Beiträge Diözesangesdiidite BE I LAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 5(Mai 1974) 112. Jahrgang Nr.3 Wien,am 1, Mai 1974 15. Jahrgang Inhalt: 17. Johannes von Gmunden, der Begründer der Wiener Mathematikerschule, Kanonikus von St Stegian in Wien und Pfarrer von Laa a. d. Thaya (f 1442). — 18. Im Fall der Noth bey einer gefährlichen Geburtshelfer, Chirurgen und Hebammen und die Nottaufe. — 19 Bruderschaft ..der Eylf Bürgerlichen Privilegirten Caffee-Sieder" in Wien (18. Jahrhundert). — 20. Kutschker als Schriftsteller und Kanomst. 17. Johannes von Gmunden, der Begründer der Wiener Mathematikerschule, Kanonikus von St.Stephan In Wien und Pfarrer von Laa a.d.Thaya(f 1442) Dr. phil. Paul Uiblein Johannes von Gmunden — dies ist die von ihm selbst durchwegs gebrauchte Namensform — stammte wohl sicher aus der oberösterreichischen Stadt Gmun den'). Hin und wieder, allerdings ziemlich selten haben einzelne Dekane in den Fakultätsakten seinen Herkunftsort anders geschrieben (Gmündia, Gemunden, Gmünden, Gmundia) und auch in Handschriften und späteren Drucken seiner Werke finden sich verschiedene Schreibungen seines Geburtsortes. Dies war die Ur sache, daß man sich lange über den Geburtsort des Astronomen nicht einig war. So wurde, besonders in alteren Werken, häufig Schwäbisch-Gmünd als sein Geburtsort bezeichnet^) und er sogar mit einem Johannes Wissbier de Gamundia, der 1404 als Student in Ulm einen Codex geschrieben hat, für identisch ge halten®). Da aber Johannes von Gmunden an der Wie ner Artistenfakultät mehrmals als Examinator sowie einmal als Consiliar (Coadjutor) des Dekans der Fakultät die „österreichische Nation" vertreten hat, sind solche Annahmen hinfällig, Johannes von Gmun den muß vielmehr aus den damals habsburgischen Ländern stammen. Vor allem wohl aus lokalpatrio tischen Gründen wurde auch Gmünd im niederöster reichischen Waldviertel als Geburtsort des Astronomen bezeichnet"), doch sind für diese Annahme keine stich haltigen Gründe beizubringen. Das Geburtsjahr Johannes' von Gmunden ist un bekannt, da er aber zu Beginn des Jahres 1406 Licentiatus in artibus wurde und zur Erlangung dieses Grades die Vollendung des 21. Lebensjahres erforder lich war, muß er jedenfalls vor dem Jahre 1385 geboren sein. Höchstwahrscheinlich ist unser Astronom mit Johannes Sartoris de Gmundin identisch, der im Win tersemester 1400/1401 an der Wiener Universität im matrikuliert wurde, er war daher wohl Sohn eines Schneiders. Er studierte zunächst an der artistischen (philosophischen) Fakultät und mußte die in den Statu ten vorgesehenen Vorlesungen besuchen, zunäciist in lateinischer Grammatik, Rhetorik und vor allem Dialektik, weiters auch über Physik, Naturphilosophie, Mathematik und Geometrie. Darauf erlangte er 1402 den Grad eines Baccalars. In den folgenden Jahren hatte er vor allem auch naturwissenschaftliche Fächer zu absolvieren, meist auf Grund aristotelischer Schrif ten, u. a. auch Astronomie, weiters auch Moralphilosophie und Metaphysik. 1406 erlangte er den Grad eines Magister artium liberalium (der freien Künste). Aus den Fakultätsakten kennen wir die Magister, die in diesen Jahren über die angeführten Gegenstände ge lesen haben und daher als die Lehrer des großen Astronomen angesehen werden müssen. Noch im Herbst 1406 (nicht erst 1408, wie fast durchwegs an gegeben wird), begann er mit seinen Vorlesungen, und zwar las er damals über die astronomische Schrift des Gerhard von Sabbioneta Theoricae planetarum; dar über hat er später noch einige Male gelesen. Auch seine übrigen bekannten Vorlesungen an der Artisten fakultät waren meist den Naturwissenschaften gewid met (zuletzt, 1434, las er über das Astrolab). Da er im Vorlesungsverzeichnis von 1407 nicht aufscheint, an der ihm zukommenden Stelle — die Magister wurden meist nach dem Promotionsalter gereiht —,aber ein Johannes Krafft angeführt ist, der eine Vorlesung über Euklids Elementa angekündigt hat, ist es wahrscheinlich, daß Johann Krafft mit Johann von Gmunden identisch ist und dieser nur den Zunamen,wie dies auch bei anderen Magistern nicht selten nachzuweisen ist, meist nicht angegeben hat. Wohl bald nacii seiner Promotion wurde Johann von Gmunden in das von Herzog Albrecht III. 1384 gestiftete Collegium ducale (aucii Collegium theologorum et artistarum genannt) aufgenommen,wodurch er eine besoldete Stelle als Universitätslehrer erlangte; er stand auch durcii ein oder zwei Semester diesem Kolleg als Prior vor. Auch versah er durch einige Zeit das Amt eines öffentlichen Notars. Dekan der Artisten fakultät war er im Wintersemester 1413/14, er hat über seine Amtszeit sehr ausführlich berichtet und auch in administrativen Dingen Genauigkeit bewiesen. Als Prüfer scheint er ziemlich streng gewesen zu sein, so daß ihm einige reprobierte Studenten sogar einen Droh brief übersandten. Seine Amtszeit als Dekan war ver düstert durch arge Zwistigkeiten und Kämpfe zwi schen den Wiener Bürgern und den Studenten, zu deren Beilegung sich auch der Landesfürst Herzog Albredit V.einschalten mußte. Die Priesterausbildung erfolgte im Mittelalter im allgemeinen nicht an den theologischen Fakultäten nur ein geringer Prozentsatz der Seelsorger hat einen theologischen Grad erworben. Voraussetzung für die Zulassung zum Studium an der theologischen Fakultät war — für Weltkleriker — der Magistergrad der Artistenfakultät, für Mitglieder des Collegium ducale, also auch für Johannes von Gmunden, war zudem das theologische Studium vorgeschrieben. Für die Zulas sung als Cursor an der theologischen Fakultät war der Besuch von theologischen Vorlesungen durch sechs Jahre erforderlich. Der Cursor hatte durch zwei Jahre über je ein Buch aus dem Alten und dem Neuen Testament Vorlesungen zu halten. Johannes von Gmun den wurde zunächst im Jahre 1415 das Buch Exodus, im Jahre 1416 die Vorlesung über den Jakobusbrief zugewiesen. Von der Exodusvorlesung hat sich nur die Einleitung (Principium) im Codex 4508 der National bibliothek, fol. 73—91®), erhalten, von der Vorlesung über den Jakobusbrief im eben genannten Codex 17
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