Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträge Diözesangeschidite BE I LAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 3 {März 1974) 112. Jahrgang Nr.2 Wien» am 1. März 1974 15.Jahrgang Inhalt: 7. Kutschker als k.u.k. Hof- und Burgpfarrer (Fortsetzung). — 8. KR. Anton Steinbock (t 1970). Vor bildlicher Individual- und Pfarr-Seelsorger. — 9. Die Bergkirche auf der Hohen Wand. Anmerkungen zum vorausgegangenen Artikel. — 10. Pfarre Wien-Breitensee. — 11. Pfarre Obersulz.— 12. Blumen thal. — 13. Pfarre Wien-Rudolfsheim. — 14. Die Vinzenzkonferenz „Maria Himmelfahrt" in Wiener Neustadt. — 15. Die Anstaltskirche ia Klosterneuburg-Gugging. — 16. Caritas-Sorge um die nichtari schen Katholiken ab 1938. 7. Kutschker als k. u.k. Hof- und Burgpfarrer Dr. P. Reinhold Eitler SDS (Fortsetzung) In den heißen Julitagen 1852 traf folgendes kaiser liche Handschreiben aus Budapest in der Wiener Burg kanzlei ein^®): „Lieber Fürst Lichtenstein! Ich ernenne den Hofkaplan und Kanzler des 01mützer Erzbistums Johann Kutschker zum Hof- und Burgpfarrer und Vorsteher des „Höheren Bildungs institutes für Weltpriester zum heiligen Augustin. Ofen, am 13. Juli 1852. Franz Josef." Nur ungern sah man Kutschker am 8. August 1852 aus Olmütz scheiden. Darin waren sich alle einig: Pro fessoren, Studenten, der Seelsorgeklerus und die Be wohner von Olmütz, die ihn von Kanzel und Beicht stuhl her kannten. Am schmerzlichsten aber empfand es der greise Kardinal Sommerau-Beeckh, daß er nodi in den letzten Tagen seines langen und mühevollen Hirtendaseins der Unterstützung seines erfahrenen Kanzlers sollte entbehren müssen. 17 Jahre war Kutschker in Olmütz tätig gewesen. Nun öffneten sich ihm die Tore der kaiserlichen Hauptstadt. Hier konnte er seinen Talenten, seinen Kenntnissen und seiner Ge schäftsgewandtheit einen weiten Wirkungskreis schaf fen, wobei ihm sein konzilianter Charakter wesentlich zu Hilfe kam""). Einem ungeschriebenen Gesetz zufolge, rekrutierten sich in der Regel die Bischöfe der Mon archie aus den ehemaligen Hofkaplänen und Burgpfarrern^®). Auch Kutschker wurde später unter sie gereiht. Wieso es zu dieser Berufung kam? Kaiser Franz Josef war, wie erwähnt, bei seinem Aufenthalt in Ol mütz auf den gewandten bischöflichen Kanzler auf merksam geworden. „Sein gemäßigtes Urteil, sein kla rer Blick für die Ereignisse der Zeit, sein einfaches und bescheidenes Wesen" waren ihm nicht entgangen. Er hörte von dessen Gelehrsamkeit und großen Verdien sten um Wissenschaft und Kirche"*®). Zudem hatte ihn sein ehemaliger Lehrer und Freund, Burgpfarrer Fei gerle, der inzwischen zum Bischof von St. Pölten er nannt worden war, als Nachfolger empfohlen. Die feierliche Investitur Kutschkers fand am 19. August 1852 in der Hofburgkapelle durch Bischof Feigerle und im Beisein des ganzen Hofklerus und meh rerer Erzherzöge statt. War die Burgpfarre auch die kleinste von Wien — sie umfaßte den Gebäudekomplex der Hofburg^"^) und mehrere im Besitze des kaiserlichen Hofes befindlichen Schlösser*®) — ihrem Range nach war sie die vornehmste des Reiches. Zur Betreuung der Seelsorge bei Hof waren dem Burgpfarrer 4 Hofkapläne, an ihrer Spitze ein Oberhofkaplan, ein Hofzeremoniar und ein Hofburgvikar zugeteilt. Dazu kam noch ein Sonntagshofprediger. Die eigentliche Pfarrseelsorge, die sich auf die Hofangestellten erstreckte, war dem Hofburgvikar übertragen*®). Vom Pastoralen Wirken Kutschkers bei Hof ist lei der nichts vorzufinden. Seine Aufgaben waren mehr repräsentativer Art und erstreckten sich vor allem auf die Belange der Administration, der Erledigung der laufenden Pfarrgeschäfte und Oberaufsicht über das Personal, sämtliche Hofkapellen mit Einschluß der geistlichen Schatzkammer®®). Die ehrenvolle und ein flußreiche Stellung als Burgpfarrer "wurde von Kutsch ker in edler und aufopfernder Weise benützt. Viele Almosen des kaiserlichen Hofes gingen durch seine Hände, viele Stiftungen wurden von ihm oder doch auf seine Fürsprache und Verwendung hin ausgeteilt. Eine starke Tendenzzum Vereinheitlichen und Zen tralisieren zeigt er bei der Anfertigung einer General matrikel (Tauf-, Trauungs- und Sterbematrikel), die er für das Kaiserhaus anfertigen ließ®*). Es war eine Fülle von Kleinarbeit, die neben anderen Aufgaben bei Hof tagtäglich zu bewältigen war. Als mit Ende der fünfziger Jahre dde Hofburg kapelle schadhaft und staubig geworden war, wurde sie ini Sommer 1861 auf die Initiative Kutschkers hin renoviert. Auch eine neue Orgel war notwendig gewor den. Alle waren freudig gestimmt, als sie zum ersten mal ertönte und die Kapelle in neuem Glanz er strahlte®®). Mit dem Amte des Hof- und Burgpfarrers war auch das des Vorstehers des Höheren Priesterbildungs institutes zum hl. Augustin (Frintaneum) verbunden; ebenso wirkten die Hofkapläne als Studiendirektoren und Spirituale an dieser Anstalt. Kutschker, der ja selbst Zögling des Frintaneums gewesen war,fand vie les noch so vor, wie er es vor 17 Jahren verlassen hatte. Ehemalige Vorgesetzte und Konfratres traf er freilich keine mehr an. Ein neuer Freundeskreis aber nahm ihn bald auf und führte ihn bei Hof, im Klerus und bei anderen bedeutenden Männern des Adels- und Bürger standes dieser an Abwechslung so reichen Stadt ein®®). Da das Institut der Hofkapelle inkorporiert war, stand es unter dem besonderen Schutz des Kaisers, was neben den vielen Vorteilen und Privilegien nicht minder große Nachteile, wie den der Abhängigkeit vor allem, in sich trug®"»). Als Regens hatte Kutschker jedes halbe Jahr dem Kaiser über den Zustand des Institutes zu berichten und von Zeit zu Zeit waren die Bischöfe über den Fortschritt ihrer Kandidaten zu verständigen. Monatlich war eine Konferenz mit den übrigen Vor stehern zu halten, bei der über alles, was im Institut vor sich ging, beraten wurde"). Kutschker trug für die rechte Ausbildung der Seinen große Sorge und er trach9

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