Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

dem Nachlaß Professor Stephan Matzingers, im Besitz des Verfassers): „Anläßlich der im Februar stattgehabten Revolte wurde vonseite der Bundesregierung das Standrecht verkündet. Infolgedessen erhielt die GefangenhausSeelsorge vom Landesgerichtspräsidenten verschiedene amtliche Weisungen und Aufträge, die im Hauptpunkte darin gipfelten, daß die Seelsorger im Augenblick des Zusammentrittes eines Standgerichts-Senales ununter brochen im Amtsgebäude bis zur Urteilsfällung, resp. bis nach Vollzug eines eventuellen Todesurteiles ver bleiben müssen. Es galt für die Tage vom 13. bis 19. Februar 1934. Von den 14, davon 12 Kathollken und 2 Konfessionslose, wurden 3 ,wegen Februar-Revolte', davon 2 Kathollken und 1 Konfessionsloser, hingerich tet. Möns. Supp betreute M., S., G., S., K.; — Köck be treute K., S., K., M., zusammen 9.-4 wurden sogleich begnadigt und daher nicht seelsorglich behandelt, 1 \yar ja konfessionslos. (Genaueres ist für eine Publikation in den Miscellanea vorgesehen.) Die beiden Nichtbegnadigten, M. und S.. begleitete Supp zum Galgen. Somit lag die höchste Nervenbelastung auf ihm." Es heißt nun weiter in diesem Bericht: „Anläßlich der Februar-Ereignisse baten im Wr. Straflandesgerichte I 17 konfessionslose Unter suchungshäftlinge um die Wiederaufnahme in die röm.- kath. Kirche. Zufolge Weisung und Vollmacht vonseite des Erzb. Ordinariates Wien v. 8. 3. 1934, ZI. 3485, konnte diese hierortig bei ,9 der Bittsteller durch geführt werden." Am 13. 2. bis einschließlich 19. 2. standen beide Ge fangenenhaus-Seelsorger bis tief in die Nacht Frei tag, den 1. 2., bis zum Morgengrauen des 17. 2. — im ununterbrochenen Dienst, um ihre schwere Pflicht zu erfüllen, die um so schwerer wurde, da die zum Tode Verurteilten als überzeugte Anhänger des Marxismus Infolge ihrer indifferenten oder ablehnenden religiösen Einstellung zum überwiegenden Teil überaus schwierig zu behandeln waren. Am 12. April 1. J. erhielt jeder der beiden Gefangenhaus-Seelsorger (eben Supp und Köck) des Landes gerichtes I nachstehendes (gleichlautendes) Dekret: „Euer Hochwürden sind während der Tagung der Standgerichte der Landesgerichte für Strafsachen WienI und II im Februar 1934 nicht nur Ihren vorgeschriebe nen Pflichten besonders gewissenhaft nachgekommen, sondern haben darüber hinaus in hingebungsvollster und aufopfernder Weise den zum Tod Verurteilten den geistlichen Beistand geleistet. Ich spreche Ihnen hiefür den besten Dank und meine volle Anerkennung aus. Der Präsident des Landesgerichtes für Strafen Wien I, am 12. April 1934. L, S. Tursky e. h." Anmerkung: „Zu den Juli-Ereignissen 1934""): Geistlicher Rektor Möns. Supp erlitt am 25. Juli einen akuten Nervenzusammenbruch und mußte über ärzt liche Weisung unverzüglich Landaufenthalt nehmen, so daß geistl. Rektor Köck bis 29. September d. J. allein mit der hg. Gefangenhaus-Seelsorge betreut war. Uber dessen Bitte stellten sich Hochw. Herr Militärkurat Dr. Josef Maurer und Erzb. geistl. Rat Prof. Stephan Matzinger in selbstloser Weise zwecks Unterstützung zur Verfügung. Vom 24. 7.—14. 9. wurden „wegen JuliRevolte" von 17 (15 Katholiken und 2 Protestanten) 12 (davon 10 Katholiken und 2 Protestanten) justifiziert, d. i. gehängt."(Auch darüber mehr in den Miscellanea.) Möns. Supp scheint sich nicht mehr recht erholt zu haben und starb am 6. Juni 1939, erst 56 Jahre alt und 34 Jahre Priester, nachdem er kurz zuvor(Februar d. J.) noch zum Erzb. Konsistorialrat ernannt worden war, und wurde am Südwestfriedhof (Wien XIII) bestattet. Anmerkungen:(Personal-Akten) AVA (Allgemeines Verwaltungsarchiv) 11/15 Göllersdorf, 10 b, 35 u, 36.— Personalstand der Säkular- und Regulargeistlichkeit der Erzdiözese Wien.— Wiener Diözesanblatt 1905, 132, 204; 1906, 48, 168; 1908, 264; 1911, 171; 1914, 20, 31; 1939, 66, 118. — Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte (sh. unten!). ^) Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte 1967, 5. — ')^ Ebda. 1971, 2. — •') Ebda. 1972, 5. — ") Ebda. 1971, 6. _ 5) Ebda. 1970, 5. — ®) Folgende Begutachtungen in AVA 11/15 Göllersdorf,10 b, 35 u. 36. — ') Daraus auch die zwei Begutachtungen der k.k. Oberstaatsanwaltschaft über zwei Bewerber um Göllersdorf i. L 1914. Josef Würzl (zog aber zurück), Kooperator in Kaiserebersdorf..., ein tüchtiger Lehrer, aber wegen seines jugendlichen Aussehens — 1887 geb., 1910 Priester , seines immer lächelnden Gesichtsausdruckes und der etwas überschwenglichen Ausdrucksweise sei zu besor gen, daß er beim besten Wollen doch die Sdiwierigkeiten der Seelsorge in der Strafanstalt übersehe, weü er mehr in der Theorie als im praktischen Leben zu Hause sei. Es bestehe daher nicht die volle Gewißheit, daß er sich den Sträflingen gegenüber behaupten könne. — Johann Kvasnicka, Kooperator in Mardiegg, geb. zu Slizany in Mähren 1879, Priester 1904, sei älter als sein Mitbewerber, stehe länger im praktischen Leben, werde von der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf gut be leumundet und sei für die Strafanstaltsseelsorge als ge eignet zu bezeichnen. Daß er nach Name, Geburtsort und Studiengang Slawe sei, komme als Bedenken nicht in Betracht, da er die deutsche Spradie, wie man sich persönlich überzeugen konnte, vollkommen beherrsche und auch ohne störenden Akzent spreche. Bekam daher den Posten. — ®) Starb als Messeleser in Karlstein a. d. Thaya 1946. Nekrolog. 1962, 124. — '-') WDBl. 1921, 15, 1923, 25. —")Dazu: Vom harten Seelsorgsjahr 1934 in: Beiträge z. Wr.Diöz.-Gesch. 1967, 5.— Dazu: Aus den noch härteren Seelsorgsjähren 1938/45 in: ebda. 29. Möns.Stefan Matzinger (Beispiel für eine biographische Notiz) In die Öffentlichkeit oder auf einem höheren Posten oder auf einem besonderen Gebiete wirkende und darob verdiente Kleriker täten der Lokal- und Diözesangeschichte einen wertvollen Dienst, wenn sie wichtigste und detailliertere Daten über ihr Leben,ihre Tätigkeit und Werke aufzeichnen und für eine spätere Auswertung hinterlegen würden. Ein Beispiel hiefür lieferte Stefan (auch Stephan) Matzinger, aus dessen Nachlaß Dr. Alfred Kolaska, Rektor der Hetzendorfer Schloß-Kirche, folgende Anmerkungen zur Verfügung stellte.(Der Herausgeber.) Geb. in Eugendorf, 8. 6. 1891, 8^ früh, getauft 2^ nachmittags, tom VI,fol 106. Pfarrer: Michael SchnÖll. Volksschule Eugendorf 1897—1903, Lehrerin: Grete Lindner, Lehrer: Friedrich Wurzinger, Katecheten: Pfr. SchnÖll, Soutterleite, Georg Herzog. Ministrant in der Pfarrkirche und bei Pfarrer Con rad Sevde. Vorliebe für Ministrantenspiele, Geschichten, Kir chenschmuck, Puppenspiele, Gedichte. Borromäum in Salzburg, Gymnasium. Ried im Innkreis, Gymnasium, Matura. Theologie in Salzburg. Hauslehrer bei Graf Grundemann, Waidenfels, Graf Crenneville, Kleinhollenstein, und M.Benes, Prag. Theologie in Wien, Krankenpfleger in Wien II, Barmherzige Brüder, ordiniert 4. VII. 1915 durch Kard. Piffl. Wien. Primiz Mauer 5. VII. und Eugendorf 11. VII. 1915. Kooperator Wiesmath, NÖ., 1. 9. 1915—1. 6. 1917. Kooperator Theresienfeld, NÖ.. 1. 6.—1. 8. 1917. Stadtkurat Wiener Neustadt, NÖ., 1. 8. 1917—1. 8. 1918. Stadtkooperator Wien XIII, Ober St. Veit, bis 1921. Bürger.schulkatechet Wien XIV, Reinigasse 19, wohnh. XIII, Hadikg. 110 ab 15. 9. 1922. Definitive Stellung! Von weiterer Bedeutung sind: die Prüfung für Hilfs- und Sonderschulen, die Lehramtsprüfung für Mittelschulen, der Unterricht in der Tegelgasse, in Unter St. Veit, in der Sonderschule für verkrüppelte Kinder. Wien XV, Bauergasse 5, in der Maturaschule am Getreidemarkt, Wien VI, und im freien Lyzeum, Wien VII, Neustiftg. In der Schwarzwaldschule (Mäd chen Rg. und Frauenschule unterrichtete ich seit 1923). An der Wr. Universität hörte ich Staatswissen schaften unter Prof. Spann,6 Semester. 37

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