Grundherrschaft den Seelsorger von Platt auch erhal ten müßte, worauf Schrattenthal nicht einging. 1768 hatte die Grundherrschaft wieder Gelegenheit, in dieselbe Kerbe zu schlagen. Im Zusammenhang mit einer in Platt 1458 errichteten Zehentmeßstiftung war der Herr der Herrschaft Schrattenthal, Anton Casimir Graf von Hartig, der Meinung, daß sämtliche Zehent einnahmen, die das Schottenstift in Wien aus Platt be ziehe, zu dieser Zehentmeßstiftung gehörten und daher die vollen, im Stiftsbrief geforderten Leistungen zu er füllen wären, während der Schottenabt Benno Pointner auch auf andere uralte Zehentrechte des Schotten stiftes in Platt hinwies. Zur Erstattung des Verflosse nen und zur Wiedergutmachung für die Zukunft sollte der Schottenabt, so meinte die Grundherrschaft, nach Platt einen eigenen Seelsorger abschicken und für ihn auch selbst den Pfarrhof bauen. Dieser Streit endete mit einem Vergleich vom 20. Juni 1768 ohne Anstellung eines Seelsorgers in Platt. Neue Möglichkeiten, das Betreiben einer Pfarr erhebung von Platt weiterzuführen, gaben die josephinischen Kirchengesetze. Auf Grund der kaiserlichen Verordnung vom 7. August 1777 stellte die Ortsobrig keit von Platt im März 1780 an Kaiserin Maria Theresia das Ansuchen, Platt die Gnade eines eigenen Seelsor gers zu gewähren. Da aber zunächst nichts geschah, schaltete sich schon im August 1780 der Grundherr, Anton Graf von Hartig, k. k. Kämmerer und n, ö. Re gierungsrat, ein, der die Angelegenheit dann mit aller Energie durch wiederholtes Einschreiten bei den ein schlägigen Stellen betrieb. Die Arbeit schildert zu nächst den Instanzenweg des Bittgesuches um einen eigenen Seelsorger, auf dem immer wieder der Grund herr als antreibende Kraft sich einschaltet, läßt dann die in den zahlreichen Schi*eiben und Untersuchungs kommissionen vorgebrachten Argumente und Gegen argumente zur Geltung kommen, wobei auch manche interessante Einzelheiten über das damalige Leben der Bewohner von Platt sichtbar werden, und bringt schließlich als Ergebnis dieses über drei Jahre währen den Kampfes zwischen Grundherrschaft und Patronatskloster die kaiserliche Entscheidung vom 12. Sep tember 1783, die aber keine eigentliche Entscheidung mehr war, da Platt inzwischen auf Grund der Gesetze von 1782 am 20. Juli 1783 schon zur selbständigen Pfarre bestimmt worden war. Am 12. September 1782 erließ Kaiser Joseph II. neue Direktivregeln für die Neuerrichtung von selb ständigen Seelsorgsstationen. Auf Grund dieser Vor schriften wurde für Platt ein eigener Seelsorger vorge sehen und dies mit Datum vom 20. Juli 1783 dem Schottenstift mitgeteilt und zugleich der Auftrag ge geben, daß dieser einen seiner Patres als Pfan-er nach Platt abzuschicken und für ihn auch einen Pfarrhof zu erbauen habe. Das dritte Kapitel berichtet kurz, wie der Schotten abt Benno Pointner dem kaiserlichen Befehl nachkam und mit 1. Jänner 1784 seinen Professen P. Leopold Gehlen zum ersten Pfarrer von Platt bestellte. 41. Kapellerfeld. Multifunktionales Seelsorgezentrum Die Weihe dieser modernsten Seelsorgeanlage in dem seit Jahrhunderten verödeten Gemeindeteil und Pfarrgebiet von Gerasdorf (Dekanat Pillichsdorf) — nach der alten Flurbezeichnung Kapellerfeld benannt — am 30. Juni 1974 gab den Anlaß zu dieser vorbild lich ausgestatteten und interessanten Festschrift*). *) Festschrift zur Einweihung der Seelsorgeanlage ir Kapellerfeld. 30. Juni 1974. (Verantwortl. Herwig Fassler). Wien 1974, 48 Seiten. 1 Titelbild, 5 Por träts, 8 Planskizzen, 1 Mappe, 4 Bilder, 3 SchriftFaksimiles. Der derzeitige Pfarrer (seit 1. September 1971) von Gerasdorf, Herwig Fassler, berichtet von der nicht leichten Grundausgestaltung und der Planung und Er richtung dieses Fertigteilgebäudekomplexes durch die VÖEST-Alpine, die damit am modernen Kirchenund Seelsorgs-Mehrzweckbau interessiert wurde. Dr. Kurt Knotzinger schildert als berufener Chro nist, war er doch seit 1953 Kaplan und von 1957 bis 1965 Pfarrer von Gerasdorf, wie seit den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts der dortige Seelsorgssprengel sich entwickelte und wie in der aus einer Militärbaracke adaptierten Notlcirche (1952 dem hL Apostel Thomas geweiht) ein echtes und reiches got tesdienstliches und seelsorgliches Leben erwuchs. Auch wird die Liste der um diese Sprengelgemeinde ver dienten Seelsorger (Pfarrer, Kapläne und Diakone der Pfarre Gerasdox-f) beigebracht (S. 15 f.). F. X. Goldner legt die vor allem interessierenden Gedanken und Überlegungen zum kirchlichen Bauen in der heutigen Situation vor, ausgehend von den vier Fi'agestellungen; Für wen wird gebaut? Wer wird dort arbeiten? Wie soll die äußere Erscheinung des Bau körpers formal bewältigt werden? Welche Tätigkeiten sollen in dem Neubau ausgeübt werden können?, und veranschaulicht in acht „Möblierungsplänen" Varia tionsmöglichkeiten und Nutzungsvarianten, die gewiß auch Vorlagen oder Anregungen für weitere Gründun gen abgeben können. Volksschulhauptlehrer Otto Fischer behandelt die Geschichte des 1258 erstmals urkundlich belegten Dor fes Capellen, deutet einzelne Schicksale an und legt interessante Dokumente über die Besitzverhältnisse des seit Anfang der Neuzeit verödeten Dorfes vor, dessen Gebiet erst Passau, dann Heiligenkreuz, weiters den Schotten zehentverpflichtet war, im 17. Jahrhundert endgültig durch Kriegseinwirkungen und vielleicht mehr noch wegen Änderung der Klimaverhältnisse ver ödet war und nach dem Ersten Weltkrieg allmählich von einer „Brettelsiedlung" zu einer neuartigen Wohn siedlung aufstieg. Eng mit dieser Ortsbildung ist das Schulwesen ver flochten, worüber Volksschuldirektor Rudolf Jarisch Auskünfte erteilt. Mit der neuesten Zeitgeschichte befaßt sich das Abschlußkapitel von Obersekretär Erika Schild: Kom munale und politische Entwicklung. Dr. Franz Loidl 42. Von der Synagoge zur Kirche Zur Entstehungsgeschichte der Pfarre St. Leopold, Wien H*) Dr. Walther Pichler Anläßlich der 300-Jahrfeier der Gründung der Pfarre St. Leopold in Wien II, an der der Verfasser Kaplan war, und angeregt von den Bemühungen nach dem Zweiten Weltkxüeg und nach Abschluß des 2. Vaticanums sowohl zu einer jüdisch-christlichen Ver ständigung als auch zu einer wissenschaftlichen Er forschung der Motive des Antisemitismus zu gelangen, legt der Autor die Gründungsgeschichte der Wiener Pfari-e St. Leopold vor. Die Pfarre wurde auf dem Bo den der ehemaligen Synagoge des Wiener Juden-Ghet tos im „Unteren Werd" nach der Judenausweisung von 1669/70 durch Kaiser Leopold I. 1670/71 gegründet. Ähnlich den Städten Rom und Venedig hatte auch Wien bereits während des Mittelalters seine Ghettos — das älteste (zwischen 1204 und 1210 wahrscheinlich *) Veröffentlichungen des kirchenhistorischen Institus der Kathol.-theol. Fakultät der Universität Wien. Band 15. Wiener Domverlag 1974, 162 S. 45
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