921 wegen Erhöhung der Löhne. „Der Streik dauerte drei Tage. Am 2. und 3. Tage durfte H. Pugl in der Anstaltskirche keine hl. Messe lesen. Auch der Mesner durfte nicht läuten... Direktor und Verwalter hatten während dieser Tage gar kein Recht, alles ordnete die Streikleitung an"^^)^ Ein weiterer Streik war vom 20. bis 28. Mai 1923 wegen der Besetzung eines Postens. ..Am Pfingstsonntag durften deshalb die Kranken nicht in die Kirche gehen.. Als am 10. Mai 1925 die Lourdesgrotte in Gugging eingeweiht wurde, schrieb die „Volksstimme" in ihren Artikeln von „Pfäfflein", „unser erster Seelensanierer Seipel.. „ein neuer Wallfahrtsort... und die Anstalt wird vielleicht zu klein werden" 1927 gab es Schwierigkeiten zwischen Ordinariat und Kirchendirektor Hutter, die Kirche in Gugging wurde für mehrere Wochen gesperrt. Pugl trug deshalb das Allerheiligste in die hiesige Kapelle^®). Am 26. Mai 1928 hielt Kardinal Dr. Piffl die kirch liche Visitation. Er spendete das Sakrament der Fir mung 49 Kindern und 9 Erwachsenen von der An stalt^®). Die nächste Visitation geschah durch Erzbischof Dr. Innitzer am 28. April 1937. Gefirmt wurden 19 Kin der und ein Erwachsener in der Anstalt^'). Am 3. Juni 1931 wurde die Schwestemkapelle (im Kinderhaus) durch Dr. Leo Schabes — Klostemeuburg feierlich eingeweiht^®). Der Anstaltsseelsorger Pugl half vielfach in der Pfarre Klerling aus. So führte er nach dem Tod des Pfarrers Roman Himmelbauer die Geschäfte eines Provisors (1929—30). Bei der Kath. Frauen-Organisation war er Consulent. Am pfarrlichen Anbetungstag hielt er bei der Schlußfeier mehrere Jahre die Predigt^®). Als Osterreich Teil des Großdeutschen Reiches ge worden war, trat Pugl als Landesbeamter in den Ruhe stand. Am 22. Sept. 1938 überreichte er der Landes hauptmannschaft Niederdonau das Pensionsgesuch ( das hochw. Ordinariat seit langem unterrichtet und hat zugestimmt"). Am 28. Sept. schrieb er an das Ordinariat und wieder am 10. Oktober. Mit 1. Oktober war er in den dauernden Ruhestand versetzt®®). Pugl gab den Priesterstand auf und lebte seither in Wien. Jahrelang machte ihm ein Herzleiden zu schaffen, das er mit Geduld ertrug. Im Alter von über 85 Jahren starb er am 11. März 1970 an einem Herz infarkt®^). Als Aushilfspriester sind vor allem zwei zu nennen: Johann Knotek 1911—19 (siehe oben unter Müllner) und Gustav Schüttler. Letzterer war 1886 in Suczawa, Bukowina, geboren, 1910 Priester. Dann Kaplan in Schwarzau, Puchberg am Schneeberg. Wr. Neustadt, Wien-Rudolfsheim, als Feldkurat in italienische Kriegs gefangenschaft geraten. 1919—21 Seelsorger in Gugging (Anstalt). In den folgenden Jahren Pfarrer in Breitenwaida, Wr. Neudorf, Herzogbirbaum, schließlich 13 Jahre als Kranker noch Anstaltsseelsorger im Clementinum Totzenbach, wo er 1967 starb. Zwei Brüder waren ebenfalls Priester in der Wiener Diözese®®). V. In schwerer Zeit, als die christenfeindlichen Nazis Land und Volk beherrschten und den Zweiten Welt krieg entfesselten, trugen drei Priester als Nachfolger von Pugl die Last als Anstaltsseelsorger. Dr. Franz Zimmermann war 1889 in Wien geboren, als Kalasantiner 1912 im Stefansdom zum Priester ge weiht worden. Bis 1926 arbeitete er im Rahmen seiner Kongregation: als Katechet, als Rektor der landwirt schaftlichen Landes-Erziehungsanstalt in Stadlhof, Südtirol, dann Generalassistent der Kongregation, Rek tor und Novizenmeister im Kolleg, Wien XIII., Breitenseerstraße 104. Er schrieb 1914 „Die Abendmesse in Geschichte und Gegenwart" (267 S.). In diöem Werke wurde er Vorkämpfer für die Abendmesse, die in alter Zeit schon bestanden hatte und jetzt zur Selbstver ständlichkeit geworden ist. 1915 Dr. theol. 1926 verließ er den Orden und wurde Haupt schulkatechet in Wien XX. Er schrieb 1935 „Läßliche Sünde und Andachtsbeichte", verfaßte mehrere Artikel im „Seelsorger" und in den „Christl.-pädagogischen Blättern". Am 1. Dez. 1938 wurde er Anstaltsseelsorger in Gugging. Wegen der Wohnung erlebte er von der Partei manche Schikane. Seine erste Wohnung in Kler ling in einem stiftlichen Hause, wurde von der Partei „für die Belange der Ortsgruppe benötigt"; mit der Anstellung erhielt er die Priesterwohnung in der An stalt. Am 24. Februar 1941 schrieb der Reichsstatthalter in Niederdonau an das Ordinariat: die Wohnung sei für einen Arzt oder Beamten frei zu machen, für den jeweiligen Seelsorger sei nur ein Schlaf- und Aufent haltsraum vorhanden, Dr. Zimmermann solle durch einen anderen geeigneten Seelsorger ersetzt werden, weil er wegen seines Gesundheitszustandes mit einem Räume nicht auskomme. Der zuständige Pfarrer Kra nich meldete am 4. Juni 1941 dem Ordinariat: „es be steht kein Wohnungsmangel in der Anstalt" (Beispiele führte er an), man wolle „scheinbar dem Seelsorger sein Amt verleiden". Treibende Kraft war wohl der damalige Oberverwalter Gschwendt. Schließlich wur den im Erdgeschoß des Priesterhauses zwei Kammern zugesichert (24. Juni 1941) ®^). Am 25. November 1939 wurde die Pfarre Gugging kanonisch errichtet. Erster Pfarrer wurde Karl Kirchberger aus der Kongregation der Königin der Apostel. Die Landesanstalt verblieb aber im Pfarrsprengel von Klerling. 1941 wurden den Schwestern im Kinderhause kranke Kinder und Erwachsene von Auswanderern aus Bessarabien für einige Monate übergeben. In diesen Jahren begann auch eine Aktion bei den Kindern: Beurteilung nach' unterrichtsfähig, beschäf tigungsfähig, bettlägerig, verwirrt und unsauber, dann Verschickung in andere Anstalten oder Austausch®^). Dr. Franz Zimmermann verstarb am 19. Februar 1943 an Urämie, erst 54 Jahre alt, und wurde im Fried hofe Klerling beerdigt. Er wurde als edler Priester beurteilt, als aufrichti ger Freund und seelsorglicher Helfer, als ein geistig hochstehender Mann®®). VI. Schiemer Albert ist 1910 in Brixen, Südtirol, ge boren. Sein Vater war dort Direktor der Tyrolia (Athesia). Zum Priester geweiht wurde er 1934. Er war dann Diözesanpräses der kath. Jugend in Innsbruck, 13

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