Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

habe und eine Öffnung der Kirche erst dann wieder möglich sei, wenn folgende Gegenstände umgehend ent fernt würden: Die Märtyrerkrone auf der Spitze des Turmes, die Inschrift auf der großen Glocke, das Chri stus-Zeichen auf der kleinen-Glocke, das Kruckenkreuz und die Inschrift am (ohnedies schon zerstörten) Rund fenster, das „Freimaurerzeichen" an einem Seltenfen ster (gemeint war die symbolische Darstellung des Auge Gottes in der Nähe des Beichtstuhles), das Kruk kenkreuz an einem weiteren Seitenfenster, das Fresko samt Inschrift in der Krypta und die Statue des heiligen Engelbert (sie hatte sich ob ihrer Schwere selbst den heißesten Anstrengungen der Zerstörer widersetzt). Die Paramente hatte Brosig noch in Sicherheit bringen kön nen"^). Die Kirche blieb geschlossen. Daran änderte auch eine Eingabe des Ordinariates an den Reichsstatthalter nichts — sie wurde mit der Begründung, die Kirche passe nicht in das Landschaftsbild und verdanke ihr Entstehen ausschließlich politischen Motiven, abgewie sen''^). Desgleichen brachte auch ein Schreiben nach Berlin keinerlei Erfolg''^). Da auch der Endsieg noch in weiter Ferne lag, mußten 1942 die beiden Glocken abgeliefert werden^''). Um die Bergkirche war es still geworden. V. Mit dem Näherrücken der Front wurde die Hohe Wand von der SS zur neuen Verteidigungsstellung aus gebaut. Es entwickelten sich schwere Kämpfe; am 1. April 1945 (Ostersonntag) hatten sich die Bewohner Dreistettens auf den „Zimmerplatz" im sog. „Hartl" zurückgezogen, das Dorf selbst wechselte fünf- bis sechsmal den Besitzer^^). Der SS war es nicht mehr ge lungen, die Bergstraße zu sprengen — am 4. April er reichten die Russen die Bergkirche*"^). Sie fand sogleich Verwendung als Pferdestall. Wenn dies auch nur vor übergehend war, der Pferdemist war schließlich doch knietief. Nach gründlicher Reinigung der Kirche war sie am 6. Juni 1945 wieder zum erstenmal Schauplatz der Oblation Jesu Christi an den Vater; nach dem Stall von Bethlehem der mystische Kalvarienberg... Am 12. Juni 1945 erfolgte die Neueinweihung durch den Pfarrer von .Weikersdorf, Dr. Josef Steppuhn, der eine seelsorgliche Notwendigkeit erkannte und — mit manchen Bewohnern der Hohen Wand persönlich be kannt — von nun an regelmäßig den Gottesdienst ver sah. Brosig, mit 1. April 1946 zum Pfarrer von Drei stetten ernannt"), gab dazu gerne seine stillschwei gende Zustimmung"*"). Es folgten nun schrittweise die Instandsetzungsarbeiten an Dach, Fenstern und Mauer werk, und am 22. Juli 1956 das Fest der Glockenweihe: Prälat Fried weihte die große Glocke dem hl. Engelbert, die mittlere der Gnadenmutter von Mariazell und die kleine dem hl. Joseph"*®). Inzwischen war auch die Tradition der Dr.-DollfußGedächtnismessen wieder aufgenommen worden. Mit Hilfe der nö. Landesregierung wurde die Krypta in standgesetzt und von Prof. Hammer künstlerisch aus gestaltet®®). Mit dem Wiedererstehen der Bergkirche (dieser Name bürgerte sich nun endgültig ein, wenn auch der Schematismus der Erzdiözese von der „St.-EngelbertKirche" spricht) erlebte auch ein nicht ganz neuer Gedanke seine Wiedergeburt und schied die Geister: Sollte die Bergkirche nicht zur Pfarrkirche für das Hohe Wand-Plateau erhoben werden? Die weiten Wege nach Dreistetten, wenn es galt, Matrikenscheine zu be sorgen, die seelsorgliche Betreuung im Winter, der Wunsch nach einem eigenen Friedhof") und nach einem ständigen Seelsorger, das fehlende Bewußtsein, daß die Kirche in Dreistetten ihre Pfarrkirche sei, all diese Motive bewogen nicht wenige, diesem Projekt ihre Gunst zu schenken. Zudem hatte die „Entführung" des Tabernakels der Bergkirdie nach Dreistetten nicht ungeteilte Freude ausgelöst (er verblieb dortselbst bis 1966). Im selben Jahre 1966 gründete nun Dr. Steppuhn, seit 1. Dezember 1965 Pfarrer in Wiener Neustadt-Herz Mariae, einen eigenen Kirchenrat. Sein Plan, neben der Kix'che ein kleines Priesterhaus zu errichten, scheiterte jedoch ebenso, wie auch alle Bestrebungen nach einer neuen Pfarrgründung derzeit kaum Aussicht auf Erfolg zu haben scheinen. Mehr noch als für die Bewohner der Hohen Wand ist sie Wanderern, Urlaubern und Er holungssuchenden Ort der Begegnung mit dem un nennbar heiligen Gott®-). Wichtigste Quellen: a) Mündliche Mitteilungen: Franz Brosig, KR,Pfarrer in 2722 Winzendorf. Franz Czemy,Kohlröserlhaus, 2724 Hohe Wand. Hermine Fitzthum, Erziehungsrat, 2724 Stollhof 123 (Mesnerin an der Bergkirche seit 1935). Dr. Joseph Steppuhn, GR, Pfarrer, Pottendorfer Straße 117, 2700 Wiener Neustadt. b) Ungedruckte Quellen: DAW,Pfarrakten Dreistetten. Pfarrchronik Dreistetten. Pfarrchronik Maiersdorf. „Photoalbum Dollfuß-Kirche" (zur Zeit in der Bergkirche aufbewahrt). c) Gedruckte Quellen: Wiener Neustädter Zeitung. Organ des Vereines zur Wahrung bürgerlicher und gewerblicher Inter essen (1934/35). Reichspost (1934/35). Wiener Zeitung (1935). Die Neue Zeitung (1932). Neue Freie Presse (1932—1935). Vaterländische Front. Mitteilungsblatt der VF Nie derösterreichs 1 (1935). Die Pause. Kultur, Kunst, Bildung, Leben 1 (1935), H. 6. österreichische Woche 3(1935). Kirchenkunst, österreichische Zeitschrift für die Pflege religiöser Kunst 7 (1935), 127—132. Wiener Diözesanblatt (1917 ff.). (Fortsetzung folgt) 6. Zur kirchlichen Lokal-Geschichte (Anliegen und Anregungen) Dr, Franz Loidl Begründung. — 1. Pfarrarchiv. — 2. Pfarrchronik. — 3. Bilderchronik.— 4. Kirchenchor-Chronik.— 5. Für Haus- und Familienchronik. — 6. Pfarrmuseum. — 7. Historische Bibliotheken (Erhaltung, Weiterführung, Ausgestaltung). — 8. Pfarrliche Kleindenkmalpflege. — 9. Publikationsorgan für Pfarr-, Sprengel- und Diözesangeschichte. — 10. Die Klein-Blographie oder Bio graphie der Kleinen. — 11. Wir wecken Verständnis für die Pfarrgeschichte.— 12. Mehr Kirchen-,Diözesanund Pfarrgeschichte in der Seelsorge. — 13. Kennen die Gläubigen wirklich ihr Gotteshaus? — 14. Wir führen im Gotteshaus. — 15. Die vergessenen Märtyrer. — 16. Das Pfarrsiegel. — 17. Archivvorschläge. Das ist die Inhaltsübersicht der vom Verfasser her ausgegebenen Nummer 54 in: Miscellanea aus dem Kirchenhistorischen Institut der kathol.-theol. Fakultät Wien 1974. (Als Manuskript vervielfältigt im Kirchenhistorischen Institut.) Wird Interessenten zugesandt. Adresse: Institut für Kirchengeschichte und Patrologie, Kathol.-theol. Fakultät, Universität, 1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1. Herausgeber, Verleger und Eigentümer; Erzb. Ordinariat, Wien I, Rotenturmstraße 2. — Verantwortlicher Schriftwalter: Archivdirektor Univ.-Prof. Dr. Franz Loidl, Wien I, Rotenturmstraße 2. — Druck und Versendung: Mechitharisten-Budidrudcerei, Wien VII, Mechitaristengasse 4. 8

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