Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Nochmals: Bei Verfolgung gewisser Sachgebiete wären die div. Listen genauest durchzusehen. Bei einer Gesamtwürdigung des Verstorbenen halte ich es fast für unerläßlich, vorher <Üe Gratulationen — Nachrufe und Kondolenzschreiben durchzugehen! Wien, im September 1973 M.Ramhardter 5. Die Bergkirche auf der Hohen Wand Dr. Manfred Fu x I. Es erübrigt sich, den Bergstock der Hohen Wand des längeren vorzustellen: Das mehr als 10km lange,in Südwest-nordöstlicher Richtung gelegene Kalkstein plateau, das zur „Neuen Welt" hin in steilen Wänden abfällt, ist den Bewohnern des Wiener Beckens, den zahlreichen Wiener Ausflüglern und vielen anderen ein Begriff. Und dies zu Recht, ist doch die Landschaft die ses Gebietes von besonderer Schönheit. Prälat Wilden auer (1877—1967) beispielsweise, der alpinistische Erschließer der Hohen Wand,nannte sie einmal „die große Glücksspenderin" seines Lebens^). Schon zur Zeit der Kelten besiedelt und den Römern bekannt, bietet die Hohe Wand Gastgewerbetreibenden und den in Jagd-, Forst- und Landwirtschaft Beschäf tigten Lebensraum. Bereits in der Zwischenkriegszeit wird man mehr als 100 ständige Bewohner der „Wand" zählen müssen, während heute etwa die Zahl 140 er reicht ist. Durch die besondere geographische Lage er geben sich für die Seelsorge zusätzliche Schwierigkei ten: Politisch den Gemeinden Dreistetten, Stollhof, Maiersdorf, Grünbach, Miesenbach und Waldegg zugehörig, wohnen die Gläubigen jedoch fast aus schließlich auf dem Gebiet der Pfarre Dreistetten'^). Ein Blick auf die Landkarte läßt aber bereits vermuten, daß die wenigsten die Sonn tagsmesse in ihrer Pfarrkirche besuchen. Tatsächlich war und ist die Pfarrkirche Maiersdorf viel näher, und die Gläubigen erreichen sie meist über den „Römer weg"®) oder über die „Völlerin"^), wobei sde schon dm Abstieg Wegzeiten bis zu einer Stunde in Kauf nehmen mußten. Auf der Wand selbst gab es ja nicht einmal eine Betkanelle. P. Ferdinand Bruckner OCist., von 1922 bis 1925 Pfarrer in Maiiersdorf und dort als eifriger Seelsorger von der Bevölkerung geschätzt^), suchte den ..Wandlern", wie die Wandbewohner volkstümlich hei ßen, entgegenzukommen: Er hielt für sie religiöse Fa milienabende und auch einige Maiandachten im Freien — ein Marienbild schaute von einem Baumstamm auf die Andächigen herab,die auf ein paar rasch aufgestell ten Bänken Platz gefunden hatten®). So wurde mit dem Beginn der dreißiger Jahre der Mangel einer eigenen Kirche immer mehr empfunden. II. Revierförster Wenzel Fitzthum (1873—1938) sprach als erster von der konkreten Möglichkeit, auf der Wand eine Kirche zu bauen^). Da auch Pfarrer Alois Hanig") von Dreistetten freudig zustimmte, bildete sich 1933 (oder auch schon früher) ein lokales Kirchenbaukomitee, dem außer den Genannten noch Fräulein Hermine Fitzthum, Lehrerin, Herr Schüller, Textilkaufmann in Wiener Neustadt, und Franz Czerny, Gastwirt des „Kohlröserlhauses", angehörten. Letzterer zeichnete be reits Pläne für einen Holzbau, der, mit einem Turm versehen, ungefähr 30 Personen Platz bieten sollte®). Als Standort für das Bergkirchlein war die „Kohlriesl"^®) ausersehen, die Finanzierung im wesentlichen durch Materialspenden und eigene Arbeitsleistung er hofft. Als erste Etappe des Kirchenbaus gelangte aber schon zu Pfingsten 1934 ein gewaltiger Marmorquader zur Aufstellung, und Pfarrer Hanig suchte um Geneh migung regelmäßiger Gottesdienste auf diesem Feld altar an^^). Immerhin gab es jedoch in der Frage der Finanzierung noch so viele unüberwundene Schwierig keiten, daß die Grundsteinlegung für den August 1934 zwar erwogen wurde, aber der Baubeginn noch in kei ner Weise festgelegt werden konnte.Da traf am 25. Juli 1934 die Nachricht ein: Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß ermordet. III. Am 3. Dezember 1932 war die über Initiative von Pfarrer P. Burkhard Rittel, OCist. aus Maiersdorf, ge baute Bergstraße auf die Hohe Wand durch Landes hauptmann Dr. Buresch eröffnet worden. Dollfuß war dabei zugegen und erhielt das Ehrenbürgerdiplom der Gemeinden Maiersdorf und Stollhof^-). Schon seit 1931 Landwirtschaftsminister, hatte Dollfuß die „Weide genossenschaft Hohe Wand"ins Leben gerufen,die nach umfangreichen Schlägerungen in der Nähe des Herr gottschnitzerhauses auf der Vorderen Wand ein Wirt schaftsgebäude, den sog. „Stall", errichtete. Im Früh jahr 1934 kam nun der nunmehrige Bundeskanzler, um alles zu besichtigen^®). Die Hohe Wand hatte seine Sympathie gefunden: Bei zwei weiteren Besuchen dortselbst äußerte er den Wunsch, sich hier ein WeekendHäuschen zu bauen^^). Bei all diesen Gelegenheiten muß auch über den geplanten Kirchenbau gesprochen worden sein, und offenkundig hatte der Kanzler biezu sein lebhaftes In teresse bekundet, und vielleicht auch noch mehr als dies — Grund genug,daß Pfarrer Hanig bei seiner Rede anläßlich der Grundsteinlegung ihn als Anreger des Kirchenbaues bezeichnen konnte^®). Unmittelbar nach der Katastrophe des 25. Juli erkannte Hanig die Gunst der Stunde, und dies ist sein besonderes Verdienst am Bau der Bergkirche. Bs gelang seinem sofortigen Be mühen, Bundeslelter Dr. Karl Maria Stepan von der Vaterländischen Front für den Plan zu interessieren: Dem toten Heidonkanzler ein religiöses Denkmal auf der Hohen Wand zu setzen, um so mehr dieser doch selbst hier eine Kirche habe bauen wollen und bereits zu seinen Lebzeiten seiner Gattin das Protektorat hier über übertragen habe"^®). Nach Gewinnung der VF setzten auch sofort die vorbereitenden Arbeiten ein: Das Ehepaar Johann und Rosa Goldschmidt aus Wiener Neustadt, und das Ehe paar Friedrich und Franziska Schober, Besitzer des ..Wieser"-Gasthofes auf der Hohen Wand, stellten zwei Parzellen oberhalb des „Wieser" am Ende der Berg straße durch Schenkung zur Verfügung^'), der Freiwil lige Arbeitsdienst (FAD) planierte den Bauplatz und legte einen beim „Wieser" beginnenden Serpentinen weg an^®). Frau Alwine Dollfuß übernahm das Protek torat über den Kirchenbau, für den Architekt Robert Kramreiter bereits einen ersten Entwurf vorlegen konnte — eine Holzkonstruktion mit stark vorgezoge nem Dach und massivem Turm^®). So hatten sich be reits am 5. August 1934, trotz schlechtem Wetter, an die 1000 Menschen zur Grundsteinweihe eingefunden, diie Kardinal Innitzer vornahm.Aus Salzburg war ja bereits früher der 5 t schwere Marmorblock für den Freialtar eingetroffen (ein Geschenk der Stadt Wiener Neustadt), auf dem Hanig zelebrierte®®). Zuletzt borgte sich der Kardinal einen Hut und ging eigenhändig absammeln, wobei er für insgesamt 579,70 Schilling „Vergelt's Gott" sagen konnte®^). An den Sonntagen daiauf zelebrierte hier Hanig regelmäßig Feldmessen und freute sich über die rege Beteiligung der Bevölkerung. Inzwischen arbeitete Architekt Kramreiter unter Mitwirkung von Architekt Leo Schmoll neue Pläne für einen kompakten Ziegelbau mit Krypta aus. Am 29. März 1935 erfolgte die baupolizeiliche Kommissionierung, und am 1. April 1935 konnten die Bauarbeiter der Firma Amlacher und Sauer beginnen. Obwohl die Fundamente teils in den Fels gesprengt werden mußten, erzielten sie rasche Fortschritte: Am 7. Juni feierte man Dachgleiche, und nach einer Bauzeit von nur 14 Wochen, während der unter anderem 30 t Zement über die Bergstraße herangeführt werden mußten, wurde

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